Tanzen, Englisch, Abtreiben, Mathematik – wenn ich das in meiner Jugend gelernt hätte und diese vier Elemente heute beherrschte, wäre mein äusseres und inneres Leben anders verlaufen.
Gottfried Benn
Liebe Leserinnen und Leser
Jugendlicher Protest ist so alt wie die Klagen der Älteren darüber. «Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süssspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.» Das soll Sokrates bereits im antiken Griechenland gesagt haben. Im Laufe der Geschichte hat es ähnliche Klagen zu fast allen Zeiten immer wieder gegeben, Grundtenor: Die Jugend ist aufmüpfig und gehorcht nicht.
Nun, könnte man heute sagen, das ist nicht nur ihr gutes Recht, sondern auch gewissermassen die Aufgabe der Jugend. Sie muss sich auflehnen, denn sonst würden die Fehler der Vorgängergeneration wiederholt werden, es fände keine Entwicklung statt. Insofern ist es doch wunderbar, dass es heute wieder eine grosse Jugend-Protestbewegung gibt, die sich auch noch für hehre Ziele einsetzt, anstatt sinnlos zu randalieren oder Drogen zu nehmen. Könnte man meinen.
Bei der heutigen Protest-Generation, deren eine Ausformung sich selbst verstörenderweise als «Die letzte Generation» bezeichnet, gibt es jedoch einige Auffälligkeiten und Anomalien.
Das beginnt mit dem «professionellen» Web-Auftritt, der eher an ein hippes Start-up oder eine PR-Agentur erinnert als an eine Jugend-Protest-Bewegung. Dass auf dem sympathisch erscheinenden Gruppenfoto noch einige Maskenträger zu sehen sind, macht die Sache nicht besser. Immerhin waren es ja nicht selten die moralisierenden und vermeintlich gegen den Staat agierenden «Klima-Kleber», die in der C-Zeit vehement und gehorsam den Kurs der Regierung verfolgt haben.
Dubios und endgültig eine PR-Kamapagne (sprich: Propaganda vom Feinsten) wird das Ganze jedoch, wenn man sich anschaut, wer die Proteste finanziert. Es handelt sich dabei um den «Climate Emergency Fund», eine Organisation die sich einer «High-Impact Philanthropy» verschrieben hat und unter anderem von einer reichen Öl-Erbin finanziert wird. Wie glaubwürdig das ist, kann sich jeder selber fragen.
Es stellt sich hier unweigerlich die Frage, ob die junge Generation und ihre in Teilen mehr als legitime Unzufriedenheit mit der Welt, in die sie hineingewachsen ist, nicht skrupellos missbraucht und verletzt wird. Auf der anderen Seite sind einige der Protagonisten und Protagonistinnen alt genug und auch klug genug, um das zu durchschauen.
Das Problem ist indes ohnehin tiefgreifender und betrifft unsere Vorstellungen von «Bildung» im Allgemeinen. Fakt ist: Nicht erst seit dem vor allem moralischen Total-Zusammenbruch in der C-Krise verliert unser Bildungssystem immer mehr seine Legitimation, denn das faktische Können und Wissen von Schülerinnen sowie Studenten nimmt seit Jahren ab, und zwar in so grundlegenden Kulturtechniken wie dem Lesen! Das hat logischwerweise auch Auswirkungen auf die Demokratiefähigkeit, die mittlerweile ganz offen gar nicht mehr erwünscht ist. Siehe die Diskussionsverweigerungen bei den Themen Corona und Ukrainekrieg.
Der mündige Bürger (und ja, auch die mündige Bürgerin) sind nicht mehr der Horizont der Bildung und dementsprechend wurde das Bildungssystem bereits seit Jahrzehnten umgebaut, Stichworte: PISA, «Credit Points» (eine Vorstufe zu Social-Credit-Systemen), «Kompetenzorientierung», Digitalisierung. Dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.
Für heute wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende sowie interessante Begegnungen mit der Jugend und ihren Vorgängergenerationen.
Herzlich
Susanne Schmieden
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Hinweise:
Die Internationale Friedensfabrik Wanfried organisiert am Ostersonntag, 9. April 2023, von 14 bis 16 Uhr einen Friedensspaziergang auf der früheren Ost-West-Grenze in Grossburschla.
Die Veranstalter planen, eine Online-Beteiligung zu ermöglichen. Anmeldungen unter: [email protected], Weitere Informationen: Tel.: Wolfgang Lieberknecht: +49-176-437 733 28 und auf Facebook. Für Personen, die aus anderen Regionen anreisen, gibt es Übernachtungsmöglichkeiten.
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Die TTV-News vom 24. März 2023 mit folgenden Themen:
???? Inhaltsübersicht (00:35)
???? Klimaskeptizismus, bald eine Straftat? (01:55)
???? Waffen mit abgereichertem Uran für die Ukraine (03:28)
???? Joachim Gauck kritisiert auf Einladung von Radio SRF einen bereits gefällten Entscheid der Eidg. Räte (07:05)
???? Die Credit-Suisse-Lösung war Diebstahl (08:52)
???? Gespräch mit dem Friedensaktivisten Alec Gagneux (19:31)
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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