Während der Krise wird sich die Hegemonie der Vereinigten Staaten
noch viel vollständiger, offener, schärfer und rücksichtsloser auswirken
als während der Aufstiegsperiode.
Leo Trotzki
Liebe Leserinnen und Leser
Ausgerechnet in Hiroshima. 1945 liessen die USA die mit Uran beladene «Little Boy»-Bombe über der Stadt detonieren und verursachten unsägliches Leid. Drei Tage später war es «Fat Man» über Nagasaki, diesmal mit Plutonium. Sie taten dies nicht etwa, um Japan zu besiegen – das war im Grunde schon bewerkstelligt. Es ging darum, zu zeigen, wer «den Grössten» hat, und die neue «Wunderwaffe» in vivo zu testen. Und darum, klarzumachen, wer der skrupellose «Bully» ist.
Nun also traf sich der US-Präsident Joe Biden in Hiroshima mit seinen G7-Amtskollegen und zündelte weiter. Denn der Status des «Bullys» ist in Bedrängnis. Anwesend war überraschenderweise auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski. Als Gäste nahmen auch Brasilien und Indien teil. Und darum ging es am G7-Gipfel in erster Linie, wie ein russischer Korrespondent, dessen Bericht Thomas Röper im Anti-Spiegel übersetzt hat, anmerkte:
«Misstrauen innerhalb der BRICS zu säen und idealerweise Brasilien und Indien von Russland und China wegzuziehen, ist der Schlüssel zum Erfolg im Kampf um den globalen Süden.»
Selbstverständlich bekräftigen die G7-Länder ihre «unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine», inklusive der militärischen, so lange dies nötig sei. Und sie beschlossen weitere Sanktionen gegen Russland. Dessen Aussenminister Sergej Lawrow reagierte auf das Treffen, indem er erklärte, es gehe den G7-Staaten in der Ukraine nicht nur darum, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen:
«(S)ie wollen es als geopolitischen Konkurrenten eliminieren. Eigentlich wird auch jedes andere Land, das einen unabhängigen Platz im globalen Gefüge beansprucht, ebenfalls als Konkurrent ausgeschaltet. Sehen Sie sich die Beschlüsse an, die jetzt auf dem G7-Gipfel in Hiroshima diskutiert und gefasst werden und die auf die doppelte Eindämmung Russlands und Chinas abzielen.»
Die Position der G7-Gruppe gegenüber China fasste der ZDF-Korrespondent Ulf Röller folgendermassen zusammen:
«Auch wenn China wirtschaftlich sehr mächtig ist, wir sind bereit, uns mit China anzulegen. Und das heisst, wir sind bereit, China mit Sanktionen abzustrafen oder wirtschaftliche Konsequenzen einzugehen. (…) China muss [auf] Russland Druck ausüben. (…) Wenn es das nicht tut, wird es einen weiteren Konflikt geben.»
Die EU-Länder der G7-Gruppe bekräftigten dabei ihren Status als US-Vasallen. Der deutsche Journalist und Autor Stefan Baron schrieb dazu in der letzten Weltwoche:
«Der Krieg in der Ukraine und die zunehmende Konfrontation um Taiwan haben den Befund auf das traurigste bestätigt. Die NATO ist gewissermassen Hirn-mausetot und die EU mit ihr. Zwar preisen führende Hirntote in Europa das Bündnis derzeit als lebendiger denn je: ‹Ohne die NATO und deren Führungsmacht USA wäre die Ukraine inzwischen russisch und die Freiheit in ganz Europa bedroht›. Tatsächlich verhält es sich jedoch genau umgekehrt. Ohne die eigensüchtige Instrumentalisierung der NATO durch Washington, mit einer autonomen EU, die ihre eigenen Interessen verfolgt, wäre es wohl kaum zu dem Krieg gekommen, der die Ukraine ruinieren und ganz Europa nachhaltig schwächen wird.»
Nach dem Hindukusch müsse Europa derzeit angeblich im Donbass «verteidigt» werden, so Baron weiter. Und die nächste «Verteidigungslinie» sei bereits gezogen: Sie verlaufe noch einmal Tausende Kilometer weiter östlich – in der Strasse von Taiwan vor der Küste Chinas:
«Die Mitwirkung der EU an Washingtons Konfrontationspolitik gegenüber Peking ist noch dümmer als die Unterstützung der amerikanischen Provokation Moskaus in der Ukraine. Und das nicht nur, weil Taiwan völkerrechtlich zweifellos zu China gehört. Europa macht sein Schicksal damit vollends und endgültig von den USA abhängig und geht damit ohne Not ein tödliches Risiko ein.»
In Hiroshima veröffentlichten die G7-Staaten zwar erstmals eine eigene Erklärung zu nuklearer Abrüstung. Doch deren Sorge gilt nicht etwa den eigenen Atomwaffen, sondern denjenigen der anderen, insbesondere denen Chinas. Als «gefährlich und inakzeptabel» verurteilten sie auch «Russlands unverantwortliche nukleare Rhetorik, die Untergrabung von Rüstungskontrollregimen und die erklärte Absicht, Atomwaffen in Belarus zu stationieren». Und von Nordkorea forderten sie, vollständig auf Atomwaffen zu verzichten. Auf eine Entschuldigung von Joe Biden für die nukleare Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki wartete man indes vergebens.
Unerwähnt blieb dabei auch die Munition mit abgereichertem Uran, welche Grossbritannien kürzlich an die Ukraine geliefert hat – und die möglicherweise am 13. Mai bei einem russischen Angriff auf ein riesiges Munitionsdepot bei Khmelnytskyi bereits in die Luft geflogen ist. So berichtete beispielsweise tkp, dass nach der heftigen Explosion mit einer schwarzen pilzförmigen Wolke Staubwolken mit Uran über Europa trieben.
Baron hat recht, wenn er fordert, die EU müsse sich nicht von China, sondern von der «neurotischen und zerstörerischen Hegemonialpolitik der USA» entkoppeln. Mit Hirntoten an der Macht wird das allerdings nicht gehen.
Herzlich
Konstantin Demeter
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