Der Betrug,
Der hüllt sich täuschend ein in große Worte,
Und in der Sprache rednerischen Schmuck.
Friedrich Schiller
Liebe Leserinnen und Leser
Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, dass in der Politik häufig nicht das drin ist, was draufsteht. Sie wissen das vermutlich alle, sonst würden Sie nicht regelmässig unsere Seite besuchen und unsere Newsletter lesen.
Auch wenn wir langsam von diesem Thema wegkommen möchten, muss ich es noch einmal sagen: In der Corona-Zeit wurde das Orwellsche «Neusprech» auf eine neue Stufe gehoben.
Grosse Begriffe mit einer tiefen Bedeutung wurden gänzlich ihres Sinnes und ihrer Geschichte beraubt und in ihr Gegenteil verkehrt, allen voran «Gesundheit», «Freiheit», «Solidarität» oder auch «Pflicht». Die Systematik, mit der das betrieben wurde, lässt keinen Zweifel zu: Hier waren Profis am Werk. Diese wussten genau, was sie taten, als sie die bis zum Erbrechen wiederholten Phrasen in die Welt setzten. Darüber ist bereits einiges geschrieben worden.
Allerdings hat das wahrscheinlich nur deshalb so gut funktioniert, weil wir längst darauf konditioniert sind, in Verdrehungen zu denken, zu leben, zu sprechen. Hier ein paar Beispiele: Was heute «Verteidigungsministerium» heisst, hiess früher einmal «Kriegsministerium», was noch immer die korrekte Bezeichnung wäre. «Arbeitnehmer» sind de facto Arbeitgeber – und umgekehrt. Denn der «Arbeitnehmer» gibt seine Arbeit(skraft) dem «Arbeitgeber», der diese gegen Bezahlung von ihm nimmt.
Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: «Gleichstellungsbeauftragte» oder «Anti-Diskriminierungsbeauftragte», zum Beispiel an Universitäten, sind ihrem Verhalten nach nicht selten das Gegenteil von dem, was sie repräsentieren sollten. Auch «Forschungsförderung» aller Art ist häufig faktisch Forschungsverhinderung. Die bürokratischen Hürden sind geradezu kafkaesk und das Ergebnis des Projekts soll bereits im Antrag festgehalten werden. Das «Forschungsprojekt» gleicht dann einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, die natürlich ganz und gar dem gerade herrschenden Zeitgeist verpflichtet ist.
Vor Corona lebte ich allerdings noch in dem naiven Glauben, dass dies nur oder vor allem in den Geisteswissenschaften der Fall sei. Das ist offensichtlich falsch.
Dass wir überhaupt dazu neigen, Begriff und Sache gleichzusetzen, also zu meinen, wenn ein Begriff genannt wird, verberge sich dahinter automatisch auch das, was er bezeichnet, nennt Rainer Mausfeld «Wort-Aberglaube». Dieser Wort-Aberglaube macht uns gewissermassen naiv und leicht manipulierbar. Man denke nur an die Werbung, die oft auch dann funktioniert, wenn man Bescheid weiss, wie (plump) sie gemacht wird.
Wie ist dem nun zu begegnen? Meiner Erfahrung nach helfen dagegen nur zwei Dinge: Eine Art Schocktherapie, die oft Menschen bereits erfahren haben, die einmal das zweifelhafte Vergnügen hatten, mit echten Narzissten zu tun gehabt zu haben. Da nämlich wird die Diskrepanz zwischen Wort und Tat oft so grotesk gross, dass es einfach nicht mehr zu übersehen ist.
Die mildere und nachhaltigere Variante ist eine hohe Achtsamkeit und Wachsamkeit gegenüber «grossen Worten»: Wer spricht hier eigentlich zu wem? Was will das Gegenüber mir sagen? Bin überhaupt ich angesprochen oder eine gesichtslose Masse? Stimmt das, was ich höre oder lese, mit meinen eigenen Erfahrungen überein? Und wenn nicht, respektiert das Gegenüber diese Diskrepanz? ...
Das wären ein paar Fragen, die man sich stellen kann, bevor man den Begriff fälschlicherweise für die Sache nimmt.
Herzlich
Susanne Schmieden
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