Gott weiss warum
Inschrift auf dem Grabmal von Arthur Bloch
auf dem jüdischen Friedhof von Bern
Liebe Leserinnen und Leser
Am 16. April 1942 besuchte der Berner Viehhändler Arthur Bloch im waadtländischen Payerne einen Viehmarkt. Seine Frau wartete vergebens mit dem Abendessen. Bloch, ein Schweizer Jude, wurde von fünf Männern, die mit den deutschen Nationalsozialisten sympathisierten, umgebracht.
Die Täter wurden bald gefasst und waren geständig. Die drei Haupttäter wurden am 20. Februar 1943 von einem Geschworenengericht in Payerne zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt, ein minderjähriger Mittäter und ein Helfer erhielten Haftstrafen von 20 und 15 Jahren. Die Angeklagten gaben an, dass sie ihn mit der Begründung «Weil er ein Jude war» getötet hatten. Die fünf Verurteilten gehörten einer zehnköpfigen Gruppe der verbotenen Organisation «Mouvement National» in Payerne an.
Der Anstifter der Täter konnte zunächst mit Unterstützung des deutschen Konsulats ins besetzte Paris, später nach Frankfurt fliehen. Er wurde nach dem Krieg von den Alliierten an die Schweiz überstellt und am 5. Juni 1947 wegen Anstiftung zum Mord zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Im Rahmen der Ermittlungen konnte mehrere Monate nach dem Mord ein deutscher Agent, der den verbliebenen Mitgliedern der Gruppe Waffen und Geld übergeben wollte, verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt werden.
Im historischen Rückblick wurde zwar anerkannt, dass die Täter (und sogar deren Hintermänner) ermittelt und angemessen bestraft wurden, das rassistische Motiv aber weitgehend ausgeblendet worden sei.
Warum rolle ich hier diesen Fall auf?
Am letzten Samstag verletzte ein 15-jähriger Teenager einen orthodoxen Juden lebensgefährlich mit einem Messer. Während der eingebürgerte Tunesier vom IS gefeiert wird, fordert Regierungsrat Mario Fehr, der zuständige Minister des Kantons Zürich, den Entzug des Schweizer Bürgerrechts des Burschen.
Passanten beobachteten die verabscheuungswürdige Tat, nahmen die Verfolgung auf und hielten den Täter bis zum Eintreffen der Polizei fest. Da er nicht volljährig ist, wird er unter Jugendstrafrecht abgeurteilt. Falls es gelingt, die Einbürgerung rückgängig zu machen, könnte der Täter anschliessend abgeschoben werden.
Der Schweizer Pass ist an sich unverlierbar. Eine Ausbürgerung ist nur bei Doppelbürgern möglich (ist hier gegeben) und nur bei schweren Verbrechen. Das entsprechende Gesetz stammt aus der Zeit des 2. Weltkriegs und wurde erst wieder für IS-Rückkehrer angewendet.
Es ist das erste Mal seit dem 16. April 1942, dass in der Schweiz wieder etwas Derartiges mit antisemitischem Hintergrund passiert. Anders als 1942 scheint das Opfer dank schneller Hilfe zu überleben.
Die Reaktionen sind einhellig: «Es ist eine scheussliche Tat» (Blick), «Sich erschüttert zu zeigen, hilft den Jüdinnen und Juden in Zürich wenig. Sie brauchen besseren Schutz und mehr Unterstützung» (NZZ), «Eine Welle des Judenhasses schwappt durch Europa» (CH Media).
Und 20 Minuten zitiert Önder Güneş, Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS), mit folgenden Worten: «Es ist einfach schrecklich, eine solche Tat ist in keinem Falle tolerierbar und wir Muslime verurteilen ihn aufs Schärfste.»
Diese Reaktionen sind lobenswert. Bemerkenswert ist auch, dass Muslime und Juden gemeinsam ein Zeichen setzen wollen. Sie haben für den heutigen Sonntag zu einer Kundgebung aufgerufen.
Ist aber bei diesen Reaktionen nicht auch eine Portion Heuchelei dabei?
Wer kümmert sich darum, dass nebst dem rechtsextremen Antisemitismus, den es leider immer noch gibt, in den letzten Jahren ein «importierter Antisemitismus» und in gewissen universitären Milieus ein linker Antisemitismus entstanden ist?
Freilich ist es so, dass es islamistischen Terror, Anschläge im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt und Terroranschläge gegen Christen (zum Beispiel gegen Weihnachtsmärkte) schon länger gab. Nun ist die Schweiz, wie gesagt, im europäischen Vergleich glimpflich davongekommen.
Fundamentalistisch-muslimischen Terror gab es vor allem in Frankreich und Deutschland, wo Parallelgesellschaften existieren. Die Schweiz hat es bisher geschafft, durch Integrationsdruck und kluge Verteilung der Migranten auf das ganze Land das Entstehen solcher Parallelgesellschaften zu verhindern – und sollte das weiterhin tun.
