Wer vor der Vergangenheit die Augen verschliesst, wird blind für die Gegenwart. Richard von Weizsäcker
Liebe Leserinnen und Leser
Die Bilder von den ersten Tagen der COVID-19-Pandemie aus China und Italien waren schrecklich, doch es hätte noch viel schlimmer sein können. Stellen Sie sich eine Krankheit vor, die für Kinder ein besonders hohes Sterberisiko birgt. Was hätten wir gegen ein solches Virus getan?
Kinderlähmung – 1946
Als Reaktion auf einen lokalen Polio-Ausbruch im Sommer 1946, schloss die Stadt San Antonio im US-Bundesstaat Texas einen Monat lang Schulen und Tanzlokale, um die Ausbreitung des für Kinder tödlichen Virus zu begrenzen.
Ausgehend von der (heute als falsch erkannten) Theorie, dass das Virus durch Mücken oder Fliegen übertragen wird, versprühten die Gemeinden zusätzlich DDT in den Stadtvierteln, ein überaus giftiges Insektizid, das 1972 in den USA verboten wurde.
Keine dieser Massnahmen war besonders effektiv. Bis zur Einführung von Polio-Impfstoffen im Jahr 1955 tötete und lähmte das Virus weiterhin jedes Jahr Hunderttausende von Menschen auf der ganzen Welt – ein erheblicher Anteil davon waren Kinder.
Aber wir sollten nicht zu schnell urteilen. Damals wussten wir nicht, wie sich Polio ausbreitete (über oral-fäkale Übertragung, was in der Regel auf kontaminierte Lebensmittel oder Wasser hindeutet), Kinder waren besonders gefährdet.
Covid-19 – 2020
Es wird nicht Jahrzehnte dauern, bis die Irrationalität der Massnahmen gegenüber Kindern während der Covid-19-Pandemie beurteilt werden.
Junge Menschen haben ein geringes Risiko, an einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus zu sterben. Nach der besten Schätzung des US Center for Disease Control (CDC) liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit einer Infektion bei 99,998 Prozent für Kinder im Alter von null bis 17 Jahren.
Es gibt auch erhebliche Beweise dafür, dass infizierte Kinder ineffektive Krankheitsüberträger und offene Schulen nicht die Hauptursache für die Ausbreitung in der Gemeinschaft sind. Das sind keine neuen Erkenntnisse. Vieles davon wussten wir schon im März oder April 2020.
Trotzdem wurden durch die Gesundheitsbehörden Schulen, Spielplätze, Jugendsport, Parks, Strände und gar Schwimmbäder und Tanzclubs verboten oder geschlossen. Sie maskieren sogar Kleinkinder. Mehr als ein Jahr lang haben diese Massnahmen nun Kinder und junge Erwachsene ihrer Aktivitäten und Interaktionen beraubt, die ihnen Freude bereiten und ihr Wachstum fördern.
Das bedeutet: keine Babys, die Lächeln und Stirnrunzeln kopieren, keine Spielkameraden, kein Sonnenbaden auf Spielplatzschaukeln, kein Flüstern von Geheimnissen mit Freunden, kein Lernen im Team, kein Zelten beim Schulausflug, keine peinlichen (und aufregenden) ersten Dates, keine Abschlussbälle und keine Abschlussfeiern – neben unzähligen anderen verlorenen Möglichkeiten und Erfahrungen.
Diese Anordnungen liessen viele junge Menschen mit zerbrochenen Träumen und beschädigter Psyche zurück.
Können wir ehrlich sagen, dass diese Massnahmen des öffentlichen Gesundheitssystems das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen zum Ziel haben?
Die menschlichen Auswirkungen der vergangenen vierzehn Monate, verursacht durch fragwürdige Massnahmen, verlangen eine vollständige Aufarbeitung. Wir müssen das versuchen - wenn uns das Wohl der Kinder tatsächlich am Herzen liegt.
Herzliche Grüsse, Stephan Seiler
P.S. Auf unserer social-media-Plattform finden Sie zusätzliche Inhalte mit Kommentar- und Vernetzungsfunktionen: https://coronatransition.locals.com/