Der wirtschaftliche Schaden der Corona-Pandemie ist so gross, dass es zu einer Neuordnung der globalen Finanzarchitektur, zu einem «Bretton Woods 2.0» kommen müsse. Dies erklärte Kristalina Georgieva, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) anlässlich der Präsentation des IWF-Jahresberichtes am 15. Oktober.
Wie diese Ordnung konkret aussehen könne, dazu gibt es erste Hinweise. Digitales Zentralbankgeld für Bürgerinnen und Bürger, das bis jetzt ausgeschlossen war, dürfte dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Die Corona-Krise führte zu einer beispiellosen Erhöhung der Staatsschulden. In den hochentwickelten Volkswirtschaften sind diese im Jahr 2020 von rund 104 Prozent auf aktuell 124 Prozent des Bruttoinlandproduktes gewachsen. Das ist mehr als das Doppelte gemäss der Richtlinien von Maastricht. In den Entwicklungsländern stiegen die Staatsschulden von 52 auf 64 Prozent des BIP. (Staatsschulden im Überblick)
Gleichzeitig prognostiziert der IWF bis Ende 2021 eine Schrumpfung der Weltwirtschaft um 4,4 Prozent, was eine Bedienung der Schulden zusätzlich erschwert.
Das Schuldenwachstum ist nur mit einer dauerhaften Negativzinspolitik möglich, die ihrerseits nur wirksam werden kann, wenn das Publikum zur Wertaufbewahrung nicht auf Bargeld oder Edelmetall ausweichen kann. Konsequenz: Die Bemühungen zur vollständigen Digitalisierung des Geldes (d. h. Abschaffung des Bargeldes) werden verstärkt.
Da das billige Zentralbankgeld mangels Wachstumsaussichten nicht in der Realwirtschaft investiert werden kann, fliesst es in die Finanzmärkte und führt zu steigenden Preisen bei den Wertpapieren und Immobilien. Die Umverteilung von arm zu reich funktioniert nicht mehr über den Zins, sondern über die Geldvermehrung, die den Vermögenden zugute kommt.
Mit der Einführung von digitalem Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) ist es problemlos möglich, das Geld der Bürger mit Negativzinsen zu belasten. Es gibt allerdings noch einige heikle Fragen. Soll die CBDC den Bürgern auf einem eigenen Konto bei der Zentralbank zur Verfügung gestellt werden? Oder soll es als freizirkulierende Tokens mittels dezentraler Blockchaintechnologie in Umlauf gebracht werden? Könnte es zu einem Run auf CBDC und zu einem Abzug der Gelder bei den Banken kommen? Wie könnte eine solche Flucht vermieden werden?
Der IWF schlägt vor, seine Verrechnungswährung – die «Sonderziehungsrechte» (Special Drawing Rights, SDR) – der Privatwirtschaft zu öffnen. Die SDR werden heute als sogenannte Korbwährung aus den fünf wichtigsten Leitwährungen berechnet und dienen den Mitgliedsstaaten als Reservewährung, um Fremdwährungsgeschäfte untereinander abzuwickeln. Mit der Öffnung der SDR würden sie zu einer neuen globalen Leitwährung.