Ich habe Journalisten nie gemocht.
Ich habe sie alle in meinen Büchern sterben lassen.
Agatha Christie
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, ist zu einer Zwangspause von sechs Monaten verdonnert worden. Ihm werden mutmassliche Verstösse gegen den «Code of Conduct» des Ringier-Verlags vorgeworfen, zu dem die grösste Schweizer Boulevard-Zeitung Blick gehört.
Über die genauen Umstände gibt sich der Blick kryptisch. Es ist von «bevorzugter Behandlung einer bestimmten Mitarbeitenden-Gruppe und eine zu wenig klare Differenzierung von Privat und Geschäft» die Rede. Ringier will die Vorwürfe überprüfen und aufklären.
Das gibt Anlass zu Spekulationen. Was unter «persönlicher Bevorzugung» zu verstehen ist, kann der Fantasie des Lesers überlassen werden. Vielleicht ist die Standard-Marketing-Formulierung ein Hinweis auf weitere Vergehen oder vorangegangene Handlungen, die Dorer für seinen Job untragbar gemacht haben. Glaubt man der Meldung von Blick, so steht es mit der eigenen Betriebskultur nicht zum Besten.
Jedenfalls war Dorer während der Coronakrise einer der medialen Chefhetzer und Spaltungsapologeten und machte im Chor des gouvernementalen Einheitsbreis regelmässig mit verbalen Scheusslichkeiten und rhetorischen Entgleisungen auf sich aufmerksam.
Diese distanzlose und unkritische Subalternität gegenüber der Regierungs-Agenda war wohl kein Zufall, wie man mittlerweile aufgrund der engen Verbandelung von Gesundheitsministerium und dem Ringier-Verlag weiss. Letzterer mutierte dabei zu einer Art Presse-Megafon a votre service des helvetischen Corona-Generals, Bundesrat Alain Berset.
Interessant dabei ist, dass Ringier-CEO Marc Walder nach den Enthüllungen rund um die Corona-Leaks kürzlich konzernintern zurückgestuft wurde. Es ist nicht klar, ob Dorers Zwangsbeurlaubung damit zusammenhängt.
Verwundern würde es nicht, war es doch Dorer, der selbst nach dem Bekanntwerden der klebrigen Nähe seines Mediums zur Regierung noch den Mut aufbrachte zu behaupten: «Niemand beeinflusst Blick!» Für wie dumm hält Dorer sein Publikum?
Auch interessant ist, dass sich das Ringier-Management erst jetzt auf den Code of Conduct beruft, denn Dorers Corona-Schlachtrufe dürften kaum zum Ringier-Selbstverständnis der «hohen ethischen Standards» gepasst haben. Auch nicht zum Grundsatz der journalistischen Integrität (S. 11):
«Die Redaktionen verpflichten sich zur Achtung der Privatsphäre sowie zum korrekten Umgang mit Informationen, Meinungen, Bildern und sonstigem geistigem Eigentum.»
Die meisten hehren Ziele des Code of Conduct fallen unter die Kategorie gesunder Menschenverstand. Geltende Gesetze, zum Beispiel bezüglich Diskriminierung, reichen wohl nicht aus. Es braucht zusätzlich ein hausinternes Erziehungsprogramm. Dieses Phänomen begrenzt sich freilich nicht auf Ringier.
Und man fragt sich, weshalb in einem Medienunternehmen das Thema «Journalistische Integrität» auf diesem Dokument der sakrosankten Mitarbeiter-Pädagogik erst gegen Schluss aufgeführt wird. Alles scheint wichtiger: Leadership, Gleichberechtigung, Umwelt, Datenschutz, Eigentum. Seriöser Journalismus ist Beilage.
Herzliche Grüsse
Armin Stalder
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