Wo die Freiheit bedroht ist,
ist die Sprache bedroht und umgekehrt.
Heinrich Böll
Liebe Leserinnen und Leser
Heute ist der Tag zwischen den eigentlich wichtigsten Feiertagen des Christentums, Karfreitag und Ostersonntag. Der Samstag vor dem Fest der Auferstehung Jesu (der Karsamstag, nicht Ostersamstag) ist somit eine Art Umkehrpunkt, auch ein Innehalten, es ist der Tag der Grabesruhe nach dessen gewaltsamem Tod am Kreuz.
Ruhe, das bedeutet auch Sprachlosigkeit. Sprachlosigkeit angesichts des Todes. Sich darauf zu besinnen, kann heilsam sein, insbesondere in Zeiten, in denen Sprache massiv missbraucht wird. Wenn uns die Worte fehlen, wenn wir mit Worten ringen, dann ist das keine Schwäche, sondern oftmals eine menschliche Reaktion auf unmenschliche Zustände oder grossen Schmerz.
Die moderne Psychologie weiss heute, dass Schockzustände und traumatsche Erfahrungen dazu führen, dass wir nicht mehr klar denken und somit auch nicht mehr sprechen können. Angst und Gewalt machen uns also buchstäblich sprachlos! Das ist heute nicht anders als vor 2000 Jahren. Der sogenannte Fortschritt hat nichts an unserer Natur verändert.
Die Transhumanisten hingegen wollen buchstäblich alles daran verändern. Es ist bezeichnend, dass der grosse Sprung in der KI-Entwicklung gerade auf dem Gebiet eines Sprachprogramms (ChatGPT) stattfindet, das menschliche Kommunikation simuliert. Die Sprachlosigkeit angesichts des Schreckens kennt ein solches Programm nicht, da es vielleicht «Intelligenz», aber keinen Geist, keine Seele und auch keinen Leib besitzt, über den allein menschliche Erfahrungen möglich sind.
Wir vergessen selbst oft, so scheint mir, dass wir nicht bloss «intelligente» Wesen sind, sondern auch einen Körper und eine Seele haben. Was das Leben eigentlich ist, kann bis heute keine Wissenschaft erklären. Die Religion im Grunde auch nicht, doch sie gibt immerhin Hinweise und gerade Ostern kann uns daran erinnern, dass die Bedeutung des Lebens erst durch die Realität des Todes erkennbar wird.
Ein interessantes Gedankenspiel zur Geschichte der Menschheit im Ganzen und dazu, was denn mit Jesus am Kreuz «wirklich» geschehen sein könnte, zeigt der Film «The Man From Earth», den ich Ihnen für die Ostertage empfehlen möchte. Er stellt die Frage: Was wäre, wenn ein Mensch über Jahrhunderte, Jahrtausende auf der Erde leben würde, ohne je zu altern?
Der Film zeigt ein paar mögliche Antworten. Doch kommen wir zurück zum Thema Sprache. Die Sprache und das Denken, so eine bekannte philosophische Lehrmeinung, machen uns Menschen erst zum Menschen (als zoon logon echon oder animal rationale). Freilich ist das eine problematische Ansicht, wenn man darunter die rein verbale und schriftliche Kommunikation in einer oder mehreren Sprachen versteht, zumal dies eben mittlerweile auch von einer KI leistbar ist.
Menschliche Sprache im eigentlichen Sinne umfasst hingegen wesentlich mehr, non-verbale Kommunikation etwa, die insbesondere durch Musik und Tanz zum Ausdruck kommt. Und darum hier zum Abschluss ein Beispiel für ein «Gespräch», das garantiert nicht simulierbar ist, nur lebbar.
Herzlichen Gruss und frohe Ostern
Susanne Schmieden
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Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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