Es gibt keinen Weg zum Frieden,
denn Frieden ist der Weg.
Mahatma Gandhi
Liebe Leserinnen und Leser
«Erzähl mir doch vom Krieg» – als ich sieben Jahre alt war, sollte mir Oma Ursel vor dem Einschlafen Geschichten vom Krieg erzählen. Darunter jene, bei der sie den Zug und somit auch den Film in dem Kino verpasste, das just an diesem Tag ausgebombt wurde, jene von einem Ehepaar, das sich mit Pistolenschüssen im Wald umbrachte, aus Angst, von den Nazis gefasst zu werden, jene davon, dass Oma ihr Haus plötzlich mit Amis teilen musste, jene, dass jeden Morgen Schlangen von dünnen Zwangsarbeitern vor ihrem Haus in Richtung Munitionsfabrik liefen.
Vor 40 Jahren konnte mein kindliches Gehirn nicht fassen, dass sich diese Geschichten wirklich zugetragen haben. Noch weniger konnte ich von der Warte eines Kindes aus begreifen, welche Traumata mein Opa durch die Kriegsgefangenschaft, durch einen Schuss in sein Ohr, der ihn fast taub machte, durch eine Verletzung am Knie und durch die ständige Todesangst erlitten hatte.
Im Erwachsenenalter sprachen wir kaum noch über den Krieg, meine Grosseltern hatten den Weg der Verdrängung gewählt. Vor ihre traumatischen Erinnerungen und die Spuren des Leids zogen sie einen schweren Vorhang, ihr Leben sollte von Reisen, gutem Essen und Abenden mit lustigen Liedern bestimmt sein. Mein Opa war ein begnadeter Klavierspieler und meine Oma trällerte ihre Lieder dazu. Ich denke, dass sie ihre Kriegstraumata nie richtig aufgearbeitet haben.
Erst die Generation meiner Eltern setzte sich vor dem Hintergrund des Vietnam-Kriegs wieder aktiv für den Frieden ein. Eine der wichtigsten Zusammenkünfte der Friedenskämpfer war wohl das Musikfestival Woodstock vor 54 Jahren. Etliche Lieder handelten von der Sehnsucht nach dem Weltfrieden: Richie Havens besang den Frieden in seinem Song «Freedom», Jimi Hendrix kritisierte den Vietnamkrieg und die USA mit dem Lied «The Star Spangled-Banner» und die Band Paul Butterfield Blues Band spielte das ironische Antikriegslied «Love March».
In der westlichen Welt können wir uns kaum ausmalen, wie es ist, in einem Krisengebiet wie dem Gaza-Streifen oder in einem Kriegsgebiet wie Nigeria, Somalia, der Republik Kongo oder in der Ukraine zu leben. Seit der Aufrüstung de Vertragsstaaten von NATO und des Warschauer Pakts mit Atomwaffen in den 1950er Jahren wuchs eine neue Friedensbewegung heran, die sich etwa mit den Ostermärschen eine jährliche Demonstrationsform schuf.
Am 12. April 1957 widersprach die Göttinger Erklärung von 18 anerkannten westdeutschen Atomwissenschaftlern (darunter die Nobelpreisträger Max Born, Otto Hahn und Werner Heisenberg) den bekannt gewordenen Regierungsplänen für Atomwaffen in Deutschland und denen, die Bundeswehr mit Atomwaffen auszurüsten, beziehungsweise diese im Rahmen der NATO auf deutschem Boden aufzustellen.
Später kam die Kampagne für Demokratie und Abrüstung hinzu. Die Göttinger Wissenschaftler um Carl Friedrich von Weizsäcker schufen mit der Zeitschrift Atomzeitalter ein Forum, das die Kritik an der Einbeziehung von Atomwaffen in die westliche und östliche Militär- und Sicherheitspolitik aufrechterhielt und die Basis für eine unabhängige Friedensforschung in Deutschland legte.
In den 1960er Jahren kristallisierte sich die Friedensbewegung im Rahmen der internationalen Opposition gegen den Vietnamkrieg heraus und trat dann zeitweise zurück. Erst mit neuen Aufrüstungsschritten und -plänen der NATO ab 1979 entstand in einigen westlichen Staaten eine breite, länderübergreifende und auf Zustimmung grosser Bevölkerungsteile gestützte Friedensbewegung.
Seit den Interventionskriegen der 1990er Jahre trat von Fall zu Fall eine Antikriegsbewegung hervor, die jedoch nicht mehr die Massenbasis und den Organisationsgrad der 1980er Jahre erreichte.
In der heutigen Diskussion um den Ukraine-Krieg sind Sprecher der weltweiten Friedensbewegungen indes nur selten zu hören. Woran das wohl liegt? Vielleicht daran, dass Friedensaktivisten keine Lobby haben? Vielleicht daran, dass sich mit Frieden kein Geld verdienen lässt?
Insgesamt 47,9 Milliarden Euro haben allein die USA der Ukraine zugesichert, womit die Regierung der grösste Unterstützer des Ukraine-Kriegs ist. Etwa die Hälfte davon ist für militärische Zwecke vorgesehen, darin enthalten sind unter anderem Waffenlieferungen. Hinzu kommen Finanzhilfen und humanitäre Hilfen im Wert von rund 25 Milliarden Euro.
Friede oder Frieden (von althochdeutsch fridu «Schonung», «Freundschaft») lässt sich definieren als ein heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend «Friedfertigkeit» und damit verbundener Friedensbemühungen.
Die Buddhisten vergleichen den inneren Frieden mit einem weiträumigen, sauberen Raum – ohne unwichtige, alte oder kaputte Dinge. Nachdem der Mensch also seinen Geist von unwichtigen und negativen Gedanken geleert hat, soll er ihn mit Glück und Zufriedenheit füllen.
Ich halte es für wichtig, solche Organisationen wie das Netzwerk Friedenskooperative, Bund für Soziale Verteidigung und die Internationale Friedensfabrik Wanfried zu unterstützen, damit sie eine stabile Plattform in der Öffentlichkeit erhalten.
Jeder einzelne von uns sollte sich tagtäglich für den Frieden einsetzen. Die Erzählungen meiner Grossmutter haben mich für immer geprägt, so sehr, dass ich, egal bei welchen Konflikten, friedliche Lösungen bevorzuge und den Frieden als eines der höchsten Güter unserer Zivilisation erachte. Ich wünsche Ihnen eine friedvolle Woche.
Herzlich
Lena Kuder
[email protected]
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