Jedes Volk hat seinen eigenen Begriff
von Gut und Böse.
Fjodor Dostojewski
Liebe Leserinnen und Leser
Das Zitat von Jorge Luis Borges im Newsletter vom Dienstag meiner Kollegin Susanne Schmieden hat mich an eine seiner Kurzgeschichten erinnert: «das Aleph».
Das Aleph ist ein Punkt im Kellerraum des Hauses eines eher unglücklichen Dichters, der alle Punkte der Welt enthält. Im Aleph ist die Erde zu sehen, und in der Erde wiederum das Aleph und im Aleph die Erde und so weiter.
Die Erzählung thematisiert die Unendlichkeit. Zufälligerweise macht Borges darin zahlreiche Anspielungen auf Dante, den ich in meinem Newsletter der vergangenen Woche kurz in Erinnerung rief.
Freilich bleibt die Frage offen, inwiefern sich aus einer unendlichen Spiegelung Erkenntnis gewinnen lässt. Bei Platon etwa bieten Spiegelbilder kein Wissen; sie sind als wandelbare Vermutungen auf der untersten Stufe der Gewissheit angesiedelt.
Die Unendlichkeit erfasst auch die Gegenwart. Unendlich sind gewisse Diskussionen geworden, etwa darüber, ob man russische Schriftsteller «canceln» soll.
So wieder bei einem Pausengespräch diese Woche: Was ist mit dem «Aufklärer» Tolstoi, den man im Westen besonders mag, dem «Nationalisten» Dostojewski? Puschkin, dem Nationaldichter?
Ich bin der Meinung: Man sollte sie vor allem lesen. Gerade vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, wo Sprache und Identität rasch zu einem emotionalen Pulverfass mutieren, wo der Darling des Westens, der ukrainische Präsident Selenski, etwa Parteien und die russische Sprache verbietet.
Als Dank dafür erhält er den Karlspreis, der Leistungen zugunsten der Einheit Europas auszeichnet. Mehr als eine Farce, die an der Glaubwürdigkeit der europäischen Polit-Spitzen kratzt, ist das nicht.
Die Ukraine soll in die EU? Tja, wie war das mit dem Minderheitenschutz als Aufnahmekriterium? Es ist diese selbstverschuldete Unterminierung der eigenen «Werte», auf die ich mich kürzlich berief, welche den Niedergang des Kontinents fördern.
Soll man jetzt aufgrund eines manipulativ umgedrehten Moralismus entscheiden, welche Literatur gelesen und besprochen wird? Bin ich ein «Putin-Freund», wenn ich Dostojewski lese?
Wollen wir wirklich, dass infantiler Moralismus über inhaltliche Kritik und Sachargumente gebietet? Ich finde, Moralismus ist primär ein Herrschaftsinstrument, um die Menschen zu verdummen. Er zielt auf Affekte, nicht auf Vernunft.
Die politische Elite ist vernunftverdrossen und ideologiebesoffen. Im Aleph ist das nicht zu sehen, dafür ein Lebenszeichen des Rechtsstaats: Das Amtsgericht hat am Dienstag Prof. Sucharit Bhakdi vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen.
Dabei gilt auch hier, auf den umgedrehten Moralismus hinzuweisen: Es sind nicht selten diejenigen, die Bhakdi Relativierung von Nazi-Verbrechen vorwerfen, die ebendies selbst tun, indem sie ihre politischen Gegner als Nazis beschimpfen.
Wie auch immer: Der Freispruch ist eine gute Nachricht, wenn auch (noch) keine definitive. Die Staatsanwaltschaft will den Fall weiterziehen. Zu hoffen bleibt auch, dass dem Richter in nächster Zeit kein politisch motiviertes Verfahren droht, wie seinerzeit in Weimar mit dem Maskenurteil.
Herzliche Grüsse
Armin Stalder
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Die TTV-News vom 24. Mai 2023 mit folgendem Thema: WHO-Pandemievertrag, Gefahr für die Souveränität der Schweiz (Medienkonferenz vom 24. Mai des «Mouvement fédératif romand» und des «Aktionsbündnisses Urkantone»).
????Interview mit Rechtsanwalt Philipp Kruse (00:18)
????Interview mit Josef Ender, Mediensprecher des Aktionsbündnisses Urkantone (13:44)
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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