Um ein Leben voller Kreativität zu leben,
müssen wir unsere Angst vor dem
Versagen ablegen.
Joseph Pierce
Liebe Leserinnen und Leser
Es gab Zeiten, da fieberten Kinofans monatelang den Filmpremieren entgegen. In den alten, mit stuckbesetzten Lichtpalästen durfte geraucht werden. Vor dem Start fuhr die Eisfrau mit Eiskonfekt, Cola und Bier durch die Reihen. Der Betrachter durfte tief in dem samtenen Sessel versinken und in die Welt der Abenteuer, Dramen und Liebesgeschichten eintauchen. Für wahre Filmfreaks gab es gar Themennächte. Ich erinnere mich noch gut an einen sechsstündigen David Lynch-Marathon in Berlin-Mitte.
Der Filmgenuss war das eine, die anschliessende Diskussion bei einem Bier in einer schummrigen Bar das andere. Dabei konnte man stets von den Film-Nerds zehren, die sich gut an gewisse Szenen und Dialoge erinnerten und diese voller Enthusiasmus vor den weniger Bewanderten ausbreiteten. Heute, 25 Jahre später, dominieren in den meisten Städten riesige Kinos – meist in Einkaufszentren – die vorwiegend Blockbuster zeigen.
Die Fabrik der Träume in einem Shopping Centre, damit man sich bei McDonald’s um die Ecke bei Big Mac und einem Liter Cola die härtesten Schläge und coolsten Sprüche in Erinnerung rufen kann. Ich möchte an dieser Stelle nicht als abgehobene Bildungsbürgerin daherkommen. Über Geschmack lässt sich bekanntermassen streiten, dennoch möchte ich festhalten, dass einige Wissenschaftler in den vergangenen zwei Jahren darauf hingewiesen haben, dass wir es mit einer generellen Verarmung unserer geistigen Fähigkeiten zu tun haben. Das Portal Bornemann Aktuell geht in einem Artikel gar der Frage nach, ob die Ursache für die Verrohung der Gesellschaft durch eine Verunglimpfung der Sprache zustandekommen könnte.
Plasmabildschirme, Projektoren und Streamingdienste wie Netflix laufen dem Kino immer stärker den Rang ab. In vielen deutschen Kinos kostet der Eintritt heute bis zu 10 Euro, sodass das Heimkino für Familien in prekären Verhältnissen die einzige Option bleibt. In Deutschland hat der Verband der Filmverleiher darauf hingewiesen, dass die Kinos 60 Prozent weniger Tickets verkauften als in den Jahren vor der Corona-Krise. Kultur ist geistige Nahrung. Unser Geist verkümmert ohne sie.
Wir werden zu funktionierenden, fleissigen, aber verbitterten Arbeitstierchen, wenn wir unserem Geist keine Mussestunden gönnen. Deshalb bitte ich Sie von Herzen, dass sie jedes kleine Kino oder Theater bei Ihnen um die Ecke so oft besuchen, wie es Ihnen nur möglich ist. Die durch die Lockdowns angeschlagenen Kinobetreiber und Theaterdirektoren werden es Ihnen danken. Ich wünsche Ihnen eine Woche voller Mussestunden ... vielleicht ja im Kinosaal.
Herzlich
Lena Kuder
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Die TTV-News vom 24. März 2023 mit folgenden Themen:
???? Inhaltsübersicht (00:35)
???? Klimaskeptizismus, bald eine Straftat? (01:55)
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???? Die Credit-Suisse-Lösung war Diebstahl (08:52)
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Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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