Aber der Reflex, den Migrationshintergrund von Tätern möglichst zu verheimlichen, ist einer ehrlichen Debatte nicht förderlich. Bei der kürzlichen Geiselnahme in einem Regionalzug bei Payerne (sic) wurde dieser Hintergrund denn auch sehr schnell klar.
Ich kann mich erinnern, dass bis in die frühen 1970er Jahre bei jeder Terrorwelle aus dem arabischen Raum die Schweiz betroffen war. Und plötzlich: fertig. Es gibt immer noch Gerüchte, der damalige Aussenminister, Bundesrat Pierre Graber, habe ein geheimes Stillhalteabkommen mit den arabischen Terroristen ausgehandelt, dessen Wirkung fast bis heute anhalte. Eine Zürcher Dissertation schlug vor einigen Jahren genau in diese Kerbe.
Das dürfte in Zukunft nicht mehr reichen. Das weit verbreitete Tabuisieren des importieren und des linken Antisemitismus – meist aus Gründen der politischen Korrektheit – dürfte sich genauso rächen, wie das Wegschauen, wenn in Moscheen Hass gepredigt und an Universitäten Dinge gelehrt werden, die mit unseren christlich-abendländischen Werten nichts gemein haben.
Auch die Leitmedien scheuen das Thema wie der Teufel das Weihwasser. Mit der Ausnahme von Kurt Pelda gibt es kaum einen Journalisten, der sich dieses Themas annimmt.
Dass die Kriegsverbrechen, die Israel als Antwort auf das Hamas-Massaker im Gazastreifen verübt, Terroranschläge gegen Juden auslösen, war vorhersehbar. Es ist erstaunlich, dass Fundamentalisten in Europa seit dem 7. Oktober noch keinen grösseren Anschlag verübt haben. Es reicht nicht, mehr Schutz, mehr Polizei und mehr Sicherheit zu fordern. Man muss dorthin gehen, wo der linke und der importierte Antisemitismus gedeihen – und dort das Problem an der Wurzel packen.
Da die Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt wurden, ist es verständlich, dass die Schweiz den antisemitischen Hintergrund des Mordes an Arthur Bloch 1942 nicht an die grosse Glocke gehängt hat, um das mächtige Deutschland nicht noch mehr zu reizen. Aber heute ist es nicht entschuldbar, wenn wir wegschauen, wenn in Moscheen Hass auf Juden (und auf Christen) gepredigt und an Universitätsinstituten der Angriff der Hamas als Geburtstagsgeschenk bezeichnet wird. Um eine ernsthafte Diskussion, welche Werte wir in unserem Land wollen und welches Verhalten geht und welches nicht, kommen wir nicht herum.
Einen Anfang macht Jonathan Kreutner vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG): Es sei wichtig zu benennen, dass die Attacke auf ein islamistisches Gedankengut zurückzuführen sei. Und Önder Günes, der die heutige Kundgebung gemeinsam mit Kreutner organisiert, sagt: «Es ist uns ein Anliegen, dass Muslime und Juden sowie andere Vertreter von anderen Religionen in Zürich frei und ohne Angst ihre Religion öffentlich sichtbar ausleben können.»
Herzlich
Daniel Funk
***********************
Hinweise:
Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
***********************
Transition News-Jahrbuch 2023
Es freut uns sehr, mitteilen zu dürfen, dass unser neues Jahrbuch 2023 erschienen ist. Das übergeordnete Thema ist die Spaltung der Gesellschaft und wie sich diese überwinden lässt.
Das Buch aus einer Sammlung der besten Beiträge von Transition News aus dem vergangenen Jahr. Hinzu kommen Gastbeiträge von bekannten Autoren, darunter Milosz Matuschek, Christian Kreiß, Ernst Wolff und Christoph Pfluger. Zu den untergeordneten Themen gehören Krieg, Corona, Wirtschaft, Klima, künstliche Intelligenz und die Gender-Ideologie.
Unser Jahrbuch bieten wir hier zum Verkauf an. Als Geschenk werden es Grossspender und diejenigen erhalten, die ein Spenden-Abo lösen.

***********************

Hier finden Sie unsere neuen Podcasts.
***********************

Transition TV: Stand der Dinge am 7. März 2024
Die Revision des Epidemiengesetzes, eine gesetzgeberische Quacksalberei, die WHO-Verträge und neue Antworten auf die ewige Frage: Wer regiert die Welt?
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
***********************
Die neue Ausgabe von «DIE FREIEN» ist da!

Haben Sie sich jemals gefragt, ob das, was Sie berühren können, alles ist, was existiert? Unsere neuste Ausgabe von «DIE FREIEN» entführt Sie auf eine aufregende Entdeckungsreise durch die Welt der Materie – und darüber hinaus.
Diesmal mit dabei: Monika Hausammann, Christoph Pfister, Volker Mohr, Olivier Kessler, Prof. Dr. Stefan Hockertz, Veronica Baumann, Martin Hartmann, Robin Bär, Josua Romano, ZeeRock, Linus Maeder, Oliver Wittwer u.v.m.
Bestellen Sie gleich hier
***********************