Nicht wer als Erster die Waffe ergreift,
ist Anstifter des Unheils,
sondern wer dazu nötigt.
Niccolò Machiavelli
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Von Cicero über Richard Nixon bis hin zum betrunkenen Onkel beim Familienfest: Kritik zu umgehen, indem man auf die vermeintlichen Fehler anderer hinweist, ist eine bewährte Taktik. Sie steht auch hinter der infantilen «aber du auch»-Replik – dem Tu-quoque-Muster, eine Unterart des Ad-hominem-Arguments. In unserer modernen und anglisierten Welt nennt sich eine Variante davon Whataboutism (Was ist mit ... -ismus).
Der Vorwurf von Whataboutism mag zwar oft angemessen sein. Doch er wird gerne auch als Totschlagargument verwendet, um berechtigte Kritik zu parieren. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wird der Begriff inflationär auf diese Weise eingesetzt.
Im Falle des Ukraine-Krieges besteht seine Funktion darin, die russische Invasion als historisch einzigartig darzustellen – so können auch die Sanktionen gegen Russland und Waffen für die Ukraine legitimiert werden.
Wenig überraschend: Propaganda-Master Markus Lanz warf letztes Jahr Sahra Wagenknecht in Sendungen über den Krieg in der Ukraine mindestens zweimal Whataboutism vor, einmal gar «vom Allerfeinsten».
Auch der Friedensaktivist Alec Gagneux wurde kürzlich des Whataboutism beschuldigt. Und das gleich von zwei prominenten Persönlichkeiten: Von der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestags, Marie-Anne Strack-Zimmermann, sowie auch vom Chefredakteur der Zeitschrift OSTERUROPA, Manfred Sapper.
Als Strack-Zimmermann an einem Vortrag an der Universität Zürich bezüglich des russischen Einmarsches in die Ukraine auf den Bruch des Völkerrechts verwies, wandte Gagneux ein, dass dies auch für den Jugoslawien-Krieg in den 1990er Jahren zutreffe. Daraufhin bezichtigte Strack-Zimmermann ihn des Whataboutismus.
Auch Manfred Sapper machte ihm den selben Vorwurf im Rahmen eines Referats, das er an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Windisch hielt. Dies, weil der Friedensaktivist Gagneux auf Kriege der USA hingewiesen hatte.
Nun ist es sicher so, dass eine solche Argumentation ein logischer Fehlschluss darstellen und man durch diese Taktik bestimmte Untaten marginalisieren kann. Doch sie kann auch dazu dienen, einen notwendigen Kontext herzustellen – was im Fall des Krieges in der Ukraine und der Antwort des Westens darauf ein Muss ist. Der Leser Thomas Frühbeck kommentiert einen Beitrag der Frankfurter Rundschau treffend:
«Nur wenn der Kontext unangenehm ist, wird er als Whataboutism abgelehnt und der Anlass dekontextualisiert.»
Zum einen könnte sich eine angebliche Aggression als Selbstverteidigung herausstellen. Zum anderen ist es relevant, ob die Reaktion nur aus verbalen Anschuldigungen besteht oder reale Konsequenzen hat – wie dies zum Beispiel bei den Waffenlieferungen der Fall ist.
Alec Gagneux machte an beiden Veranstaltungen klar, worum es geht: Strack-Zimmermann nannte er eine «Kriegsgurgel» und Sappers Vortrag bezeichnete er als «Propaganda», wie er sie «noch nie erlebt» habe in diesem Haus, in dem er zur Schule gegangen sei.
Der Grund dafür, warum gegenwärtig mit dem Begriff Whataboutism so um sich geworfen wird, ist klar: Eine Kontextualisierung des Krieges zerstört den höheren Moralsockel, auf dem die westlichen Kriegstreiber stehen. Denn die veränderte Sichtweise entlarvt deren Doppelmoral automatisch. Nun gilt: Was nicht mehr als Verschwörungstheorie abgetan werden kann, wird als Whataboutism bezeichnet.
Und durch das Suffix -ismus werden Kritiker gar als Ideologen abgestempelt, denen rationales Denken sowieso abhandengekommen ist.
Diese destruktiven Rhetorik ist Gift. Eine ehrliche, transparente und verantwortungsbewusste politische und gesellschaftliche Diskussion ist dringend notwendig. Es geht hier ums Ganze: Nämlich darum, zu verhindern, dass die «Kriegsgurgeln» einen Dritten Weltkrieg entfachen. Schliesslich soll schon Jesus gesagt haben: «Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein».
Herzlich
Konstantin Demeter
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Die TTV-News Nr. 19 vom 10. März 2023 mit folgenden Themen:
???? Die Eidg. Räte lehnen Waffenlieferungen an die Ukraine ab. 1:59
???? Eine «pro-ukrainische «Täterschaft» hinter der Nord Stream Sprengung. Was ist davon zu halten? 3:06
???? Viele Vorträge des Friedensforschers Daniele Ganser in Deutschland werden von den Behörden behindert. Oberbürgermeister Roland Klenk (CDU) lässt Ganser reden. «Ich halte mich ans Grundgesetz» 11:23
???? Die Lockdown-Leaks in Grossbritannien bringen die Regierung in Bedrängnis. Sie beweisen, dass die Omikron-Variante bewusst lanciert wurde. 13:39
???? Riesige Mengen von US-Kriegsmaterial stehen im polnischen Hafen Gdynia. Wohin werden sie transportiert? 16:45
???? Kriegsbefürworter machen sich in Schweizer Hochschulen breit. Alec Gagneux hat mit der Videojournalistin Nicole Hammer einen Vortrag von Manfred Sapper besucht. Was haben sie erlebt? 17:25
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???? Wie reagiert Nicolas Rimoldi auf die Kritik der Mainstream-Medien an seiner Friedenskundgebung vom kommenden Samstag? 25:00
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