Was wir über unsere Gesellschaft,
ja über die Welt, in der wir leben wissen,
wissen wir durch die Massenmedien.
Niklas Luhmann
Liebe Leserinnen und Leser
Am Samstag zog ich gemeinsam mit Stephan Seiler am Nachmittag durch Rapperswil. Wir wollten uns ein Bild machen von der Demo. Weil die Kantonspolizei St. Gallen bereits im Vorhinein davor warnte, nach Rapperswil zu kommen und in mehreren Medien von Bussen und Kontrollen die Rede war, rechnete ich mit Schikanen und Willkür.
Doch die Realität belehrte mich eines Besseren. Die Polizei verhielt sich – von Ausnahmen abgesehen – äusserst zurückhaltend und freundlich. Ausschreitungen oder Provokationen blieben von beiden Seiten weitgehend aus. Entsprechend herrschte Feststimmung. Was für ein Skandal!
Denn: Was nicht sein darf, darf nicht sein. Zumindest nicht für Teile der grossen Medien und vereinzelte Politiker. Feststimmung in Zeiten von Corona? Eine Schande. Die Zurückhaltung seitens der Polizei? Unvorstellbar. Umarmungen zwischen Demonstranten und Polizisten? Asozial und kopflos - die Kantonspolizei St. Gallen musste sich zuletzt gegenüber dem Blick rechtfertigen, weil ein Ordnungshüter Menschlichkeit ausstrahlte gegenüber einer Demonstrantin und diese in den Arm nahm.
Der eigentliche Skandal: Die fortlaufende Geringschätzung zivilisatorischer Errungenschaften wie der Versammlungs- und Meinungsfreiheit? Eine Lappalie. Die hinterlistige Wegweisung von Daniel Stricker von «Stricker TV» von der Demo? Für die grossen Zeitungen keine Zeile wert. Unterdrückung der Pressefreiheit? Das gibt’s nur in Russland. Nicht bei uns.
Es ist nicht immer einfach, bei diesem ganzen Irrsinn die Utopie und Hoffnung nicht zu verlieren. Doch die gute Nachricht ist: Zwischen der Realität der Massenmedien und der Bevölkerung herrscht eine kolossale Diskrepanz. Denn schliesslich ist es eine Minderheit von mächtigen Medien, Politikern und Konzernen, die permanent auf Eskalation setzen. Die Frage bleibt: Wie lange macht die Mehrheit dieses Spiel noch mit, deren Regeln die Mächtigen selbst entworfen haben? Es ist an der Zeit, dieses zu beenden.
Herzliche Grüsse
Rafael Lutz