UBS ist nicht ‹too big to fail›.
UBS-Präsident Colm Kelleher
Liebe Leserinnen und Leser
Der bullige Ire Colm Kelleher, ein mit allen Wassern der Wall Street gewaschener Banker, sah kein Problem. An der UBS-Generalversammlung, die letzte Woche in Basel stattfand, meinte der UBS-Präsident:
«Lassen Sie mich dazu abschließend sagen: UBS ist nicht ‹too big to fail›. (…) UBS ist eine der am besten kapitalisierten Banken in Europa, mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell und einer entsprechend risikoarmen Bilanz.» Darüber hinaus, so fügte er an – so sicher schien er sich doch nicht zu sein -, verfüge die UBS über einen wirksamen Abwicklungsmechanismus, «den wir in Zukunft weiter stärken werden».
Der Hintergrund: Die UBS ist die größte Bank der Schweiz. Sollte sie in Schieflage geraten, hätte das für die Schweizer Wirtschaft schwerwiegende Folgen. Man kann sie nicht Konkurs gehen lassen, wie man das mit der Spar- und Leihkasse Thun im Herbst 1991 getan hat. Sie ist «too big to fail». Die Bilder von Menschen, die damals vergeblich versuchten, am Schalter ihr Geld abzuheben, gingen um die Welt.
Nun hat die UBS vor einem Jahr die etwas kleinere Großbank CS übernommen. Von ihr wird nicht viel übrigbleiben – aber die UBS wird noch größer sein. Eine Pleite würde nicht nur zu regionalen Verwerfungen führen, sondern nationale und internationale Schockwellen auslösen. Die Schweiz ist zu klein, die UBS zu groß. Es ist, als wenn man einen Elefanten in einem Ruderboot über einen Fluss fährt. Neigt sich der Elefant, kentert das ganze Boot.
Oder noch plakativer ausgedrückt: Türmen sich die Verpflichten höher als das Eigenkapital, dann nützt dieses nichts – auch wenn die Kapitalisierung alle Vorschriften erfüllt und diese Vorschriften streng sind.
Wie der emeritierte Zürcher Finanzprofessor Urs Birchler auf seinem Blog schrieb, gibt es im Prinzip drei Arten, eine Bank zu sanieren:
- Modell «Götti»: Jemand (UBS, Bund) kauft die Bank samt ihren Problemen.
- Modell «Resolution»: Die Bank wird saniert.
- a) mittels Rückschnitt von Ansprüchen der Aktionäre und der Gläubiger (bail in)
- b) mittels Zufuhr neuer Mittel, notfalls durch den Staat (bail out)
- Modell «Konkurs»: Die Bank wird liquidiert.
Als im Jahr 2008 die UBS in Schieflage geriet, wurde eine Mischung aus «Götti» und «Resolution» gewählt.
Zum großen Ärger der Schweizer Öffentlichkeit war es vor einem guten Jahr wieder so weit – und es traf die Credit Suisse.
Diesmal wählte man das Modell «Götti», mit einer Prise «Resolution. Vorgesehen wäre das Modell «Konkurs» gewesen. Die Idee war, die systemrelevanten Funktionen in der Schweiz mit staatlicher Hilfe weiterzuführen und den Rest abzuwickeln. Den vorgesehenen Instrumenten des Bankengesetzes zog die Landesregierung, der Bundesrat, aber das Notrecht vor. Nach Corona und des im Hauruckverfahren installierten Reservekraftwerkes Birr das dritte Mal innerhalb von vier Jahren.
Der Bundesrat behauptet bis heute, dass aufgrund der Schockwellen, die eine Abwicklung der CS bedeutet hätte und aufgrund des internationalen Drucks, dieses Modell nicht anwendbar war.
Das Financial Stability Board (FSB), ein von den Behörden der G20-Länder getragenes internationales Expertengremium zum Thema Finanzstabilität, hat schon im Herbst die Argumente des Bundesrates zerpflückt (im FSB ist auch die Schweiz vertreten).
