Was wir Zufall nennen,
ist der Zufluchtsort der Unwissenheit.
Spinoza
Liebe Leserinnen und Leser
Was kann ich wissen? So lautet nach Kant die erste der vier Grundfragen der Philosophie. Es handelt sich dabei um eine letztlich metaphysische Frage, die jedoch den Rahmen für die philosophische Teildisziplin der Erkenntnistheorie bildet. Erkenntnistheorie wiederum ist letztlich Grundlage jeder Wissenschaft. Eine Wissenschaft, die nicht mehr über ihre eigenen Grundlagen und Grenzen reflektiert, ist keine mehr.
Im heutigen Wissenschaftsbetrieb wird dies kaum noch beachtet, im Gegenteil: «Wissenschaft» ist oft keine ergebnisoffene Forschung mehr, sondern buchstäblich auftragsabhängiges Schaffen von Wissen.
Das hat auch Einfluss auf die «Multiplikatoren» von Wissen. Die ursprüngliche Idee der Enzyklopädie ist spätestens durch die Plattform Wikipedia ebenfalls pervertiert worden. Den meisten Lesern von Transition News dürfte auch die minutiöse Recherchearbeit von Markus Fiedler und Dirk Pohlmann bekannt sein. Allen anderen seien insbesondere deren Dokumentarfilme zur Wikipedia zum Studium empfohlen.
Nun haben die beiden in ihrer aktuellen Folge der Sendung «Wikihausen» das Thema der durch Multipolar freigeklagten RKI-Protokolle und der Darstellung des Falls bei Wikipedia behandelt. Wenig überraschend: Multipolar wird in dem Wikipedia-Artikel natürlich mit den üblichen Kampfbegriffen bedacht. Demnach sei das Magazin «verschwörungstheoretisch» et cetera. Dies wird in mehreren Varianten wiederholt und durch Aussagen diverser Medien und Personen «untermauert».
Auch wenig überraschend für Kenner der «Wikihausen»-Recherchen: Hauptverantwortlich für den Artikel ist ein einziger, dort bereits bekannter Nutzer, nämlich derjenige mit dem Pseudonym «Phi». Das Muster der «Argumentation» im vermeintlich neutralen Lexikon ist immer gleich: Es werden sich selbst bestätigende «Quellen» herangezogen, das heißt bloße Aussagen, ohne jede faktische Grundlage. Umgekehrt werden Kritiker und kritische Medien ad personam diffamiert, meist lediglich auf Grundlage abstruser Unterstellungen.
«Verschwörungstheoretisch» in allen möglichen Abwandlungen ist dabei sozusagen das Joker-Wort, das noch dazu kaum je definiert wird. Implizit wird damit jeweils gesagt, dass jede Form der Recherche und Darstellung von Zusammenhängen schon dubios sei. «Es ist halt alles Zufall. Bitte gehen Sie weiter. Es gibt hier nichts zu sehen. Stellen Sie bloß keine Fragen.»
Das ist so grotesk, dass es fast sprachlos macht. Die Details in diesem Fall können Sie im Video nachschauen. An einer Stelle fassen Fiedler und Pohlmann die Sachlage in Bezug auf den Artikel ironisch so zusammen: «Merke: Phi bestimmt, was eine relevante Stimme ist.» Es gilt also nicht mal mehr: Wissen ist Macht. Sondern vielmehr: Macht macht relevantes Wissen.
Wichtig ist mir an dieser Stelle wieder einmal der übergeordnete Blick: Die Verhältnisse in Wikipedia sind nicht einfach nur Missstände in irgendeiner Organisation. Sie entsprechen vielmehr exakt dem wissenschaftlichen und medialen Zeitgeist. Ich habe dieses Phänomen einmal «Objektivierung von Subjektivität» genannt. Und umgekehrt. Man könnte es auch einfach totale Willkür nennen. Soll heißen: Aus Meinungen und Diffamierungen werden Fakten, aus harten Fakten werden «irrelevante Einzelstimmen».
Was also können wir wissen? Diese Frage sollten wir uns auch beim Tagesgeschehen immer wieder stellen. Dabei einerseits bescheiden zu bleiben, gebietet die erkenntnistheoretische Demut. Wir können tatsächlich nur sehr wenig wissen.
Andererseits sollten wir uns aber auch nicht für dumm verkaufen lassen. Wie es auch Paul Schreyer kürzlich formuliert hat: «Journalismus ist keine Verschwörungstheorie.» Und wissenschaftliche Forschung ebenfalls nicht. Wer sich hingegen immer mit dem «Zufall» als Erklärung abspeisen lässt, verharrt freiwillig an einem ihm möglicherweise von anderen zugedachten Zufluchtsort der Unwissenheit.
Herzliche Grüße
Susanne Schmieden
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