Hypokrisie zeigt, wie sehr sich jemand
von der konventionellen Moral abkoppelt.
Michael Shellenberger
Liebe Leserinnen und Leser
Ich schäme mich, Teil dieser bellizistischen westlichen Gesellschaft zu sein. Im Kriegsrausch taumelnd befindet sich Deutschland inzwischen an vorderster Front. «Nie wieder Krieg» scheint vergessen, eine «Kriegswirtschaft» wird gefordert. Ein «militärisches Schengen» soll den Waffenfluss in Europa erleichtern. Auch die Schweiz will bei den Grossen mitspielen und verliert dabei an Grösse, indem sie die Neutralität definitiv aufgibt und somit als Vermittlerin ausscheidet.
Mit Verlaub, ihr ekelt mich an, ihr blutrünstigen Vampire und «Kriegsgurgeln» à la «Artillerie-Agnes Strike-Zimmermann», à la «Uzi-Uschi», à la «Wüterich Kriegsgewitter» (Roderich Kiesewetter, copyright Wilhelm Domke-Schulz). Ihr lügt uns an, verdreht die Realität und treibt uns in einen Krieg. Zugleich diffamiert ihr und bringt diejenigen zum Schweigen, die sich für Frieden einsetzen.
Schnappt euch doch eine Tarnuniform und ein Sturmgewehr und spurtet an die Front, wenn ihr meint, «Vladimir der Schreckliche» überfalle sonst Europa. Aber dazu seid ihr wohl zu feige. Lieber opfert ihr das «gemeine Volk» dem nimmersatten kapitalistisch-militärisch-industriellen Minotauros als Kanonenfutter.
Begonnen hat es in Deutschland vor zwei Jahren mit einem Feldlazarett, Beatmungsgeräten und Helmen. Alsbald kamen Panzerabwehrwaffen und Boden-Luft-Raketen hinzu, später Panzer. Nun sind wir bei Diskussionen um die Entsendung von «Taurus»-Marschflugkörpern. Mittlerweile umfasst die Liste der Waffen und militärischen Ausrüstung, die Deutschland an die Ukraine liefert, 209 Punkte.
Der «Taurus» hat über 500 Kilometer Reichweite. Damit könnte die Ukraine sogar Moskau treffen und, wie von «Kriegsgewitter» gefordert, Ölraffinerien, Kommandoposten, Gefechtsstände und Ministerien in Russland zerstören. Der CDU-Politiker und Oberst a.D. der Bundeswehr hatte denn auch klargemacht: «Der Krieg muss nach Russland getragen werden».
Der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr, halten es für erforderlich, dass die Bundeswehr «kriegstüchtig» werde, gemäss Breuer binnen fünf Jahren. Passend dazu hatte Pistorius zuvor verkündet, in «fünf bis acht Jahren» könnte Russland ein NATO-Land angreifen. Sollte das geschehen, dann deshalb, weil der «russische Bär» dazu provoziert worden ist. Und nicht etwa, weil Putin imperiale Absichten hat oder mit dem falschen Fuss angestanden ist. Oder weil die Ukraine der NATO beigetreten ist.
Zu allem Übel unterschreibt der Bundeskanzler Olaf Scholz mit der «Kornkammer Europas» eine zehn Jahre gültige «Vereinbarung über Sicherheitszusammenarbeit und langfristige Unterstützung». Darin wird Russlands «Angriffskrieg» gegen die Ukraine als «ungerechtfertigt» und «unprovoziert» bezeichnet. Deutschland verspricht der Ukraine für diesen Zeitraum Hilfen, inklusive «modernem militärischen Gerät in den Bereichen Land, Luft und See sowie Cyber – mit Schwerpunkt auf Luftverteidigung, Artillerie, gepanzerten Fahrzeugen einschliesslich Munition und weiteren Schlüsselfähigkeiten».
Das Abkommen enthält zwar keine Verpflichtungen und kann gemeinsam geändert oder «von jedem Teilnehmer jederzeit beendet» werden, aber Scholz zufolge ist es ein «glasklares Zeichen» an Putin, dass die Unterstützung Deutschlands für die Ukraine nicht nachlässt. Deutschlands? Hat denn Scholz die Bevölkerung gefragt? Oder zumindest das Parlament? Darf er überhaupt allein eine solche Abmachung abschliessen?
Weitere Fragen: Warum nur stelle ich mir den Bundeskanzler dabei mit einem Zweifinger-Schnurrbart vor? Soll Deutschland etwa so enden wie damals? Wird die Kriegspropaganda zur selbsterfüllenden Prophezeiung? «Stalingrad» könnte dann aber in Berlin oder in Frankfurt sein. Oder in ganz Europa, insbesondere wenn die hier gelagerten US-Atomwaffen getroffen werden sollten.
Zwei Jahren nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine stehen wir vor einem Stellungskrieg, mit gelegentlichen Gewinnen und Verlusten beiderseits. Doch für die Ukraine sieht es immer schlechter aus: Es fehlen zunehmend Waffen und Soldaten. Einsicht sucht man im Westen vergebens, im Gegenteil: Zum Jahrestag der Invasion wird dem korrupten Land weiterhin bedingungslose Unterstützung zugesagt. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte bei ihrem Besuch in Kiew: Um «künftige Angriffe Russlands abzuwehren», was «für die Sicherheit der Ukraine, aber natürlich auch für die Sicherheit ganz Europas von entscheidender Bedeutung» sei:
«(...), wollen wir die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine als Teil unserer eigenen Verteidigungsfähigkeit stärken. Deshalb haben wir die Ukraine so eng in unsere neue Strategie für die industrielle Basis der europäischen Verteidigung einbezogen. In drei Wochen werden wir diese Strategie vorlegen. Dies ist ein erster Schritt zur Integration der Ukraine in unsere europäischen Verteidigungsprogramme. Gleichzeitig lernen wir von der Ukraine und ihren Erfahrungen auf dem Schlachtfeld. Um diesen Erfahrungsaustausch zu intensivieren, werden wir hier in Kyjiw ein Innovationsbüro für den Verteidigungsbereich einrichten.»
Das beschämendste daran ist die Hypokrisie: Durch undemokratische Propaganda framen deutsche Politiker und Medien die AfD, die die Migration demokratisch und im Rahmen des Rechtsstaates kontrollieren möchte, als nazistisch und hetzten die Bevölkerung gegen die Partei auf. Gleichzeitig feiern sie den verstorbenen rechtsradikalen, rassistischen und nebenbei homophoben russischen Oppositionellen und Nazi Alexei Nawalny als Verfechter der Demokratie. Dieser hatte unter anderem dazu geraten, Muslime zu erschiessen. Ebenso verlogen ist es, die korrupte und von nazistischen Kräften stark beeinflusste Ukraine als demokratischen Leuchtturm darzustellen, der gegen ein diktatorisches Russland verteidigt werden muss.
So hart es auch ist, als Journalist und friedliebender Mensch muss ich mich leider mit dieser Kriegspropaganda befassen. Denn wir müssen wissen, was geplant ist, um dagegen anzukämpfen. So muss ich aber gelegentlich auch Dampf ablassen. Falls Sie es bis hierhin geschafft haben: Danke, liebe Leserin und lieber Leser, dass Sie mir als Blitzableiter gedient haben. Doch ich hoffe, es hilft auch Ihnen.
Herzlich
Konstantin Demeter
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Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger