Wie wird man Bundesrat? Indem man lange schweigt.
Jean Ziegler, ehemaliger Schweizer Nationalrat und Soziologe
aus: Eine Schweiz - über jeden Verdacht erhaben
Liebe Leserinnen und Leser
Die Schweiz ist ein winzig kleines Land, aber eines der schönsten zugleich. Alpen und Seen verzaubern die Landschaft. Die Schweiz ist ein Wunderwerk. Doch die Schönheit kann auch blind machen, verzeihen Sie mir die Plattitüde.
Das sieht man heute: Die Schweizer Machteliten haben ihren geopolitischen Kompass mehr und mehr aus den Augen verloren.
Sie sind dabei, wichtige Fundamente dieses Landes preiszugeben. Im Eiltempo. Selbstvergessen. Die Neutralität wird gerade auf dem Altar der NATO-Anbindung geopfert.
Die humanitäre und diplomatische Schweiz, diese grossartige Errungenschaft aus dem Geiste Henri Dufours, einem Baumeister des Bundestaates von 1848, steht unter gewaltigem Druck.
Ohne falsch verstanden werden zu wollen: Die Schweiz kann man für vieles kritisieren: Sie war – und ist es teilweise nach wie vor – eine Geld- und Rohstoffdrehscheibe für unzählige Potentaten und Halunken weltweit. Gleichzeitig hatte sie auch stets eine humanitäre und diplomatische Seite.
Ronald Reagan und Michail Gorbatschow trafen sich 1985 in Genf und sprachen über Abrüstung. Auch Joe Biden und Wladimir Putin begegneten sich 2021 in der Calvin-Stadt – leider ohne Erfolg, wie wir lernen mussten. Heute wäre das kaum noch möglich.
Russland wird die Schweiz künftig als Ort für diplomatische Verhandlungen wohl kaum noch in Betracht ziehen. Sie steht längst auf der Liste «feindlicher Länder». Durch die Ukraine-Politik verabschiedet sich die Schweiz immer mehr von ihrer Neutralität.
Wirtschaftssanktionen, NATO-Annäherung, anvisierte Lockerungen bei den Waffenlieferungen: Die Liste ist lang. Da nützt es auch nichts, wenn der Bundesrat gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Schweiz ein «neutraler Staat» sei. Ein Treppenwitz, im besten Fall.
Natürlich war die Neutralität auch in der Vergangenheit für die Schweiz oftmals mehr PR als Realität. Die Schweiz war politisch schon immer enger verdrahtet mit den westlichen Grossmächten. Zwischen 1923 und 1946 gab es zwischen der Schweiz und Russland keine diplomatischen Beziehungen.
All das war auch Bernard Montgomery bewusst, der als Sieger über Erwin Rommels Afrikakorps in der Schlacht von El-Alamein zu Weltruhm gelangt und von 1951 bis 1958 stellvertretender Oberbefehlshaber der NATO gewesen war.
Montgomery wies die Schweizer Bundesräte Max Petitpierre und Karl Kobelt 1953 in einem Gutachten darauf hin, dass die Schweiz nicht in der Lage sei, ihre Neutralität zu behaupten.
Für die Westmächte beziehungsweise die NATO lautete die Devise stets: Wir akzeptieren zwar die Schweizer Neutralität, doch diese wäre im Kriegsfall ohnehin irrelevant geworden. Brisant: Kobelt verbot, das Gutachten weiteren Personen im Militärdepartement zugänglich zu machen.
Hinzu kommt: Auch in kultureller Hinsicht stand die Schweiz den Westmächten immer näher. Man denke nur an die Zeit des Kalten Krieges. Die publizistische Linie des helvetischen Blätterwalds war von einem rigiden Antikommunismus geprägt.
Trotzdem hat die Schweiz auch während des Kalten Krieges immer gute Verbindungen zu Russland gepflegt. Und die Türen für Verhandlungen und internationale Diplomatie standen fast immer offen. Heute ist das anders.
Das haben machthungrige US-Politiker und Unternehmer auch längst begriffen. Sie machen inzwischen Druck auf die Schweiz, russische Gelder nicht mehr in den Osten zurückzuschicken: darunter der US-Senator Roger Wicker und der Unternehmer Bill Browder.
Ersterer ist bereits an den US-Aussenminister gelangt. Er fordert, dass Antony Blinken nun bei Ignazio Cassis entsprechend interveniert. Geht’s noch? Letzterer ist sogar noch dreister.
Browder, ein Spekulant, der sich im Zuge der Privatisierungswelle im Osten ein Vermögen aufgebaut hat und in Russland wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, wirft der Schweiz vor, «illegales Geld an (…) Täter» zurückzugeben. Täter: Das sind für ihn eigentlich nur Russen (wir berichteten).
Browder führt seit mehr als zehn Jahren eine antirussische Kampagne. Seine guten Verbindungen zu höchsten Kreisen in der US-Politik haben dazu geführt, dass die USA 2012 den Magnitsky Act verabschiedeten.
Das war der Beginn der US-Sanktionen gegen Russland, die dann ab 2014 kontinuierlich verschärft wurden. Um Menschenrechte ist es Browder, der sich gerne als Menschenrechtsaktivist sieht, noch nie gegangen.
Doch wo bleiben eigentlich die Schweizer Politiker mit Rückgrat, die den Spekulanten und US-Politikern einmal die Leviten lesen? Im Verurteilen von Putin sind die gleichen Leute ja auch nicht so schüchtern.
Herzliche Grüsse
Rafael Lutz
[email protected]
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