Wo aus Übermut Sanftmut und aus Wankelmut Wandelmut wird,
wo aus Eigensinn Gemeinsinn, aus Leid Mitleid,
aus Hartherzigkeit Barmherzigkeit,
aus Vergeltung Vergebung, aus Sorge Fürsorge,
aus Vorherrschaft Partnerschaft und
aus dem Geschöpf das Mitgeschöpf wird –
da wird aus dem Menschen ein Mitmensch.
Friedrich Schorlemmer
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Weihnachten 2022 liegt hinter uns, die Weihnachtsgans ist verdaut, das siebte Paar gestreifter Socken im hintersten Schrank verstaut und die anstrengenden Schwiegereltern sind wieder abgereist. Für viele ist Weihnachten ein Fest der Liebe, Kritiker des Kapitalismus sehen in dem Fest einen einzigen Konsumrausch, und für Kinder ist Weihnachten wiederum ein märchenhafter Augenblick – was aber ist mit jenen Menschen, die kurz vor Weihnachten ihren Job verloren haben?
Was mit jenen Personen, die das Weihnachtsfest zum ersten Mal ohne Vater oder Mutter verbringen? Cecilia Strada, Essayistin und ehemalige Präsidentin der Nichtregierungsorganisation Emergency, die Opfern von Krieg, Armut und Landminen kostenlose medizinische Versorgung bietet, hat ihre Gedanken zu den Festtagen auf diese Weise formuliert:
«Meine traditionellen Glückwünsche für die Feiertage richte ich an alle, die versuchen, die Feiertage zu überleben. Denn unter den Lichtern und dem gebührenden Glück liegen Trauer, Melancholie, Wunden, die wieder aufbrechen. Tun wir also nicht so, als ob alles perfekt wäre.
Herzliche Grüsse an meinen Freund, der sein erstes Weihnachten ohne seine Mutter verbringt. Er umarmt einen anderen, der seine Mutter an Weihnachten verloren hat. Eine Umarmung verdienen diejenigen, die Mühe hatten, ein Geschenk unter den Baum zu legen und diejenigen, die jeden Euro umdrehen mussten, um genug Geld für das Mittagessen zu haben.
Herzliche Grüsse an meine Freundin, die zu Weihnachten ihren Job verloren hat. Umarmungen für diejenigen, die einen leeren Platz am Tisch sehen, und für diejenigen, die keinen Tisch besitzen. Halten wir uns fest, der Wind ist stark: Umarmungen für alle, die es wünschen.»
Strada war als international engagierte Mitarbeiterin für die verschiedenen Krankenhäuser der Organisation Emergency zuständig und kümmerte sich um deren Beziehungen auf lokaler Ebene, wobei sie auch ihre Erfahrungen als Journalistin und Medienvertreterin einbrachte. Die Italienerin setzt sich dafür ein, dass die internationalen Handelsbeziehungen mit der Achtung der Menschenrechte verknüpft werden. 2018 erhielt sie den Nationalen Preis für Friedenskultur. Der Preis honoriert auch ihr Engagement, Informationen und Gegeninformationen zu verbreiten, Zeugen in Bezug auf die Kriegsschauplätze zu Wort kommen zu lassen und mögliche Lösungen für kriegerische Konflikte zu bieten.
Stradas Gedanken haben mir einen Impuls dazu gegeben, das diesjährige Weihnachtsfest aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Vielleicht befinden wir uns besonders nach 2020 an einem Scheideweg. Von aussen wird uns oktroyiert, dass wir durch die Geschäfte rasen und teure Geschenke kaufen sollen. Ja, wir sollen den Weihnachtsstress am eigenen Leib spüren.
Dabei wäre es doch angemessener, ein bescheidenes Fest zu feiern und wie Strada schreibt, auch an die weniger Perfekten, unzufriedenen Menschen zu denken. Es erscheint mir weniger scheinheilig, den Fokus immer auch auf benachteiligte Menschen zu richten, die Unsicheren, Verzagten, die Grübler und all die kritischen Menschen, die auf der Suche nach der Wahrheit sind und den Mut haben, die Matrix zu verlassen, die eigenständig denken, sich nicht manipulieren lassen und ihren eigenen Weg gehen.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie mutig, zuversichtlich und voller Energie in dieses neue Jahr starten.
Herzlich
Lena Kuder
[email protected]
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