Der Himmel über Stockholm ist strahlend blau, als zwei US-amerikanische Bomber begleitet von zwei «Gripen»-Kampfjets im Tiefflug über die schwedische Hauptstadt fliegen. Just am selben Tag, Mittwoch, den 6. März, besteigen der schwedische Premierminister Ulf Kristersson und Aussenminister Tobias Billström eine Maschine nach Washington, wie mehrere Medien berichteten.
Auch Ungarns neuer Präsident Tamás Sulyok machte sich auf den Weg in die USA, nachdem er am 5. März das entsprechende Dokument zum Nato-Beitritt Schwedens ratifiziert hatte. Am Donnerstag, den 7. März, überreichte Kristersson Schwedens Beitrittsurkunde bei einem Treffen mit US-Aussenminister Antony Blinken und beendete damit mehr als 200 Jahre Neutralität und Blockfreiheit.
Das skandinavische Land reichte vor fast zwei Jahren, am 18. Mai 2022, seinen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft ein. Doch der Beitritt Schwedens zum Militärbündnis war lange von der Türkei und Ungarn blockiert worden.
Währenddessen stieg die Zustimmung zur Nato, die Anfang 2022 bei 51 Prozent lag, auf 63 Prozent. Und manche fragen sich, ob die Verzögerung dazu dienen sollte, die Stimmung in dem skandinavischen Land zugunsten des Militärbündnisses zu drehen. Schliesslich verging kaum eine Woche, in der das Antlitz Vladimir Putins nicht auf der Titelseite einer Boulevard-Zeitung prangte.
«Macht es noch einen Unterschied, ob wir bei der Nato sind oder nicht? Das ist doch nur mehr eine formelle Sache», erwidern selbst Nato-kritische Schweden oft resignierend. Schon ab den 1990ern baute Schweden die Zusammenarbeit mit der Nato schrittweise aus und war an mehreren Militäreinsätzen – in Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Afghanistan, Libyen und Irak – beteiligt. Und selbstverständlich nehmen schwedische Soldaten an der grössten Nato-Übung seit dem Ende des Kalten Kriegs teil, «Steadfast Defender 2024», die seit Anfang des Jahres stattfindet.
Aufleben der Friedensbewegung
In Stockholm und vielen anderen schwedischen Städten fanden in den vergangenen Monaten Demonstrationen des Aktionsbündnis «Nej till Nato» (Nein zur Nato) statt. Auch weitere Organisationen scheinen wieder aktiver zu werden, wie zum Beispiel «Folk och Fred» (Volk und Frieden) oder «Kvinnor för Fred» (Frauen für den Frieden).
Die «Svenska Freds- och Skiljedomsföreningen» – übersetzt Schwedische Friedens- und Schiedsgerichtsvereinigung – veröffentlichte Anfang Januar ihren kritischen Bericht «Schweden in der Nato». In einer Pressemitteilung erklärt dazu die Präsidentin von «Svenska Freds» Kerstin Bergeå:
«Die Nato-Mitgliedschaft wurde unkritisch als Lösung für die Sicherheit Schwedens dargestellt, aber eine verstärkte militärische Aufrüstung, der Abschluss eines Atomwaffenbündnisses und ein Bündnis mit undemokratischen Ländern sind nicht das, was nachhaltigen Frieden und Sicherheit gewährleistet»
Laut der jüngsten Mitteilung der Friedensvereinigung beflügelte allein die bevorstehende Nato-Mitgliedschaft Schwedens Waffengeschäfte, diese stiegen 2023 um 18 Prozent. Im vergangenen Jahr exportierte Schweden laut offiziellen Zahlen militärische Ausrüstung im Wert von knapp über 18 Milliarden Kronen – umgerechnet rund 1,6 Milliarden Euro.
Die Friedensinitiative kritisiert vor allem die erneuten Waffenexporte in die Türkei – infolge der Invasion in Syrien waren dem Land im Jahr 2019 alle Genehmigungen entzogen worden – sowie die anhaltenden Exporte militärischer Ausrüstung nach Israel.
Für Montag, den 11. März, ist die Zeremonie zum Hissen der schwedischen Flagge im Nato-Hauptquartier in Brüssel angesetzt.
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