«Laut einer im vergangenen Monat im Journal of the American Medial Association, kurz JAMA, veröffentlichten Studie zahlte die Pharma- und Medizinprodukteindustrie über 10 Jahre hinweg mehr als 12 Milliarden Dollar direkt an Ärzte.» Das berichtet The Defender.
Wie die Analyse ergab, leistete die Industrie 85’087’744 Zahlungen in Höhe von insgesamt etwas mehr als 12 Milliarden Dollar an 826’313 Ärzte – und damit an 57,1 Prozent der praktizierenden Ärzte (die aus 39 Fachgebieten stammen).
Orthopädische Chirurgen, Neurologen, Psychiater und Kardiologen erhielten die meisten Gelder. Unfallchirurgen und Kinderchirurgen erhielten am wenigsten.
Die Medikamente, die mit den höchsten Auszahlungen verbunden waren, waren die Blutverdünner Xarelto und Eliquis sowie das Immunsuppressivum Humira.
Die medizinischen Geräte, die mit den höchsten Auszahlungen verbunden waren, waren die zwei Roboterchirurgiesysteme Da Vinci Surgical System und Mako SmartRobotics sowie die Herzklappe CoreValve Evolut. Der Kardiologe John Mandrola, Mitautor der Studie, auf Substack:
«Geld, das Ärzten gegeben wird, hat einen Zweck: Es ist für Marketing. Wenn diese direkten Zahlungen an Ärzte nicht funktionieren würden, würde die Industrie nicht Milliarden ausgeben.»
Dass sich die «Investitionen» der Pharmaunternehmen in Ärzte rentieren, das zeigt auch ein Bericht, der Ende 2020 im Fachjournal Annals of Internal Medicine veröffentlicht wurde. Demnach stieg die Zahl der Verschreibungen durch die Zahlungen an die Mediziner an.
Dazu sagte der Onkologe Aaron Mitchell, der das Studienteam leitete, in einem Interview:
«Ärzte, die Geld von einem bestimmten Unternehmen erhalten, verschreiben mit grösserer Wahrscheinlichkeit das Medikament dieses Unternehmens anstelle anderer Behandlungsmöglichkeiten.»
Wie The Defender zur aktuellen JAMA-Studie auch schreibt, bezieht sich diese nur auf Zahlungen an Ärzte für Beratung, Reisen, Essen, Unterhaltung, Ausbildung, Geschenke, Zuschüsse und Honorare. Andere wichtige externe Finanzierungsquellen für Ärzte wie Forschungsgelder und Lizenzgebühren hingegen waren nicht teil der Analyse.
Der erwähnte Mitautor der Studie, der Kardiologe John Mandrola, meint:
«Es geht um sehr viel Geld. Und es ist sehr gezielt auf lukrative Verfahren ausgerichtet. Der Einfluss der Industrie ist viel zu stark und führt häufig dazu, dass Medizinprodukte trotz zweifelhafter Beweise zugelassen werden.»
Viele Ärzte seien der Meinung, so Mandrola weiter, dass die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Ärzten eine gute Sache sei, die Innovationen vorantreibe. Allerdings seien diese Zahlungen nicht einfach nur eine Unterstützung für die Zusammenarbeit. «Das meiste davon, würde ich behaupten, dient dem Marketing und der Erzeugung von Wohlwollen.»
Um die Dimensionen, um die es hier geht, zu veranschaulichen, wird unter anderem das Blutverdünnungsmittel Xarelto genannt. Dieses verhindert die Bildung von Blutgerinnseln bei Herzrhythmusstörungen oder nach Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen und führt die Liste der Zahlungen an Mediziner mit 176,3 Millionen Dollar an. The Defender:
«Das von Bayer hergestellte und von Janssen Pharmaceuticals vermarktete Medikament war im Jahr 2023 mit einem Umsatz von rund 4,1 Milliarden Euro das meistverkaufte Arzneimittel von Bayer.Das Problem der finanziellen Verbindungen von Ärzten zu Pharmaunternehmen plagt die Branche seit Jahrzehnten und hat in den Medien grosse Aufmerksamkeit erregt.
Am bekanntesten ist vielleicht das Unternehmen Purdue Pharma, das mit irreführendem Marketing massive Gewinne aus dem Verkauf von Opioiden erzielte und damit eine Epidemie auslöste. Zwischen 1999 und 2021 starben fast 645’000 Amerikaner an einer Überdosis Opioide.»
Die JAMA-Studie und andere Arbeiten – insbesondere die des Institute of Medicine (US) Committee on Conflict of Interest in Medical Research, – würden zeigen, dass trotz neuer Mechanismen für Transparenz von Zahlungen, diese weiterhin stattfinden. Und diese Zahlungen seien besonders hoch bei Ärzten, die eine wichtige Rolle in der öffentlichen Politik spielen.
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Anmerkung: Ursprünglich stand im Vorspann, die Zahlungen der Pharmafirmen seien «an etwas mehr als 85 Millionen Mediziner» gegangen. Das ist nicht korrekt. Richtig ist vielmehr, wie es auch im Lauftext steht, nämlich dass die Zahlungen an mehr als 800’000 Mediziner ergingen. Wir bitten dieses Versehen zu entschuldigen!
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