«Και του χρόνου στην πατρίδα…!»
(dt. «Und nächstes Jahr in der Heimat»)
Ο επαναπατρισμός σας δεν ενεκρίθη.
(dt. Ihre Repatriierung wurde nicht genehmigt.
Stempel auf einem offiziellen griechischen Dokument,
adressiert an griechische Exilanten in Ungarn)
Liebe Leserinnen und Leser
Letzte Woche war ich in Ungarn. In Budapest suchten wir nach einem Grab. Wir wussten wenig über den Ende des 19. Jahrhunderts Geborenen. Beim Bürgerkrieg anschliessend an den Zweiten Weltkrieg hatte er sich auf der Verliererseite wiedergefunden. Die Linken, die sich exponiert hatten, sahen sich vor die Wahl gestellt: Gefängnis oder Exil. Wir wussten, dass er das ungarische Exil gewählt hatte und dort 1968 starb.
Die griechischen Exilanten durften dort ein Dorf gründen – es heisst Beloiannisz, genannt nach dem hingerichteten Freiheitskämpfer Nikos Belogiannis. Sie lebten dort, aber auch in Budapest, und hofften, eines Tages wieder in die Heimat zurückzukehren.
Die Griechen in Ungarn schrieben Bücher und verfügten über eine eigene Zeitschrift. Diese Druckprodukte zeugen von Heimweh und von der Hoffnung, dereinst die Heimat wiederzusehen, die ihnen derart übel mitgespielt hatte. «Και του χρόνου στην πατρίδα!» (dt. «Und nächstes Jahr in der Heimat») wünschten sie sich und stellten Repatriierungsanträge. Bis zum Amtsantritt der ersten Linksregierung von Ministerpräsident Andreas Papandreou lautete die Antwort meist: «Ο επαναπατρισμός σας δεν ενεκρίθη.» (dt. Ihre Repatriierung wurde nicht genehmigt.)
Vergebliche Hoffnung. Letzte Woche standen wir am Grab unseres Verwandten. Dieses besteht noch, ist aber arg verwittert.
Der Bürgerkrieg von 1944 bis 1948 hatte das Land gespalten. Die Tochter unseres Verwandten durfte ihren Vater nicht besuchen. Das hätte dazu geführt, dass sie aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden wäre. Um für den Staat zu arbeiten, musste man nach dem Bürgerkrieg in Griechenland bis in die 1970er Jahre ein Zertifikat haben, mit dem man bewies, dass man politisch unverdächtig war. Und das war man nicht, wenn man Kontakt zu einem Exilanten hatte.
Linke und Rechte besuchten je andere Kaffeehäuser, Familienmitglieder sprachen nicht mehr miteinander – man schenkte sich nichts. Jahrzehntelang.
Diese Spaltung der griechischen Gesellschaft dauerte bis in die 1980er Jahre. Bis ab 1981 die erste Linksregierung von Andreas Papandreou diese Zeitperiode aufarbeitete und denjenigen, denen Unrecht geschah, eine Entschädigung oder eine Rente zusprach, Repatriierungen ermöglichte und um Verzeihung bat.
Die Spaltung entstand nicht nur, weil die Gräben tief waren, sondern weil man sich nicht schnell die Hand zur Versöhnung reichte. Und wie Versöhnung geht, hat Griechenland, wenn auch sehr spät, vorgemacht. Heute gehen griechische Fernsehstationen nach Beloiannisz und berichten, der Umgang mit diesen Geschehnissen ist entspannt. Eben gerade, weil das ganze Leid in den Büchern steht und – spät, aber immerhin – aufgearbeitet wurde.
Zertifikat? Familienmitglieder, die ausgegrenzt werden? Freunde, die nicht mehr miteinander sprechen? An was erinnert uns das?
Richtig, an die Spaltung unserer Gesellschaft als Folge der Coronazeit. Das obige Beispiel zeigt, dass man nicht hoffen darf, dass nach einer kurzen Zeit einfach automatisch alles vergessen und verziehen ist, dass die Spaltung lange andauern kann, das Land belastet und kaum überwunden werden kann ohne eine unvoreingenommene Aufarbeitung.
Die Schweiz hat kaum Erfahrungen damit und täte gut daran, sich das warnende griechische Beispiel zu Herzen zu nehmen.
Der Link zur entsprechenden Volksinitiative ist hier. Wir von Transition News setzen uns jeden Tag für die Aufarbeitung dieser Spaltung ein.
Herzlich
Daniel Funk
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Hinweise:
Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
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