[Man kann darüber diskutieren,] ob diese Zeit
des konsumfreudigen Citoyens abgelaufen ist
zugunsten eines strengen Ideals eines Politikers,
der Truppen in den Krieg verabschieden kann,
Soldaten beerdigen kann, der vor allem auch die Fähigkeit hat,
dem Volk Opfer aufzubürden, Verzicht schmackhaft zu machen ...
Die Grünen [jedenfalls] sind dafür ungeeignet.
Thomas Ebermann
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Beim Eingangszitat reibt man sich regelrecht die Augen. Haben die Grünen von heute gerade keine Probleme mehr damit, der Bevölkerung «Verzicht schmackhaft zu machen». Zugleich «treibt die erstaunlich einmütige Haltung der Grünen zu Waffenlieferungen und Aufrüstung derzeit das ganze Land um», wie es der Spiegel formulierte. Das Hamburger Nachrichtenmagazin widmete dieser eigentümlichen Wandlung der selbsternannten «Ökopartei» gar ein Cover:
Quelle: Spiegel
Doch das Zitat ist kein Fake. Es stammt von Thomas Eberman, der die Grünen 1980 mitgründete, sie aber 1990 aus Protest gegen deren «realpolitische Tendenz» wieder verliess. Und es ist rund 30 Jahre alt, stammt also aus einer Zeit, als die Grünen oder zumindest wesentliche Teile von ihnen nicht nur system- und regierungskritisch, sondern einige auch «noch lustig waren». Das Eingangszitat findet man im folgenden Video ab Minute 5:42 des Youtube-Kanals «Doc’s Liste»:
Quelle: Youtube-Kanal von «Doc’s Liste»
Ein weiteres Schmankerl aus dem Clip «Thomas Ebermann: Als die Grünen noch lustig waren» ist folgende Aussage des seinerzeiten «Freizeitfans» und mittlerweile 71-jährigen (ab Minute 2:34). Dies gilt vor allem für diejenigen, die sich während der «Corona-Zeit» mit der Anerkennung ihrer Maskenbefreiungs- oder sonstiger Atteste herumschlagen mussten oder noch müssen:
«Ich kann Arbeitgeber und Abteilungsleiter nicht leiden, die die Angewohnheit haben, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen anzuzweifeln. Da ist ein Pferd zu einem Rennen nicht angetreten. Es handelt sich um den Hengst mit dem Namen Habsburger, der ein tierärztliches Attest hatte. Und da ging das Gerücht, das Pferd hätte gar nichts, sondern sein Besitzer wollte ihn [nur] schonen. Ich bin aber so erzogen, dass man zu Ärzten aufblicken muss. Also, wenn man ein Attest hat, dann hat damit doch ein Akademiker festgestellt, dass man gesundheitlich nicht fit ist. Dem müssen wir uns doch wirklich beugen.»
Apropos Masken, da legen die Grünen von heute eine regelrechte Doppelmoral an den Tag. Folgende Gegenüberstellung führt dies vor Augen:
Quelle: Telegram-Kanal von Henning Rosenbusch
«Die guten alten Zeiten», so könnte man denken, wenn man sich das Video «Thomas Ebermann: Als die Grünen noch lustig waren» mit Ausschnitten von Fernsehauftritten des seinerzeitigen «Talkshow-Narren» anschaut. Dies ist jedenfalls bei mir der Fall, der Ebermanns Auftritte noch live miterlebt hat. Sie zeigen nämlich, was an kritischem und zugleich geistreichem Diskurs in Fernsehrunden möglich war – und wie vergleichsweise geistesarm und eindimensional es heute bei Maischberger & Co zugeht.
Maischberger hat übrigens ihren Auftritt als Interviewerin von Ebermann in dem TV-Potpourri «Als die Grünen noch lustig waren» (ab Minute 1:48) – genau wie Giovanni di Lorenzo, der 2004 Chefredakteur der Zeit wurde (11:15 bis 11:26). Für Nostalgiker zusätzlich sehenswert.
Was den Ebermann von heute angeht, so sei noch angemerkt, dass er sich zur Corona-Politik regierungskritischer hätte positionieren und öffentlich äussern können. Jedenfalls aus meiner Sicht. Immerhin fehlt dieser Politik komplett die wissenschaftliche Grundlage. Ebermann hat zwar zu ihr Stellung bezogen, und zwar mit durchaus wertvollen Gedanken, etwa in seiner Schrift «Störung im Betriebsablauf: Systemirrelevante Betrachtungen zur Pandemie». Doch darin schreibt er auch «gegen die rechten und linken Verharmloser einer todbringenden Krankheit» an, was eher nach Lauterbach als nach Kritik an den Covid-Kassandras klingt.
Dass die Grünen zu einer Partei mutiert sind, die geradezu systemkonform daherkommt und es nicht vermag, Themen wie Regenwaldabholzung, Massentierhaltung, Überfischung der Meere usw. in den öffentlichen Diskurs hörbar einzubringen, liegt sicherlich auch an Medien wie der selbsternannten «linksalternativen» taz. Denn auch diesem Medium ist in vielerlei Hinsicht das Gespür für System- und Regierungskritik verloren gegangen. Dadurch fehlt es an einem wichtigen Korrektiv.
Quelle: Telegram-Kanal von Henning Rosenbusch
Alles Gute – trotz allem!
Torsten Engelbrecht
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