Ein wahrhaft sensibler und vernünftiger Mensch versucht naturgemäß,
wenn ihn Übel und Ungerechtigkeit der Welt bekümmern,
zunächst dort gegen sie anzugehen,
wo sie am deutlichsten zutage treten, nämlich bei sich selbst.
Und damit wird er sein Leben lang beschäftigt sein.
Fernando Pessoa
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Delphine kommunizieren über eine Art Sonarsystem; auch Pferde sind sehr feinfühlig und spüren ein herannahendes Gewitter bereits Stunden vorher. Der Mensch hingegen richtet sein Handeln oftmals primär nach seiner Vernunft aus und tendiert dazu, seine Intuitionen zu unterdrücken. Dabei wäre es durchaus heilsam, seine Ratio öfter in ihre Schranken zu weisen und auf sein Bauchgefühl zu hören.
Sensibilität (von lateinisch: sēnsibilitās, f. = sēnsibilis (empfindsam, sensibel) + -itās) bezeichnet in der Sprache der Philosophie, Psychologie und der Literaturwissenschaft sowie in der Umgangssprache eine hohe Aufnahmebereitschaft für Signale der Umgebung. Sie weist ein breites Spektrum von Erscheinungsformen auf. Diese reichen von der Empfindlichkeit, Empfindsamkeit und Feinfühligkeit über Anteilnahme und Empathie bis hin zur Sentimentalität. Im besonderen ist oft die künstlerische Sensibilität beziehungsweise die Reaktion auf ästhetische Einflüsse gemeint.
Vergil gilt als Meister der Sensibilität, der in seinen Eklogen (Hirtengedichten) ein idyllisches Traumland mit Bewohnern beschreibt, die durch subtile Stimmungen und tiefe menschliche Emotionen charakterisiert sind. Der Theologe Thomas von Aquin ging davon aus, dass nichts vom Menschen erkannt werde, was er nicht sinnlich empfunden habe. Er unterscheidet zwischen sensibilitas und sensualitas. Der erste Begriff bezeichnet den Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozess, der zweite die körperliche Lust oder Unlust.
Der Begriff der Sensibilität wurde durch die Dekadenzliteratur diskreditiert. Die Wissenschaftsgläubigkeit setzt den Fokus auf ein rationales Denken. In Diktaturen und Konsumgesellschaften spielte der Begriff ebenfalls lange Zeit eine nur geringe Rolle. Erst in der Studentenbewegung gelangte er wieder zu neuer Aufmerksamkeit. Die Sensibilisierung des Subjekts bildete eine Reaktion auf die fortschreitende «Entzauberung» der Welt (Max Weber).
Herbert Marcuse forderte in seinem Versuch über die Befreiung eine «neue Sensibilität », die sich gegen Gewalt und Grausamkeit, Manipulation, Leistungsdenken und eine nur-technische Rationalität des Individuums wendet. Die kapitalistisch verzerrte Triebstruktur des Menschen bedarf nach der Ansicht von Marcuse einer Regeneration, um ihn gegen die Brutalität zu immunisieren.
Es ist heute wichtiger denn je, für Themen sensiblisiert zu bleiben, die durch das Raster des Mainstreams fallen. Zweieinhalb Jahre lang saugen wir nun Informationen über das C-Thema auf, wägen ab, ordnen ein, hinterfragen und analysieren. Dabei reicht unser Radius oft nicht weiter als bis zur Stadt- oder Landesgrenze. Vielleicht nehmen wir auch gelegentlich Nachbarländer oder andere Kontinente in den Blick. Was aber ist mit Ländern wie Afrika oder Indien, die in den Leitmedien eher als blinder Fleck auftauchen? Neulich fragte ich mich, wie sich die Energiekrise wohl auf die ärmeren Länder auswirkt. Dazu befragte ich Alec Gagneux von der Schweizer Organisation fairCH.
Gagneux hat mit seinem Freund in Togo gesprochen. Der hat ihm berichtet, dass in der Stadt Lomé grosses Leid herrsche, da die Menschen dort stärker von der Geldentwertung betroffen seien als jene auf dem Land. Da sich die Gaspreise verdoppelt hätten, beuten die dort lebenden Menschen nun die Natur aus, um Holz und Holzkohle zu gewinnen. Dies sei keineswegs logisch nachzuvollziehen, weil das Gas nicht aus Russland, sondern aus Nigeria geliefert werde.
In Togo ist der Preis der Treibstoffe um 30 Prozent angestiegen, so dass jegliche Transporte teurer geworden sind. Auch die Preise für Brot und Mehl sind in die Höhe geschnellt. Doch das könnten die Togoer verkraften, da sie Yams und Mais als Ersatz essen können, sagte der in Togo lebende Bekannte.
Ohne «Pass Vaccinal» (Impfpass) ist es in Togo derzeit nicht möglich, einen Personalausweis oder Pass zu verlängern. Ungeimpften ist ausserdem teilweise der Zugang zu offiziellen Gebäuden und zum Flughafen verwehrt.
Gagneux macht deutlich, dass die Energiekrise zugleich eine Hungerkrise sei. Nur das interessiere im Westen bis heute kaum jemanden. Man dürfe nicht vergessen, dass sich 2020 das Vermögen der extrem Reichen um mehr als 5 Billionen Dollar erhöht habe, während sich der Hunger verdoppelt haben soll. Schuld daran sind vor allem die Corona-Massnahmen. Hierdurch konnten die Menschen nicht mehr ihrer Feldarbeit oder ihrer Arbeit als Tagelöhner nachgehen.
Um den Welthunger auf dem Papier zu reduzieren, habe die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) einen kunstvollen Trick angewandt: Sie strich schlicht und einfach 50 Gramm Reis pro Tag, und so schrumpfte die Zahl der weltweit an Hunger leidenden Menschen auf weniger als eine Milliarde. 560 Gramm Reis ergeben 2020 kcal, jene Menge, die ein erwachsener Mensch pro Tag braucht, um seinen Körper gesund zu erhalten. 510 Gramm Reis ergeben jedoch nur 1840 kcal. Das sind 660 kcal weniger, als ein erwachsener Deutscher täglich zu sich nehmen sollte.
Afrika und Indien leiden seit Jahrzehnten unter einer Energiekrise. Gagneux unterstreicht, dass Hunger gleichzusetzen ist mit Energiekrise und Energiekrieg. Still leiden die Menschen. Wer hungert, kann nicht fliehen. Gagneux meint, dass sinnvolle Entwicklungszusammenarbeit nur darauf zielen kann, die Unabhängigkeit zu erhöhen, statt durch humanitäre Hilfe lediglich die Symptome zu bekämpfen und die Abhängigkeit zu erhöhen.
Der Leiter des Instituts für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz an der Technischen Universität Hamburg, Prof. Dr.-Ing. Ralf Otterpohl, gibt positive Beispiele dafür, wie man heutzutage ganz ohne Kunstdünger und Pestizide gute Ernteerträge einfahren kann.
«Statt in die Rüstung sollte man auch im Süden in die Unabhängigkeit der Menschen investieren», sagt Alec Gagneux. «So lässt sich die Lebensqualität für alle Menschen erhöhen.»
Behalten auch Sie immer das grosse Ganze im Auge, und seien Sie sensibilisiert für Themen, die im täglichen Medienrauschen kaum Beachtung finden.
Herzlich
Lena Kuder
[email protected]
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