In den deutschsprachigen Medien machte die Neuigkeit kaum Schlagzeilen: Ungewohnt deutlich erklärte Marie Bjerre von der liberalkonservativen Partei Venstre in diesen Tagen, es gebe nur zwei Geschlechter und niemand könne sein biologisches Geschlecht ändern.
Die dänische Gleichstellungsministerin bekräftigte in einer Parlamentsdebatte auf Fragen von Oppositionspolitikern die binäre Realität des Geschlechts und erklärte, dass es «zwei biologische Geschlechter» gebe.
«Gesellschaftlich und kulturell bedingte Geschlechterrollen sind mit dem biologischen Geschlecht verknüpft, ebenso wie Normen und Erwartungen an Mädchen und Jungen, Frauen und Männer», fuhr sie fort und lieferte gleich noch eine Definition für eine Frau: «Ein weibliches, erwachsenes, menschliches Wesen».
«Gleichzeitig sind sich die Regierung und ich bewusst, dass es einen kleinen Teil der Bevölkerung gibt, der keine Übereinstimmung zwischen seinem biologischen Geschlecht und dem Geschlecht, als das er sich selbst wahrnimmt, empfindet», konzedierte Bjerre, fügte aber hinzu, dass dies nichts am Geschlecht ändere. Sie zitierte eine Umfrage, die zeige, dass etwa 0,5 Prozent der Bevölkerung sich über ihr Geschlecht im Unklaren sind.
Zudem verwehrte sich die 37-Jährige Ministerin gegen ein «bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht». Das Geschlecht eines Menschen werde nicht zugewiesen, sondern schlicht nach der Geburt festgestellt, so Bjerre.
Die Ministerin verlieh damit nicht nur ihrer eigenen Meinung Ausdruck, sondern sprach dabei auch im Namen der Regierung. Andere Parteien unterstützten die Gleichstellungsministerin. Sólbjørg Jakobsen von der Liberalen Allianz bekräftigte, dass es zwei biologische Geschlechter gebe, man müsse aber der kleinen Gruppe von Menschen, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühle, mit Verständnis begegnen. Allerdings sagte auch Jakobsen nicht, dass das Geschlecht ein soziales Konstrukt sei.
In Dänemark zeichnet sich nicht erst seit den jüngsten Aussagen von Bjerre ein Paradigmenwechsel in der Geschlechterfrage ab.
Bereits im Sommer des letzten Jahres hatte das dänische Gesundheitsministerium erklärt, dass man Geschlechtsumwandlungen bei Kindern und Jugendlichen vollständig verbieten werde. Im Jahr 2018 wurde bei 65 Prozent aller Minderjährigen, die sich selbst als trans definierten, eine operative Geschlechtsumwandlung vorgenommen – im Jahr 2022 waren es nur noch sechs Prozent. Mit dem Verbot dürften die Zahlen weiter fallen. Dem dänischen Beispiel folgte zuletzt auch Norwegen, dass inzwischen Geschlechtsumwandungen bei Kindern auch verboten hat.
Die Koalition unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen beschreitet heute in vielen Aspekten einen komplett anderen Kurs als die in die Ampelkoalition eingebundene SPD in Deutschland.
Dänemark galt bisher als Vorreiter für die Rechte von Homosexuellen: Bereits 1933 legalisierte das Land gleichgeschlechtliche Beziehungen und seit 1989 sind eingetragene Partnerschaften legalisiert. Seit 2009 können gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren und 2012 folgte die gleichgeschlechtliche Ehe.