Liebe Freundinnen und Freunde
Ich bin auf einen Zeitungsausschnitt der ersten Seite einer deutschen Tageszeitung gestossen. Grosse Überschrift: «Schulen sollen auf Kriegsfall vorbereiten». Die Zeitung stammt nicht aus dem Jahr 1938, sondern vom 18. März 2024.

Wenn mir das jemand vor drei Jahren vorhergesagt hätte, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Kommentar einer 86-jährigen Urgrossmutter: «Sollte man den Kindern denn nicht eher beibringen, wie man Frieden hält?»
Ich bin sprachlos. Aber Wolfgang Borchert hat die richtigen Worte gefunden: «Dann gibt es nur eins!». Selbst die Ukraine kommt darin vor. Es war sein letztes Werk, es entstand wenige Wochen vor seinem Tod im November 1947. Hier in voller Länge – gegen das Vergessen. Und ein wenig Trauer: Deutschland galt einmal als das Land der Dichter und Denker.
Du. Mann an der Maschine und Mann in der
Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du
sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe
mehr machen – sondern Stahlhelme und
Maschinengewehre, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mädchen hinterm Ladentisch und
Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst Granaten füllen und
Zielfernrohre für Scharfschützengewehre
montieren, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst statt Puder und Kakao
Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod
erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder,
du sollst Hasslieder singen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst die Männer
kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst den Mord segnen
und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Kapitän auf dem Dampfer. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst keinen Weizen
mehr fahren – sondern Kanonen und Panzer,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst Bomben und Phosphor
über die Städte tragen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Schneider auf deinem Brett. Wenn sie
dir morgen befehlen, du sollst Uniformen zuschneiden,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Richter im Talar. Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst zum Kriegsgericht gehen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Bahnhof. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst das Signal zur Abfahrt
geben für den Munitionszug und für den
Truppentransport, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der
Stadt. Wenn sie morgen kommen und dir den
Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mutter in der Normandie und Mutter in
der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London,
du, am Hoangho und am Mississippi, du,
Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und
Oslo - Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der
Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt
Kinder gebären, Krankenschwestern für
Kriegslazarette und neue Soldaten für neue
Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es
nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!
Denn wenn ihr nicht NEIN sagt, wenn IHR nicht nein sagt, Mütter, dann:
dann:
In den lärmenden dampfdunstigen Hafenstädten werden die grossen Schiffe
stöhnend verstummen und wie titanische Mammutkadaver wasserleichig träge
gegen die toten vereinsamten Kaimauern schwanken, algen-, tang- und
muschelüberwest den früher so schimmernden dröhnenden Leib, friedhöflich
fischfaulig duftend, mürbe, siech, gestorben –
die Strassenbahnen werden wie sinnlose glanzlose glasäugige Käfige blöde
verbeult und abgeblättert neben den verwirrten Stahlskeletten der Drähte und
Gleise liegen, hinter morschen dachdurchlöcherten Schuppen, in verlorenen
kraterzerrissenen Strassen –
eine schlammgraue dickbreiige bleierne Stille wird sich heranwälzen,
gefrässig, wachsend, wird anwachsen in den Schulen und Universitäten und
Schauspielhäusern, auf Sport- und Kinderspielplätzen, grausig und gierig,
unaufhaltsam –
der sonnige saftige Wein wird an den verfallenen Hängen verfaulen, der Reis
wird in der verdorrten Erde vertrocknen, die Kartoffel wird auf den
brachliegenden Äckern erfrieren und die Kühe werden ihre totsteifen Beine wie
umgekippte Melkschemel in den Himmel strecken –
in den Instituten werden die genialen Erfindungen der grossen Ärzte sauer
werden, verrotten, pilzig verschimmeln –
in den Küchen, Kammern und Kellern, in den Kühlhäusern und Speichern
werden die letzten Säcke Mehl, die letzten Gläser Erdbeeren, Kürbis und
Kirschsaft verkommen – das Brot unter den umgestürzten Tischen und auf
zersplitterten Tellern wird grün werden und die ausgelaufene Butter wird
stinken wie Schmierseife, das Korn auf den Feldern wird neben verrosteten
Pflügen hingesunken sein wie ein erschlagenes Heer und die qualmenden
Ziegelschornsteine, die Essen und die Schlote der stampfenden Fabriken
werden, vom ewigen Gras zugedeckt, zerbröckeln - zerbröckeln - zerbröckeln
–
dann wird der letzte Mensch, mit zerfetzten Gedärmen und verpesteter
Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig glühenden Sonne und unter
wankenden Gestirnen umherirren, einsam zwischen den unübersehbaren
Massengräbern und den kalten Götzen der gigantischen betonklotzigen
verödeten Städte, der letzte Mensch, dürr, wahnsinnig, lästernd, klagend - und
seine furchtbare Klage: WARUM? wird ungehört in der Steppe verrinnen, durch
die geborstenen Ruinen wehen, versickern im Schutt der Kirchen, gegen
Hochbunker klatschen, in Blutlachen fallen, ungehört, antwortlos, letzter
Tierschrei des letzten Tieres Mensch - all dieses wird eintreffen, morgen,
morgen vielleicht, vielleicht heute nacht schon, vielleicht heute nacht, wenn – –
wenn – –
wenn ihr nicht NEIN sagt.
(Wolfgang Borchert)
Herzlich
Ihr Lars Ebert
[email protected]
Auf Yunite: Lars Ebert
***********************
Hinweise:
Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
***********************
Transition News-Jahrbuch 2023
Es freut uns sehr, mitteilen zu dürfen, dass unser neues Jahrbuch 2023 erschienen ist. Das übergeordnete Thema ist die Spaltung der Gesellschaft und wie sich diese überwinden lässt.
Das Buch aus einer Sammlung der besten Beiträge von Transition News aus dem vergangenen Jahr. Hinzu kommen Gastbeiträge von bekannten Autoren, darunter Milosz Matuschek, Christian Kreiß, Ernst Wolff und Christoph Pfluger. Zu den untergeordneten Themen gehören Krieg, Corona, Wirtschaft, Klima, künstliche Intelligenz und die Gender-Ideologie.
Unser Jahrbuch bieten wir hier zum Verkauf an. Als Geschenk werden es Grossspender und diejenigen erhalten, die ein Spenden-Abo lösen.

***********************

Hier finden Sie unsere neuen Podcasts.
***********************

Transition TV: WHO, Demos, Kriegsfinanzierung und die Hoffnung auf Frieden – Stand der Dinge am 14. März 2024
Vier Jahre nach dem Lockdown erzählen die Menschen, was sie in der Pandemie gelernt haben, und sie gehen wieder auf die Strasse – und vieles mehr zum Stand der Dinge
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
***********************
Die neue Ausgabe von «DIE FREIEN» ist da!

Haben Sie sich jemals gefragt, ob das, was Sie berühren können, alles ist, was existiert? Unsere neuste Ausgabe von «DIE FREIEN» entführt Sie auf eine aufregende Entdeckungsreise durch die Welt der Materie – und darüber hinaus.
Diesmal mit dabei: Monika Hausammann, Christoph Pfister, Volker Mohr, Olivier Kessler, Prof. Dr. Stefan Hockertz, Veronica Baumann, Martin Hartmann, Robin Bär, Josua Romano, ZeeRock, Linus Maeder, Oliver Wittwer u.v.m.
Bestellen Sie gleich hier
***********************