Die Umsetzung der von der Finanzmarktaufsicht FINMA in Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden vorbereiteten Resolutions-Pläne sei möglich gewesen. Die FINMA sei dazu auch bereit gewesen, sollte die Übernahme nicht zustande kommen. Das FSB schreibt (zitiert nach Birchler):
«Einige haben behauptet, dass (...) der Abwicklungsrahmen nicht praktikabel ist. Die Überprüfung durch das FSB stützt diese Schlussfolgerung jedoch nicht. Wie bereits erwähnt, war an diesem Wochenende eine Lösung zur Umsetzung bereit.»
Das zeigt, dass der internationale Druck auf Finanzministerin Karin Keller-Suter wohl nicht so groß war, wie sie bis heute behauptet. Und zusätzlich ist es wiederum ein ganz falsches Signal an die Banken, wenn der Staat nach 2008 wiederum Hilfe leistet. Die CS wurde zwar von der UBS übernommen, aber der Staat hat vermittelt und die sogenannten Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) im Wert von rund 16 Milliarden Franken zur Schlachtbank geführt und für wertlos erklärt.
In den letzten Woche hat sich in dieser Sache vor allem Aymo Brunetti zu Wort gemeldet. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bern. In einem Interview macht er eine ketzerische Feststellung: «Die Schweiz braucht keine Großbank». Vor einigen Jahren wäre eine derartige Feststellung aus dem Mund eines Ökonomieprofessors undenkbar gewesen.
Nun sagt er: die Schweiz produziert auch keine Autos, aber praktisch alle fahren Auto. Wir müssten also auf die gute halbe Milliarde an Steuern verzichten, wären aber die enormen Risiken los. Trotzdem wünscht er natürlich, dass die UBS blüht – und in der Schweiz bleibt.
Ende letzter Woche meldete sich Brunetti erneut. Was er sagte, war wie eine Antwort auf Kelleher. UBS nicht «too big to fail»? «Das ist absurd» Für den Vater des Regelwerks für Großbanken, ist die Bank mit den drei Buchstaben und den drei Schlüsseln jedoch genau die Definition davon.
In meiner Optik sollte die Diskussion sich nun darauf konzentrieren, was vorgekehrt werden könnte, damit eine Bank gar nicht in Schieflage gerät. Es gibt in der Schweiz immer noch alte Privatbanken, die als Personengesellschaften organisiert sind mit unbeschränkt haftenden Teilhabern als Besitzer. Diese Banken sind in den letzten 150 Jahren nie in einen Strudel geraten. Ihre Namen sind Ihnen, geneigte Leserin, geneigter Leser, deshalb wohl nicht bekannt. Aber es ist symptomatisch, dass diejenigen Banken nie in Schwierigkeiten geraten, deren Manager für die Verbindlichkeiten des Institutes mit ihrem ganzen Vermögen geradestehen müssen.
Schon bisher kann die Bankenaufsicht FINMA der obersten Geschäftsleitung und den Mitgliedern des Verwaltungsrats die Gewähr absprechen und Bankangestellte mit einem Berufsverbot belegen.
Ein Vorbild wäre das britische «Senior Managers and Certification Regime», das 2016 eingeführt wurde. Dabei hat jeder Topmanager einen klaren Verantwortungsbereich. Kommt es dort zu einem schwerwiegenden Regelbruch, ist der betreffende Manager persönlich dafür verantwortlich, es sei denn, er kann belegen, dass er «angemessene Schritte» unternommen hat, um solche Regelbrüche zu verhindern.
Als Strafe kann die britische Aufsicht unter anderem Bußen oder Bonirückzahlungen verhängen. Wie beim früheren Barclays-CEO Jes Staley, der 2018 umgerechnet 1,4 Millionen Franken zahlen musste, weil er den bankeigenen Sicherheitsdienst eingeschaltet hatte, um einen Whistleblower ausfindig zu machen.
«Es gibt ganz dringenden Handlungsbedarf, die persönliche Haftung von Bankmanagern zu stärken», sagte Christoph Gloor vor einiger Zeit.
Gloor wer? Christoph Gloor ist unbeschränkt haftender Teilhaber einer Basler Privatbank.
Die Manager mithilfe klar definierter Regeln an die Kandare nehmen – das ist das, was sehr gut präventiv wirken würde.
Herzlich
Daniel Funk
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