Dass bald das neue Jahr beginnt,
Spür ich nicht im geringsten.
Ich merke nur: Die Zeit verrinnt
Genauso wie zu Pfingsten.
Joachim Ringelnatz
Liebe Leserinnen und Leser
Für die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester gibt es die Redewendung «zwischen den Jahren», oder «Altjahrswoche», wie man wohl in der Schweiz sagt. An dem ebenfalls gebräuchlichen Ausdruck «zwischen den Feiertagen» wird vielleicht etwas deutlicher, was damit gemeint ist. Oft markiert nämlich der Dreikönigstag am 6. Januar das Ende besagter Zeitspanne.
Die Entstehung des Ausdrucks hängt mit den unterschiedlichen Festlegungen des Jahreswechsels zusammen, die es über Jahrhunderte gab, sowie mit der Jahreseinteilung nach Mond- oder Sonnenkalender. Es hat leider nichts mit unverhofft aufgetauchter, zusätzlicher Zeit zwischen einem Jahr und dem nächsten zu tun.
Im römischen Kalender markierte zunächst der 1. März den Jahresbeginn, der Amtsantritt der Konsuln. An den Namen der Monate September bis Dezember sieht man noch heute diese Zählweise, der siebte bis zehnte Monat. Später wurde der Beginn der Amtsperiode der Beamten auf den 1. Januar vorverlegt und damit zugleich auch der neue Jahresanfang.
In weiten Teilen Europas war aber lange der 6. Januar der Beginn des neuen Jahres, für die Christen zum Beispiel als Tag der Taufe Jesu. Indes wurde auch vermehrt die Geburt Christi gefeiert. Diese wurde im 4. Jahrhundert durch den Papst (Liberius) auf den 25. Dezember terminiert, oft auch als Ende des alten Jahres wahrgenommen. Da ist der Rahmen «zwischen den Jahren».
Mit der Einführung des gregorianischen Kalenders im Jahre 1582 – erneut durch den Papst (Gregor XIII.) – ergab sich ein wenig Chaos. Zunächst benutzten ihn überwiegend die römisch-katholischen Staaten. Viele protestantische Staaten lehnten den neuen Kalender dagegen als «papistisch» ab und behielten lange den julianischen (nach Julius Cäsar) bei. So stellten die meisten reformierten Orte der Schweizerischen Eidgenossenschaft erst Anfang des 18. Jahrhunderts auf den gregorianischen Kalender um. Zwei Kalender parallel: Wiederum sind wir «zwischen den Jahren».
Auch heute noch findet der julianische Kalender Verwendung. Zwischen beiden Kalendern besteht eine Differenz von 13 Tagen. Am 7. Januar des gregorianischen hat man zum Beispiel laut dem julianischen erst den 25. Dezember. Daher fällt das Weihnachtsfest zahlreicher Kirchen an ihrem 25. Dezember auf den 7. Januar des gregorianischen Stils.
Auf den 1. Januar wurde der Neujahrstag für die christliche Welt schliesslich 1691 festgelegt. Wer war’s? Na klar, ein Papst, in diesem Fall Innozenz XII. Seitdem ist entsprechend auch der 31. Dezember der letzte Tag des Jahres, zum Gedenken an Papst Silvester I.
Es ist recht leicht, das Künstliche unserer Kalender zu vergessen. Zeiteinteilung und -messung sind von Menschen gemacht. Und wenn dabei doch einmal um den Jahreswechsel ein paar versteckte oder verschwundene Tage herausspringen sollten, wäre mir das nur Recht. Ein wenig innezuhalten und durchzuatmen, vielleicht zu reflektieren, kann sicher nicht schaden. Anschliessend starten wir mit frischer Energie in das neue Jahr.
Ich wünsche Ihnen einen guten Rutsch und alles Liebe für das Jahr 2024!
Andreas Rottmann
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Transition TV, Sendung vom 22. Dezember: «Spaltung als Naturgesetz und das Licht von Weihnachten»
Das physikalische Gesetz der Entropie besagt: Am Schluss gewinnt das Chaos. Die Spaltung, unter der viele Menschen heute leiden, entspricht also einem Naturgesetz. Aber wir leben nicht in einer rein materialistischen Welt. Die Wintersonnwende und Weihnachten sind eine gute Zeit, die Kräfte zur Überwindung der Spaltung zu entdecken. Auf die Frage, wie die Spaltung zu überwinden ist, liefert Christoph Pfluger allerdings nur eine halbe und eine vorläufige Antwort.
Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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Intelligent – kann Maschine Mensch sein? Ausgabe 175 des Zeitpunkt
Der Mensch hat eine Tendenz, sich als biologische Maschine zu sehen und «intelligenten» Maschinen menschliche Züge zuzuschreiben. Die damit verbundene Abwertung des Menschlichen ist die Hauptgefahr der künstlichen Intelligenz. Diese Ausgabe zeigt, wie wir diesen Gefahren begegnen und wo die Chancen der KI liegen.
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