Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, dass das,
was wir Wirklichkeit getauft haben,
eine noch grössere Illusion ist als die Welt des Traumes.
Salvador Dalí
Liebe Leserinnen und Leser
Noch immer ist nicht klar, wer hinter den Anschlägen auf die Nord Stream-Pipelines im vergangenen Jahr steckt. Die Grossmächte USA und Russland schieben sich selbstredend gegenseitig die Schuld zu. In der Öffentlichkeit hat das Thema zuletzt wenig Raum eingenommen. Nun kommt neuer Wind in die Sache.
Wie der legendäre US-Investigativ-Journalist Seymour Hersh durch eine Quelle herausgefunden haben will, war die Sabotage ein kooperativer Akt von US-amerikanischen und norwegischen Spezialkräften. Hershs Long-Read-Stück ist lesenswert. Gönnen Sie sich die deutsche Übersetzung auf unserer Seite oder drucken Sie sich den Text aus und teilen Sie den Link.
Von offiziellen US-amerikanischen und norwegischen Stellen erhielt Hersh entweder Dementierungen oder gar keine Antworten zu den Vorwürfen. Das ist nicht viel, aber genug, um aus den Reaktionen gewisse Rückschlüsse zu ziehen. Hershs Behauptungen seien falsch und erfunden, so der Tenor aus dem Weissen Haus und der CIA. Norwegens Botschaft blieb stumm.
Brisant ist Norwegens mutmassliche Verwicklung in die verdeckte Operation allemal. Denn sollten sich die Verstrickungen des Landes in den Fall bewahrheiten, so müsste die Sabotage als Kriegserklärung verstanden werden – ein schwerer Schlag für Norwegens Image als friedliebendes Land.
Eine besondere Rolle dabei kommt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu. Er war acht Jahre lang norwegischer Ministerpräsident, bevor er 2014 mit US-Unterstützung auf seinen jetzigen Posten gehievt wurde.
Er repräsentiert jene militärische Organisation, die von den USA für ihre geostrategischen transatlantischen Interessen genutzt wird. Er vertritt in dieser Funktion hegemoniale US-Interessen und ist natürlich bestens vernetzt in der Welt der norwegischen Politik.
Stoltenberg ist ein Zudiener von Uncle Sam, dem er weite Teile seiner Karriere verdankt. Man darf gespannt sein, ob und inwiefern Hershs Recherche in Norwegen wahrgenommen wird und was sie eventuell auslöst. Denn es ist kaum davon auszugehen, dass die norwegische Bevölkerung ein solches Verhalten ihrer Politiker und Behörden goutiert.
Norwegens Beteiligung ist gemäss Hersh im Rahmen einer in den vergangenen Jahren ausgebauten militärischen Zusammenarbeit mit den USA erfolgt. Plausible Motive für eine Sprengung gibt es vor allem auf der US-amerikanischen Seite mehrere.
Eines davon lautet, dass Russland durch den Wegfall von Nord Stream kein Gas mehr in Europa verkaufen und so den Krieg in der Ukraine nicht mehr finanzieren kann. Wahrscheinlicher aber sind Eigeninteressen.
Ein noch besseres Motiv ist langfristig angelegt: Auf strategisch-geopolitischer Ebene wird damit verhindert, dass in Westeuropa durch die Synthese von günstigem Rohstoff, Spitzentechnologie und Arbeitskraft eine ernsthafte Konkurrenz für die globale US-Vorherrschaft aufkommen könnte.
Bekanntlich ist dieses Ziel ein Eckpfeiler in der US-Aussenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg, unter anderem vertreten von Zbigniew Brzeziński, der zusammen mit Henry Kissinger als graue Eminenz der US-Aussenpolitik galt.
Ist es ein Zufall, dass die Sabotage kurz vor Inbetriebnahme von Nord Stream 2 erfolgte? Diese zusätzlichen Pipelines hätten die Rohstoffversorgung und Wirtschaftspotenz von Europa erhöht. Im Vorfeld hatte US-Präsident Joe Biden gedroht, dass man Wege finden würde, dies zu verhindern.
Wie wird Deutschland reagieren? Immerhin ist es mit Russland das Land, das den grössten Schaden aus diesem Akt der Sabotage davonträgt. Was bedeutet die Recherche für die amerikanisch-deutschen Beziehungen? Was, wenn Deutschland erkennt, selbst als treuer Vasall von den Amerikanern hintergangen worden zu sein, ausgerechnet von den eigenen Verbündeten?
Auch Norwegen hat ein Motiv. Wie die USA mit ihrem überteuerten und schmutzigen Fracking-Gas könnte es als erdgasreiches Land für die russischen Ausfälle einspringen. Ausserdem verlassen wichtige Industriekonzerne aus Schlüsselbranchen Europa wegen der unsicheren und teureren Energiesituation zunehmend Richtung USA.
Was könnte wiederum Russland zur Selbstsabotage motiviert haben? Sprengen Sie als Tankwart ihre eigene Tankstelle in die Luft?
Herzliche Grüsse
Armin Stalder
***********************
Hinweise:
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!

Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2022 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop:

Bestellung in CHF hier und in EUR hier.
***********************

***********************
«Aufrecht» und «Freie Liste» fordern etablierte Politik heraus
Am kommenden Wochenende stehen im Kanton Zürich die Kantons- und Regierungsratswahlen an (wir berichteten). Zahlreiche Bürger aus der Demokratie- und Bürgerrechtsbewegung, die mit den etablierten Parteien gebrochen und deren Corona-Politik verurteilt haben, stellen sich zur Wahl. Viele von ihnen kandidieren über den Verein «Aufrecht», der in mehreren Wahlkreisen mit der «Freien Liste» zusammenspannt.
Hier finden Sie die Kandidaten-Listen von «Aufrecht Zürich» und der «Freien Liste».
***********************

Hier finden Sie unsere neuen Podcasts.
***********************
Aktuelle Nachrichten gibt es auf TransitionTV.
???? Schweiz wird zur Kriegspartei
???? Windkraft bedroht indigene Völker & Urwälder
???? Hightech-Farmen als Gen-Food-Lieferant
???? Lebensretter und -schützer in Gefahr
???? Graswurzle spürt den Frühling
Sie finden uns auf folgenden Kanälen und Plattformen:
Telegram│Rumble│Instagram│Facebook│YouTube

***********************