Die Trendstudie «Jugend in Deutschland 2024: Verantwortung für die Zukunft? Ja, aber» hat zu Schlagzeilen geführt. Die junge Generation in Deutschland blicke düster in die Zukunft. Viele klagen über mentale Belastung und seien politisch unzufrieden.
Davon profitiere offenbar vor allem die AfD. «Stimmungstief und Rechtsruck bei Jugend», titelt das ZDF. «Rechtsruck bei junger Generation», schreibt die TAZ und schiebt gleich eine mögliche Erklärung nach:
«Die jüngsten Krisen trüben die Stimmung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein. Eine Umfrage zeigt zudem: Sie wenden sich verstärkt der AfD zu. Wer Jugendliche heute mit seiner Politik erreichen möchte, sollte auf relevanten Social Media Kanälen aktiv sein. Das gelingt der AfD besonders gut.»
Aber kann man das Ganze einfach als Pessimismus abtun und den Erfolg der AfD einer überlegenen Kommunikation zuschreiben?
Der Aktivist Mathias von Gersdorff, der die Aktion «Kinder in Gefahr» (KIG) leitet, sieht in einem neuen Video auch hoffnungsvolle Entwicklungen und einen neuen Realismus. Das Video hat den charakteristischen Titel «Linksgrün ade: Tektonische Verschiebungen bei 14-29-Jährigen – Grüne stürzen ab».
Die Trendstudie werfe ein detailliertes Licht auf die aktuelle Gemütslage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 14 bis 29 Jahren in Deutschland. Die Ergebnisse dieser Studie seien teilweise tatsächlich besorgniserregend und zeigten, dass die Generation Z, dessen «Startschuss» auf das Jahr 2000 gesetzt wird, zunehmend unter Depressionen, Erschöpfung und einem Gefühl der Hilflosigkeit leide.
Obwohl die unmittelbare Bedrohung durch Corona abnehme, seien psychische Belastungen wie Stress, Erschöpfung und Hilflosigkeit in den letzten drei Jahren weiter angestiegen. Alarmierend sei, dass 11 Prozent der Befragten angeben, derzeit aufgrund psychischer Störungen in Behandlung zu sein. Eine zentrale Ursache für diese negative Entwicklung sei die unsichere wirtschaftliche Lage.
Die Mehrheit der jungen Menschen erwartet eine Verschlechterung der ökonomischen Situation in Deutschland. Diese Erwartungshaltung führt zu einem Mangel an Perspektiven für eine sichere Zukunft und einem schwindenden Glauben an das traditionelle Versprechen, dass harte Arbeit zu einem guten Leben führt – was noch für seine Generation gegolten hat, führt von Gersdorff aus.
Die aktuelle Generation Z werde oft fälschlicherweise als faul oder unmotiviert betrachtet, sagt von Gersdorff. Die Studie zeige jedoch, dass diese Wahrnehmung oberflächlich sei. Die jungen Menschen seien nicht faul, sondern demotiviert.
Die Pandemie habe verdeutlicht, wie schnell sich ihre Lebensumstände ändern können, und sie machten sich Sorgen über die Unsicherheit im Rentensystem sowie die finanzielle Belastung durch Miete und Transport. Viele von ihnen würden sich nicht einmal mehr trauen, langfristige Pläne zu schmieden.
Trotz dieser Herausforderungen seien die jungen Menschen keineswegs apathisch. Sie seien bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber unter bestimmten Bedingungen. Sie streben nach sinnvoller Arbeit, angemessener Bezahlung, guten Arbeitsbedingungen und einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben. Sie seien auch bereit, für diese Forderungen einzutreten.
In der modernen Arbeitswelt seien sie begehrt und würden einen gewissen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen ausüben, indem sie beispielsweise vermehrt Homeoffice und flexiblere Arbeitszeiten fordern.
Trotz – oder vielleicht gerade wegen – ihrer hohen Erwartungen seien die jungen Menschen enttäuscht von der Politik, insbesondere von linken Parteien und der Ampel-Koalition. Dies spiegele sich auch in ihren Parteipräferenzen wider: AfD und CDU/CSU gewinnen stark an Zustimmung, während die Zustimmung zu den Grünen in nur zwei Jahren von 27 auf 18 Prozent gefallen ist. Auch die SPD und die FDP verlieren bei der deutschen Jugend stark in der Gunst.
In Bezug auf Umweltfragen zeige sich eine ähnliche Dynamik. Obwohl viele junge Menschen umweltbewusst seien, seien sie weniger bereit, persönliche Opfer wie das Verzichten auf Flugreisen oder Autofahrten zu bringen. Stattdessen fordern sie «kollektive Maßnahmen und strukturelle Veränderungen von Politik und Wirtschaft, um effektive Lösungen für den Klimawandel zu finden.»
**********************
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!
Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2023 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop:
Kommentare