Weil jeder Mensch aufgrund des Geborenseins ein initium,
ein Anfang und Neuankömmling in der Welt ist,
können Menschen Initiative ergreifen,
Anfänger werden und Neues in Bewegung setzen.
Der Neuanfang steht stets im Widerspruch
zu statistisch erfassbaren Wahrscheinlichkeiten,
er ist immer das unendlich Unwahrscheinliche;
er mutet uns daher, wo wir ihm mit lebendiger Erfahrung begegnen,
immer wie ein Wunder an.
Hannah Arendt
Liebe Leserinnen und Leser
Ich hoffe, Sie hatten schöne Ostertage und die Gelegenheit, ein wenig über die Bedeutung dieses Festes nachzudenken. Ostern, das ist nämlich für Christen das Fest der Auferstehung, der Überwindung des Todes. Und es fällt jeweils mehr oder weniger mit dem Beginn des Frühlings zusammen. Mehr oder weniger deshalb, weil Ostern jedes Jahr an einem anderen Datum stattfindet, abhängig vom Frühlingsvollmond.
Ostern bedeutet philosophisch betrachtet also Transzendenz. Und damit steht es in einem eklatanten Widerspruch zum Zeitgeist, der durch Materialismus (im Sinne eines Anhaftens an die materielle Welt) und Technik-Fetischisierung, also durch radikale Immanenz geprägt ist. Ostern ist demgegenüber geradezu subversiv.
Nun fragen Sie sich vielleicht, warum ich einen Tag nach Ostern so ausführlich darüber schreibe. Jetzt ist es doch gerade wieder vorbei ... Nun, das ist auch ein Aspekt des Ganzen: Wir werden insbesondere an Ostern und zum Frühlingsanfang immer wieder daran erinnert, dass Zeit als Lebenszeit nicht linear verläuft, sondern zyklisch. Auch wenn es abgedroschen klingt, so ist es doch wahr und wichtig: Jedes Ende ist auch ein Anfang. Und umgekehrt.
Mit Sicherheit kennen Sie das wohl berühmteste Gedicht, das sich mit dem Anfang beschäftigt. Auch das ist mittlerweile zum geflügelten Wort und damit reichlich kitschig geworden. Aber wie so oft in der Literatur und der Philosophie lohnt es sich, den Ursprung des Textes noch einmal genauer zu studieren. In diesem Fall ist es «Das Glasperlenspiel» von Hermann Hesse. Dort nämlich ist das berühmte Gedicht «Stufen» eingebettet, als Jugendwerk der dortigen Hauptfigur. Es hiess dort zunächst «Transzendieren!» und beginnt folgendermassen:
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
(...)
Es gibt wohl kaum eine bessere Zeit, um etwas Neues zu beginnen, als jetzt, nach Ostern. Für mich persönlich hat diese Zeit seit jeher eine besondere Bewandtnis. Ich bin nämlich an Ostern geboren. Das Neu-Anfangen und das Transzendieren scheint mir in die Wiege gelegt zu sein. Dieses Jahr war ich an Ostern übrigens Tango tanzen. Tango als «Kunst des Gehens» ist eben auch Transzendenz (trānscendentia, spätlat. «das Überschreiten»).
In diesem Sinne: Was auch immer es ist, was Sie Neues in die Welt bringen möchten – ich wünsche Ihnen einen guten Anfang!
Herzliche Grüsse
Susanne Schmieden
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