Ich mahne unablässig zum Frieden;
dieser, auch ein ungerechter,
ist besser als der gerechteste Krieg.
Cicero
Liebe Leserinnen und Leser
Wehret den Anfängen. Denn Deutschland ist seit einigen Jahren wieder einmal an vorderster Front dabei, wenn es um Zensur geht. Wir erinnern uns an das berüchtigte, 2017 verabschiedete, zungenbrecherische Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gegen die sogenannte «Hasskriminalität».
Demnach sind Internet-Plattformen verpflichtet, «offensichtlich rechtswidrige» Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu entfernen. Offensichtlich ist dabei allerdings einzig, dass diese Portale die Rolle der Justiz übernehmen müssen. Und da der Begriff «Hasskriminalität» beliebig dehnbar ist, führt das Gesetz zur Zensur allerlei unliebsamer Informationen.
Dann waren beispielsweise deutsche Politiker sowie die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) im Jahre 2021 massgeblich dafür verantwortlich, dass der deutschsprachige russische Sender RT.de in Europa nicht über Satellit senden durfte. Hannes Hofbauer sieht damit in seinem Buch «Zensur» «eine neue Eskalationsstufe erreicht». Er kommentiert:
«Der Durchgriff der Medienanstalt auf einen privatrechtlichen Vertrag und eine international gültige serbische Linzenz zeugt jenseits aller rechtlichen Grundlagen vom unbedingten Willen Berlins, keine Meinung ausser jener, die zwischen Tagesschau, Spiegel und Bild oszilliert, in deutschen Haushalten dulden zu wollen. Dass dies gleichzeitig auch alle anderen deutschsprachigen Haushalte in Österreich, der Schweiz, Luxemburg und wo auch immer betrifft, kann nur mehr mit einer deutschen kolonialen Attitüde erklärt werden, an der Europa und die Welt nicht das erste Mal zu leiden haben.»
Als «vorläufig letzten Baustein zur Errichtung einer post-demokratischen deutschen Presselandschaft» erachtet Hofbauer den Ende 2020 in Kraft getretenen Medienstaatsvertrag. Damit kontrollieren eigens dafür eingerichtete Behörden in den Bundesländern die digitale Kommunikation, inklusive Blogger oder Streamer. Brisant an diesem Gesetz: Von den Anbietern wird explizit gefordert, die Nachrichten vor ihrer Verbreitung unter anderem auf deren «Wahrheit» hin zu überprüfen. Hofbauer meint dazu, dass:
« … die Definition von Wahrheit beziehungsweise ihre Missachtung keine hoheitliche Aufgabe sein dürfte – ausser in den Ländern, in denen Meinungs- und Pressefreiheit eben stark eingeschränkt sind. Deutschland gehört spätestens seit der Implementierung des Medienstaatsvertrags dazu.»
Die russische Invasion in die Ukraine hat die Repression gegen die Meinungsvielfalt nochmals verschärft. So wurde sogar der Buchstabe «Z», der häufig auf Panzern und Uniformen der Russen zu sehen ist, in mehreren deutschen Bundesländern unter gewissen Umständen unter Strafe gestellt. Grundlage dafür ist Paragraph 140 des Strafgesetzbuches, der das Billigen bestimmter Straftaten verbietet. Eine Zuwiderhandlung kann bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe zur Folge haben.
Letzte Woche traf dieser Paragraph nun einen Mann in Hamburg. Er wurde wegen «Pro-Putin-Propaganda» verurteilt, berichtete die Hamburger Morgenpost. In dem Verfahren sei es um den Vorwurf der Billigung von Straftaten in 44 Fällen gegangen. Laut Anklage hatte der 32-Jährige in sozialen Medien die russische Invasion gerechtfertigt und die Ukraine unter anderem als «Terrorstaat» bezeichnet. Ausserdem habe er das russische Kriegssymbol «Z» benutzt.
Die Hamburger Morgenpost teilt mit, dass der Mann ein «mehrfach einschlägig vorbestrafter Rechtsextremist» sei. Woher das Blatt das weiss? Aus «übereinstimmenden Medienberichten».
Konkret erfahren wir lediglich, dass der Mann im April von einem Berliner Amtsgericht wegen eines tätlichen Angriffs auf einen Journalisten nach einer Kundgebung gegen die Covid-Massnahmen im Dezember 2021 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war. Er hätte einem filmenden Berliner Tagesspiegel-Reporter ein Mobiltelefon entrissen und ihm vor die Brust gestossen, so die Hamburger Morgenpost. Das Gericht wertete das als «räuberischen Diebstahl und Körperverletzung».
Aus juristischen Gründen musste nun eine Gesamtstrafe mit der neuesten Klage gebildet werden, weswegen der Mann zu dreienhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Darin enthalten ist auch ein Urteil wegen des Besitzes eines verbotenen Einhandmessers.
Der Hamburger Morgenpost zufolge wurde in dem Verfahren ein weiterer Angeklagter zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. In diesem Fall ist die Begründung «Beihilfe zur Billigung von Straftaten in drei Fällen sowie Waffenbesitz». Der 35-Jährige soll im Auftrag des Hauptangeklagten unter anderem das Logo des Telegram-Kanals mit einem «Z» versehen haben. Auch beim zweiten Angeklagten handelte es sich bei der Waffe um ein Einhandmesser. Gemäss der Hamburger Morgenpost ist er ebenfalls mehrfach vorbestraft. Weswegen erfahren wir nicht.
Eines ist jedenfalls klar: Wenn die Meinungsfreiheit mit Gesetzen eingeschränkt werden muss, macht sich der Gesetzgeber zum Sheriff des Einheitsdenkens und der Propaganda. Und das ist gleichzeitig eine Voraussetzung für ein totalitäres Systems und ein Merkmal eines solchen. Man ist somit auf dem besten Weg zu einem Orwell’schen «Wahrheitsministerium».
In solch kriegerischen Zeiten ist das umso gefährlicher. Denn auch die Ansicht von Jeffrey Sachs, dass der Krieg in der Ukraine von den USA provoziert wurde, wäre demnach strafbar. Und diese Erkenntnis über die Verursacher findet der US-Ökonom wichtig für den Frieden. Grund genug, dieser gefährlichen Zensur entschieden entgegenzutreten.
Herzlich
Konstantin Demeter
***********************
Hinweise:
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag zu unserer journalistischen Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!

***********************

Hier finden Sie unsere neuen Podcasts.
***********************

Die TTV-News vom 26. Mai 2023 mit folgendem Thema:
- Der gescheiterte Versuch einer Frühlingsoffensive 02:06
- Der Fall von Bakhmut 4:07
- G7-Gipfel in Hiroshima 5:02
- Der ukrainische Geheimdienst eliminiert Russland-Sympathisanten in der egenen Bevölkerung 7:52
- Wie die Medien Friedensbotschaften in ihr Gegenteil umkehren 9.02
- Wie perfekt die globale Kommunikationsmaschine läuft 10.08
- Sind die alternativen Medien wirklich so viel besser? 13.05
- Die besten alternativen Portale, gemäss ChatGPT: 16.04
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
Sie finden uns auf folgenden Kanälen und Plattformen:
Telegram│Rumble│Instagram│Facebook│YouTube
***********************