Es gibt nur ein wirklich ernstes
philosophisches Problem:
den Selbstmord.
Albert Camus
Liebe Leserinnen und Leser
Die letzten drei Jahre haben gesellschaftliche, persönliche und psychische Spuren hinterlassen, die wohl erst nach und nach sichtbar werden und deren langfristige Auswirkungen kaum abzusehen sind.
Eine Thematik, die schon zuvor heikel war, seit Corona aber an besonderer Brisanz gewonnen hat, ist der Suizid. Wer in seinem Umfeld einmal damit konfrontiert war, weiss, welchen Schock ein solcher Tod eines Mitmenschen auslöst.
In der Corona-Zeit hat das Thema an Dramatik noch zugenommen, insbesondere bei jungen Menschen (siehe zum Beispiel hier, hier und hier).
Zudem findet seit geraumer Zeit eine «Liberalisierung» der Sterbehilfe statt, die zu Denken gibt, zum Beispiel in Kanada, in den Niederlanden und weiteren Ländern.
Vor diesem Hintergrund ist es interessant und befremdlich, dass nun der Kanton Luzern eine Plakatkampagne lanciert hat, die das Thema Suizid in geradezu penetranter Weise im öffentlichen Raum sichtbar macht: In der ganzen Stadt hängen riesige Plakate, die den Leser oder die Leserin dazu auffordern (!), Suizidgedanken «anzusprechen».
Natürlich: Es handelt sich dabei um eine Aktion zur Suizidprävention und das ist selbstverständlich erst einmal löblich. Als ich die Plakate zum ersten Mal gesehen habe, und erst recht beim zweiten und dritten Mal, verursachten diese bei mir jedoch ein mulmiges Gefühl. Ich stellte mir die Frage, ob sie bei jemandem, der verzweifelt ist, tatsächlich dazu führen, dass er sich Hilfe sucht, oder ob sie ihn nicht vielmehr permanent und immer mehr zu den Suizidgedanken hinführen.
Unser Unterbewusstsein kann bekanntlich Verneinungen nicht verarbeiten, das berühmte Beispiel dafür ist der rosa Elefant oder das blaue Kaninchen, an die Sie jetzt bitte NICHT denken sollen. Und, an was haben Sie gerade gedacht, als Sie das gelesen haben? Eben.
Ich unterstelle den Machern der Kampagne keinen bösen Willen, wundere mich jedoch darüber, dass diese Tatsache den professionellen Psychologen, die dafür verantwortlich sind, offensichtlich nicht bewusst ist.
Wie auch immer: Anstatt teure und zwar gut gemeinte, aber möglicherweise kontraproduktive Plakatkampagnen zu entwerfen, sollten wir alle aufmerksamer und achtsamer mit den Menschen um uns herum umgehen. Freundliche Worte, ein Lächeln, eine Umarmung bewirken mit Sicherheit mehr Positives als eine Kampagne, die zynischerweise auf «Selbstmanagement» setzt, wo es doch um Lebenssituationen geht, in denen Menschen vor allem Zuwendung von anderen brauchen.
Herzliche und lebensfrohe Grüsse
Susanne Schmieden
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Die TTV-News vom 28. April 2023 mit folgenden Themen:
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Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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