Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet,
dann bedeutet sie das Recht darauf,
den Leuten das zu sagen,
was sie nicht hören wollen.
George Orwell
Liebe Leserinnen und Leser
Wann haben Sie das letzte Mal etwas gelesen oder gehört, das Sie für vollkommen falsch hielten, oder gar jemandem zugehört, dessen Meinung Sie überhaupt nicht teilten – ohne sich darüber zu ärgern und ohne direkt etwas zu entgegnen, sei es verbal, in einem Kommentar im Internet oder einer emotionalen Nachricht?
Zugegeben, auch mir fällt das häufig schwer, und selbstverständlich ist es auch notwendig, dem Ausmass an grassierendem Unsinn etwas entgegenzusetzen. Allerdings heisst das nicht, dass man ständig auf alles reagieren muss, was nicht ins eigene Weltbild passt.
Wichtig für Journalisten und Wissenschaftler insbesondere, aber ebenso für jeden anderen, ist die Unterscheidung zwischen sachlichen Zusammenhängen und persönlicher Betroffenheit. Dazu gehört insbesondere auch die Anerkennung der eigentlich trivialen Tatsache, dass jemand, den ich aufgrund seiner Arbeit zu einem bestimmten Thema sehr schätze, nicht zwangsläufig bei jedem anderen Thema der gleichen Meinung sein muss wie ich selbst. Dies als Verrat zu betrachten oder als Angriff, zeugt meiner Ansicht nach von Unreife und auch Egozentrik.
Nichtsdestotrotz ist ein reflexhaftes Reagieren auf Irritationen der eigenen Ansichten insgesamt wohl eher die Regel als die Ausnahme, leider auch in den sogenannten alternativen Medien. Das können wir hin und wieder (zum Glück nicht sehr häufig) auch in unseren Kommentarspalten oder bei Rückmeldungen zu unseren Artikeln und Newslettern beobachten. Statt sachlicher Kritik oder Hinweisen zu unterlaufenen Fehlern – für die wir immer dankbar sind! – kommt es gelegentlich auch vor, dass sich jemand durch Ansichten, die seinen eigenen zuwiderlaufen, persönlich angegriffen fühlt.
Sicherlich, auch ich bin zuweilen irritiert über die Ansichten oder das Verhalten von Menschen, von denen ich – aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit Ihnen – etwas anderes erwartet habe. Allerdings liegt das in der Natur der Sache: Wir sind nun einmal nicht alle gleich und selbst bei Betrachtung der gleichen Sachlage kommen wir zu unterschiedlichen Schlüssen.
Das heisst keineswegs, dass man sich selbst nicht ernstnehmen soll oder, dass es keine gemeinsame Wirklichkeit gäbe, sondern es heisst, dass gerade diese Differenz mich sehr häufig dazu bringt, auch meine eigenen Überzeugungen zu hinterfragen.
Und nur, wenn ich mich nicht mit dem identifiziere, was ich zu einem bestimmten Thema zu wissen glaube, kann ich dann auch einmal gelassen reagieren und etwas einfach stehen lassen, wenn ich weiss, dass jemand komplett danebenliegt. Er wird es schon irgendwann selbst merken.
Diese Fähigkeit zur Reflexion darf zurecht von professionellen Journalisten und Journalistinnen erwartet werden, denn selbstverständlich hat jeder Annahmen, Meinungen und Wertvorstellungen, die er nicht permanent einzeln hinterfragt. Aber gerade am Umgang mit den Irritationen der eigenen Überzeugungen erkennt man, ob es jemandem tatsächlich um die Sache geht oder um Selbstbestätigung.
Ich möchte Sie darum dazu ermuntern, grundsätzlich hohe Erwartungen an Journalisten – also auch an uns – zu haben, sich aber gleichzeitig zu fragen, was die Dinge sind, die Sie selbst nicht hören wollen und warum.
Wir freuen uns immer über kontroverse Kommentare und Ansichten, die uns selbst zum Überdenken unserer Positionen bringen, können aber nicht garantieren, dass wir Ihnen immer das bieten, was Sie hören wollen. Wir bemühen uns allerdings, Ihnen das zu liefern, was Sie – unserer Ansicht nach – hören oder lesen sollten, um zu eigenen Schlüssen zu gelangen.
Herzlich
Susanne Schmieden
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Die TTV-News Nr. 18 vom 7. März 2023 mit folgenden Themen:
- Rufmord von Wikipedia an Clemens Arvay
- Medientipp: Politik aus anthroposophischer Sicht
- Und die grosse Frage: Was ist die Logik hinter den militärisch sinnlosen Panzerlieferungen?
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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