Nach den umstrittenen Blitzparlamentswahlen der vergangenen Woche versammelten sich am vergangenen Sonntag in Belgrad etwa 2500 radikalisierte Anhänger der serbischen Opposition und versuchten, das Rathaus zu stürmen. Das führte zu Ausschreitungen zwischen der Polizei und Demonstranten. Die Opposition sieht die Wahl als manipuliert an und fordert neue Wahlen.
Sputnik ging anhand von Aussagen geopolitischer Analysten der Frage nach, ob die Proteste gesteuert sind und wenn ja, von wem.
Die Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Maria Sacharowa, habe nämlich erklärt, die Proteste vom Sonntag in der serbischen Hauptstadt seien ein dreister Versuch des Westens gewesen, die Lage in dem Balkanland mit «Maidan-Putschtechniken» zu destabilisieren. Und laut dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić wolle der Westen damit die Unabhängigkeit Serbiens zerstören.
Sputnik merkt an, dass die serbischen Behörden die Transparenz der Wahlen betonten, während ausländische Beobachter von «Wahlmissbrauch» und «Unregelmässigkeiten» sprachen. Die OSZE-Mission habe keine Wahlbetrugsfälle gefunden, jedoch «prozedurale Mängel» bemerkt.
Geopolitische Experten, darunter der amerikanische Balkanexperte George Szamuely, gehen Sputnik zufolge mit Sacharowa und Vučić einig. Die NATO und die EU würden versuchen, Serbien zu destabilisieren, da es ein «wunder Punkt» der NATO sei und sich gegen diese Allianz stelle. Szamuely weiter:
«Wichtig ist auch, dass Serbien von Anfang an, seit den 1990er Jahren, immer als Ersatz für Russland gesehen wurde. Wo Serbien ist, da ist auch Russland. Es ist das einzige, was die NATO daran hindert, den Balkan vollständig zu beherrschen. Und es ist das Gebiet, in dem Russland weiterhin einen gewissen Einfluss in Europa hat. Wenn man also Russland ganz aus Europa herausdrängen will, muss man sich mit dem ‹Serbien-Problem› befassen.
Ab dem Jahr 2000, als die Farbenrevolution stattfand und [Slobodan] Milosevic gestürzt wurde, war man schon nahe dran. In den folgenden acht Jahren regierte dann die Opposition und der Westen erkannte die Unabhängigkeit des Kosovo an. Sie waren also nahe dran, aber sie konnten es nicht ganz schaffen. Und so haben wir immer wieder versucht, die unerledigten Dinge aus den 1990er Jahren zu berichtigen.»
Der politische Analyst und ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Nick Griffin, sieht gemäss Sputnik den Versuch eines Maidan-Putsches in Belgrad als Anzeichen der wachsenden «Verzweiflung» der NATO, die auf anderen Fronten militärisch und wirtschaftlich gegen ihre globalen Gegner verliert, wie zum Beispiel in der Ukraine. Griffin erwähnt die Bedeutung von langfristigen geopolitischen Faktoren, darunter die strategische Position Serbiens und die Verbindungen zu China.
Griffin zufolge hängt der Erfolg der serbischen Opposition davon ab, wie Russland reagiert und ob es die Bemühungen des Westens zulässt, Vučić zu entmachten. Der Analyst resümiert:
«Es gibt absolut keinen guten Grund, dieses halbherzige westliche Abenteurertum zuzulassen oder gar fortzusetzen. Die Lehre aus dem Kiewer Maidan sollte doch sein, dass es viel einfacher ist, mit solchen Dingen umzugehen, während sie von westlich finanzierten Hooligans und Agitatoren gemacht werden, als zu warten, bis sie in von der NATO gelieferten Panzern sitzen.»