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Lord Northcliffe
Liebe Leserinnen und Leser
Man staunte nicht schlecht letzten Montag: In den «ZDF-heute-Nachrichten» wurde von der russischen Seite der Frontlinie aus berichtet. Und das auch noch überraschend sachlich. Der ZDF-Korrespondent Armin Coerper beschrieb zuerst die Zerstörung in Mariupol. Dann erwähnte er, dass er in der Stadt aber auch «viel Wiederaufbau» sehe, zum Beispiel ein «topmodernes Krankenhaus», «Schulen und ganze Wohnblöcke». Das gehe «sehr schnell». Mariupol sei «keine Geisterstadt», Russland pumpe «hier sehr viel Geld hinein».
Den «bösen Russen» irgendwie positiv darzustellen, geht natürlich gar nicht. Sogleich ging in den sozialen Medien ein Shitstorm los. Die System-Schreiberlinge hyperventilierten und stürzten sich auf ihren häretischen Kollegen. Dies obwohl Coerper klarmachte, dass er Russlands Besatzung nicht anerkenne, und einräumte, nur seine Eindrücke sammeln und nicht das vollständige Bild vermitteln zu können. Zudem berichtete die ZDF-Reporterin Anne Brühl in derselben Sendung von der ukrainischen Seite über das Schicksal angeblich «verschleppter ukrainischer Kinder».
Indem Coerper betonte, wie gut die Stadt funktioniere und wie viel aufgebaut werde, hat er laut dem Tages-Anzeiger den Wiederaufbau «in ein positives Licht» gerückt und «die Sichtweise des russischen Regimes» übernommen. Die «Kremlpropagandisten» würden den Wiederaufbau als humanitäre Hilfe «inszenieren». Selbst «Kremlmedien» hätten die Aussagen des ZDF-Reportes aufgenommen. Die Schweizer Zeitung moniert, der Sender scheine trotzdem nicht einzusehen, dass er «russische Propaganda verbreitet hat».
Das ZDF hatte nämlich auf die Kritik reagiert und gegenüber dem Magazin Focus eingeräumt, Coerpers Formulierung, dass «die Stadt funktioniert», sei «missverständlich» gewesen. Der öffentlich-rechtliche Sender schränkte jedoch ein, dass «dieses Zitat allein herauszugreifen», «seinen geschilderten Eindruck nur verkürzt» wiedergebe.
Wir stellen also fest: Wenn ein westlicher Mainstream-Journalist ausnahmsweise das wiedergibt, was er sieht, und russische Medien sich darüber freuen und den Bericht verbreiten, dann ist dieser für den Tages-Anzeiger automatisch russische Propaganda. So wird die Realität durch den Fleischwolf gedreht.
In einem Punkt hat sich Coerper allerdings tatsächlich geirrt. Er hat erklärt, mit Schauspielern jenes Theaters gesprochen zu haben, das im März 2022 bombardiert wurde. Laut Coerper freuten sich die Schauspieler, endlich wieder russischsprachige Stücke aufführen zu können. Wie der Tages-Anzeiger aber feststellt, wurden selbst bis unmittelbar vor der russischen Invasion Stücke in russischer Sprache aufgeführt. Fakt ist allerdings auch, dass die russische Sprache in der Ukraine schon vor dem Einmarsch massiv eingeschränkt worden ist. Das hätte die Zeitung erwähnen müssen.
Ironisch ist auch, dass dieser Tages-Anzeiger-Abschnitt mehr Propaganda enthält, als die dem ZDF-Reporter vorgeworfene. So wird behauptet, die Russen hätten das Theater bombardiert und dabei seien 600 ukrainische Zivilisten ums Leben gekommen. Nun stellt aber selbst Wikipedia fest, dass die Schätzungen über die Zahl der Todesopfer «zwischen mindestens 12 (Amnesty International) und 600 (Associated Press)» schwanken. Und auch die Täterschaft bleibt ungewiss. Russland beschuldigte das ukrainische Asow-Bataillon.
Das ganze Geschrei scheint mir zudem eine Nebelkerze zu sein. Denn viel interessanter waren andere Aussagen Coerpers. So erklärte er, das Team sei mit dem Auto aus Moskau gekommen und in Rostow am Don hätten sie die Grenze überquert. Die Einreisepapiere hätten sie von russischer Seite erhalten. Und weiter:
«Wir können uns hier frei bewegen. Wir haben die Einreisepapiere, wir werden aber nicht überwacht, zumindest bekomme ich das nicht mit. Wir können uns in der Stadt bewegen, können auch Menschen ansprechen. Also wir haben da eigentlich keine Einschränkungen.»
Das ist doch bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass im Westen ständig über angebliche Repressionen gegenüber Journalisten seitens Russlands berichtet wird, und dass Mariupol dem Tages-Anzeiger zufolge «für westliche Beobachter eine Blackbox» ist, seit sich die Ukraine im Mai 2022 gezwungen sah, die Stadt aufzugeben:
«Unabhängig verifizierbare Informationen dringen selten nach aussen. Entsprechend gross war das Interesse, als ein ZDF-Reporter am vergangenen Montag vor Ort war.»
Das Interesse beschränkt sich aber offenbar auf Informationen, die dem westlichen Narrativ entsprechen.
Herzlich
Konstantin Demeter
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