Es muss als Antwort auf diese Machtkonzentration von Seiten des Staates eine Dezentralisierungsbewegung der Bürger geben.
Milosz Matuschek
Liebe Freundinnen und Freunde
Trump (USA) und Bolsonaro (Brasilien) hatten den Mut, sich eine eigene Meinung zu den Corona-Massnahmen zu erlauben. Die meisten Staatschefs dieser Welt hatten diesen Mut nicht.
Aber reicht das aus, um diesen Menschen zu vertrauen? Diese Frage möchte ich anhand des Beispiels Bolsonaro in den Raum stellen. Ich kenne ihn nicht persönlich und habe nur wenige Stunden recherchiert. Es kann also sein, dass ich wichtige Infos übersehen habe.
Bolsonaro geniesst in der Szene der Massnahmenkritiker einen guten Ruf. Markus Haintz beispielsweise hat ihn in Brasilien getroffen und sich wiederholt für ihn ausgesprochen. Über den Gegenkandidaten bei der Wahl in Brasilien schreibt er nur als den «verurteilten kriminellen Lula». Und es heisst wiederholt, das Wahlergebnis sei zugunsten von Lula gefälscht worden.
Dazu einige Informationen und Gedanken: Lula da Silva stammt aus armen Verhältnissen. Er war Gewerkschaftsführer, ist gegen die Militärdiktatur 1964 – 1985 eingetreten und war deswegen auch in Haft. Er war 2003 bis 2011 Präsident Brasiliens und wurde dieses Jahr wiedergewählt.
Er ist 2017 zu neun Jahren Jahren und sechs Monaten Haft wegen Korruption verurteilt worden. Diese Verurteilung ist aber höchst umstritten. Durch dieses Urteil konnte er nämlich nicht als Präsident für die Wahl 2018 kandidieren; er war dafür der aussichtsreichste Kandidat. Richter Sergio Moro, der ihn verurteilt hatte, ist unter dem Wahlsieger Bolsonaro Justizminister geworden.
Noam Chomsky bezeichnete Lula als «einen der bedeutendsten politischen Gefangenen unserer Zeit». Auch das Portal The Intercept glaubte an eine Verschwörung gegen Lula: Ihm wurden Handydaten und Telegram-Nachrichten des Richters Moro zugespielt. The Intercept wurde von Laura Poitras, Glenn Greenwald und Jeremy Scahill gegründet. Diese drei haben vielfach bewiesen, dass sie an wirklicher Aufklärung interessiert sind.
Auf der anderen Seite Jair Bolsonaro. Bis zum Beginn seiner politischen Karriere 1988 diente er beim Militär. Es werden zahllose verstörende Entscheidungen und Äusserungen von ihm berichtet. Ich habe diese nicht alle kontrolliert. Hier eine Auswahl:
- Er bewundert den Diktator Augusto Pinochet, der tausende Regimegegner ermorden liess; er hätte damals «noch mehr Leute töten lassen sollen».
- «Ich bin für Folter. Und das Volk ist auch dafür.»
- Er befürwortet die Todesstrafe.
- Er tritt für eine Militärherrschaft ein.
- «Ich würde es vorziehen, dass mein Sohn bei einem Unfall ums Leben kommt, als dass er hier mit einem Typen mit Schnurrbart auftaucht.»
- Er bezeichnete die brasilianische Militärdiktatur als «glorreiche Epoche». Es sei «der große Fehler der Diktatur [gewesen], dass sie Menschen nur gefoltert hat. Nicht getötet.»
- Er kündigte ein Vorgehen mit militärischer Härte gegen Beschützer des Amazonas-Regenwaldes und indigene Volksgruppen an.
- Die Zerstörung von Amazonas-Regenwald hatte unter Präsident Bolsonaro dramatisch zugenommen.
- Er war in Mordfälle verwickelt.
- «Wir hätten 30’000 Korrupte erschiessen sollen, angefangen mit (dem damaligen) Präsident Fernando Henrique Cardoso.»
- Es liegen mehrere Klagen gegen Bolsonaro beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vor.
Ich kann das alles nicht abschliessend beurteilen. Dass Bolsonaro öffentlich für Folter eintritt, wurde mir aber immerhin von einer Freundin bestätigt, die Verwandte in Brasilien hat und brasilianische Medien verfolgt.
Meine persönliche Schlussfolgerungen sind: Ich vertraue nicht automatisch jedem, der gegen die Corona-Massnahmen eintritt. Und ich bin froh, dass Bolsonaro nicht mehr Präsident in Brasilien ist.
Herzlich
Ihr Lars Ebert
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