Die renommierte Westschweizer Wirtschaftsjournalistin Myret Zaki prognostiziert in einem Interview das Ende des Dollars als Leitwährung im weltweiten Handel. Ihrer Analyse nach nutzen die Vereinigten Staaten teilweise ihre militärische Macht (z. B. in der Ukraine), um das Ende ihrer monetären und wirtschaftlichen Vorherrschaft zu bremsen.
Medien wie Bloomberg behaupten immer noch, der Dollar sei nach wie vor König und es gebe keine Alternative dazu. Diese Behauptungen seien jedoch schlecht recherchiert und falsch. Der Anteil des Dollars an den Zentralbank-Reservewährungen sei seit den 1980er Jahren von über 70% auf weniger als 60% gesunken und die USA machten nur 10% des weltweiten Handels aus. China führe bereits viele Transaktionen, wie etwa mit Saudi-Arabien, in lokaler Währung durch.
Es bestehe ein Bestreben, die Wahrnehmung zu beeinflussen. Wenn die Menschen glaubten, der Dollar sei König, würden sie ihn weiterhin nutzen. Dies entspreche jedoch nicht der Realität. Tatsächlich befinde man sich in einer Welt, in der eine starke Multipolarität und eine Vielzahl von Währungen aufkomme. Die BRICS-Gruppe sei entschlossen, sich von der Abhängigkeit vom Dollar zu lösen. Der Dollar entwerte sich langfristig sehr stark, und Gold sei gegenüber dem Greenback vorzuziehen. Deshalb kauften Länder wie die BRICS Gold, was zu einem Anstieg des Goldpreises führe. Gold sei eine Reservewährung, und die Zentralbanken der Schwellenländer kauften Gold.
Die Schwellenländer würden ihren Dollaranteil nicht erhöhen, sondern im Gegenteil ihren Handel mit anderen Währungen ausweiten. Wer an eine Welt-Leitwährung glaube, könne nicht ignorieren, dass der Anteil der lokalen Währungen am Weltmarkt steige und die Vorstellung einer einzigen Reservewährung schwächer werde. Moderne Technologie ermögliche bereits den Handel in allen lokalen Währungen ohne eine einheitliche Währung.
Dennoch gebe es immer noch Menschen, die wie in den 1980er Jahren sprächen und sich eine Welt ohne Leitwährung nicht vorstellen könnten. Man befinde sich jedoch bereits in einer sehr unterschiedlichen Welt. Es sei notwendig, mit den Entscheidungsträgern der neuen Entwicklungsbank der BRICS, sowie mit Personen in Russland, China und Saudi-Arabien zu reden, um aus diesem ideologischen Loch herauszukommen.
Der Dollar bleibe eine Referenzwährung für Finanz- und Börsentransaktionen und dominiere den Finanzmarkt. Es gebe eine enorme Menge an Dollaranleihen auf dem Markt, was zu einer starken Präsenz des Dollars in Form von Derivaten geführt habe. Doch dies sei nicht produktiv, da es sich grösstenteils um virtuelle und spekulative Produkte handle.
Im Gegensatz dazu schwäche sich der kommerzielle Dollarhandel sehr schnell ab. Selbst Ölgeschäfte zwischen Saudi-Arabien und China würden nun in lokaler Währung abgewickelt. Dies ändere die Rahmenbedingungen. Es handle sich dabei um eine historische Normalisierung, und die USA würden zu einem Land wie andere auch, ähnlich wie es bei Grossbritannien nach dem Verlust der Weltmachtstellung der Fall gewesen sei.
Man befinde sich in einer Phase der De-Globalisierung mit einem Dollarraum, einem stark geschwächten Euroraum, der unter der Aufsicht des Dollars stehe, einem Yuan-Raum und anderen aufstrebenden Währungen, die eine sehr starke Wachstumsdynamik aufwiesen. Diese Phase des schleichenden Abstiegs werde lange dauern, da die USA ihre militärische Macht einsetzen würden, um diese Entwicklung zu verlangsamen. Die militärische Position der USA sei derzeit zweifellos überlegen, jedoch nicht die wirtschaftliche.
Es werde vor allem ein Informationskrieg, eine rhetorische Auseinandersetzung, wie man sie derzeit gegenüber China sehe. Die Ukraine-Krise sei in Wirklichkeit ein Test für die westliche Vorherrschaft. Die Mehrheit der Welt habe es abgelehnt, Russland zu sanktionieren, was darauf hinweise, dass die USA nicht vom ganzen Rest der Welt unterstützt werde. Es sei eine sehr gefährliche Zeit.
Angesichts der bekannten Verschuldung der USA stelle sich die Frage nach den Konsequenzen. Es komme zu einer Schwächung, einem langsamen Abstieg über Jahrzehnte. Militärische Macht sei wirtschaftlich wenig relevant. Wenn die militärische Macht einmal in Frage gestellt werde, könne dies zu einer starken Abwertung, einem Zusammenbruch oder möglicherweise einem Zahlungsausfall bei den US-Staatsanleihen führen.
Die Zinslast Der USA werde irgendwann untragbar. Wenn die Zinsen auch nur leicht steigen würden, sei die Verschuldung nicht mehr zu finanzieren. Die USA druckten Geld, um die Zinsen zu zahlen. Dies sei eine Art Ponzi-Schema. Im Vergleich zu Währungen wie dem Euro behalte der Dollar mehr oder weniger seinen Wert, aber auch diese Währungen würden sich abwerten. Der Goldwert zeige den Unterschied. Gold sage die Wahrheit und ärgere deshalb die Regierungen.
Müsse man deshalb den Goldstandard wiederherstellen? Zaki ist vorsichtig. Die Wirtschaft brauche keine weltweiten Währungsstandard. Gold werde eine Reservewährung bleiben, die sich für Länder, die den Wert von Dingen noch kennen, bewähre. Ein neuer Währungsstandard werde ein Währungskorb der aufstrebenden Mächte sein, basierend auf ihren realen Ressourcen. Man könne sich auch einen gemeinsamen Markt zwischen diesen Ländern und einen bevorzugten Austausch zwischen diesen Währungen vorstellen. Dies sei die Richtung, in die sich die BRICS entwickelten.
Es bleibe abzuwarten, ob die USA dies einfach so zuliessen. Sie hätten nicht unbedingt eine Wahl. Es werde vor allem ein Informationskrieg sein, ähnlich wie derzeit gegenüber China. Die USA hätten regelmässig Probleme mit der Schuldenobergrenze, und die Verschuldung explodiere. Doch die Kommentare seien immer positiv. Dies sei lächerlich. Es sei eine extreme Voreingenommenheit zum Vorteil der USA spürbar, die uns daran hindere, die Dinge auf den Tisch zu bringen, offen zu diskutieren und Abhilfe zu schaffen, bevor es zu einem endgültigen Zusammenbruch komme.
Alle Indikatoren in den USA seien negativ: Die Lebenserwartung sinke, die Sterblichkeitsrate steige, die Kindersterblichkeitsrate nehme zu, die Selbstmordrate steige, die Inhaftierungsrate sei extrem hoch – alles Zahlen, die einem Land der Dritten Welt entspreche.
Man sei in Europa eher bereit, mit den USA unterzugehen, als in einer von China dominierten Welt zu leben, könne man einen. Dies seien kulturelle Vorurteile. Es sei verständlich, dass viele Menschen in Europa den USA näherstünden als China. Doch letztendlich müssten die Fakten auf den Tisch gelegt und akzeptiert werden. Die Bürger müssten korrekt informiert werden.
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