Der Messaging-Dienst Telegram kommt zunehmend unter Beschuss. Anfang Woche wurde dessen Sperrung in Spanien abgewehrt, da eine Klage gegen den Richter eingereicht wurde, der eine vorübergehende Blockade angeordnet hatte (wir berichteten). Kurz darauf änderte der Richter sein eigenes Urteil und bezeichnete es als unverhältnismässig.
Die Büros von Telegram befinden sich zwar in Dubai, doch dessen Gründer und CEO Pawel Durow ist Russe. Nach dem Terroranschlag in Moskau kommt nun auch eine Rüge aus seinem eigenen Land. Wie Politico berichtet, wurde er von Wladimir Putins Pressesprecher aufgefordert, die App genauer zu überwachen, da sie von Terroristen genutzt werde. Dmitri Peskow erklärte in einem Interview mit der regierungsnahen russischen Zeitung Life:
«Wir hätten mehr Aufmerksamkeit von Pawel Durow erwartet. Denn diese aus technologischer Sicht einzigartige und phänomenale Ressource, die vor den Augen unserer Generation entstanden ist, wird immer mehr zu einem Werkzeug in den Händen von Terroristen, das für terroristische Zwecke genutzt wird.»
Peskow fügte aber hinzu, dass Russland derzeit keine Pläne habe, Telegram zu verbieten.
Politico zufolge nutzten in Russland im Jahr 2023 bis zu 49 Millionen Menschen Telegram , was 40 Prozent der russischen Internetnutzer entspricht. Es ist somit die beliebteste Plattform des Landes.
Kritiker werfen den Betreibern der App vor, die Verbreitung von «Verschwörungstheorien» und «Hassreden» zu dulden. Durow ging 2017 auf die Kritik ein und argumentierte, dass Telegram die Meinungsfreiheit verteidige:
«Lokale Behörden zu kritisieren, den Status quo in Frage zu stellen und sich an politischen Debatten zu beteiligen, ist OK. Die Förderung von Gewalt und der Aufruf zu Handlungen, die unschuldigen Menschen schaden können, sind hingegen nicht in Ordnung. Das ist eine Faustregel, die wir bei der Moderation öffentlicher Kanäle immer anwenden.»
Gegenüber der Financial Times wollte Durow nicht auf Putin und den Krieg in der Ukraine eingehen, erklärte aber, es sei «sehr wichtig für die Welt, Telegram als neutrale Plattform zu erhalten».
Anzumerken ist, dass Durow 2017 zu den Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums gehörte. Dabei handelt es sich um die Kaderschmiede, die unter anderem auch der kanadische Regierungschef Justin Trudeau, der französische Präsident Emmanuel Macron, die deutsche Aussenministerin Annalena Bearbock und die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel durchlaufen haben.
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