Viele haben das geradezu unausgewogene oder gar regierungstreue Programm der Öffentlich-Rechtlichen – durchexerziert insbesondere während der «Corona-Zeit» – einfach satt. Sogar ein etabliertes Medium wie die Welt brachte Ende 2024 den Beitrag «Es sind nicht nur die Gebühren, es ist die Einseitigkeit». Darin heißt es, «der Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtet sie zur Meinungsvielfalt, doch der Debattenraum wird bei ihnen zunehmend eingegrenzt».
Beitragsblocker: Konzept «so simpel wie vielversprechend»
Für diejenigen, die die Erhebung des Rundfunkbeitrags für ungerechtfertigt halten, klang es also geradezu wunderbar: «Nie mehr Rundfunkgebühren [zahlen]: Endlich ein Ausweg aus der GEZ-Gebührenschikane!» Genau so nämlich lautete die Schlagzeile eines Beitrag, den Jouwatch Ende August 2023 veröffentlichte. Darin heißt es:
«Die als Rundfunk-‹Beitrag› verbrämte Zwangsgebühr, die ARD und ZDF jährlich weit über acht Milliarden Euro einbringt, wird mittlerweile von über 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger abgelehnt. Dennoch drohen ihnen bislang bei Zahlungsverweigerung massivste bürokratische Schikanen bis hin zur Beugehaft. Von den Gerichten ist hier keine Hilfe zu erwarten. Immer wieder wurde der Gebührenzwang höchstrichterlich bestätigt, ohne dass irgendeine legale Begründung für die Verweigerung der Zahlung ermöglicht worden wäre.
Nun tut sich jedoch endlich eine Möglichkeit auf, diesen vermeintlich alternativlosen Zuständen zu entfliehen: Das Portal ‹beitragsblocker.de› zeigt endlich einen Weg auf, sich vor den gnadenlosen Gebühreneintreibern zu schützen und damit die Rundfunkgebühren künftig quasi zu umgehen.»
Hinter Beitragsblocker.de stehe ein engagiertes Team aus überzeugten Demokraten, erfahrenen Juristinnen und Juristen, Fachexperten und Journalisten. Der Trick sei «so simpel wie vielversprechend», so Jouwatch. Denn «laut aktueller Rechtslage könnten Forderungen des sogenannten ÖRR-‹Beitragsservices› nämlich gar nicht mehr durch Gerichtsvollzieher eingetrieben werden. Möglich wurde dies durch die Abschaffung der Gerichtsvollzieherregelung.»
Laut Jouwatch sei die Vorgehensweise letztlich recht simpel. So habe ein Team um die Verfassungsrechtsexpertin Karolin Ahrens dazu eigens eine tragfähige, rechtlich fundierte Lösung erarbeitet, der zufolge die Rundfunkbeiträge nicht mehr von einem Gerichtsvollzieher eingetrieben werden können. «Und so funktioniert’s», so Jouwatch:
«Konkret zahlt jeder, der aus dem Gebührensystem aussteigen möchte, ein allerletztes Mal den Quartalsbeitrag in Höhe von 55,08 Euro und erhält dafür alle anwaltlich erarbeiteten Schreiben, um sich in maximal drei ‹Schriftsatz-Wellen› wirksam davon zu befreien.»
Gerichte bügeln Klagen reihenweise ab
Zwar werden in der Tat «alle anwaltlich erarbeiteten Schreiben» bereitgestellt, und der Support klappt nach meiner Erfahrung auch insofern gut, weil man durchaus stets zu den passenden Formularen hingeleitet wird. Doch das ist es auch schon. Zuvor muss man diese Schreiben den eintrudelnden Briefen und Mahnschreiben des Beitragsservices zuordnen, dann muss man sie ausdrucken, in sie Dinge eintragen wie den selbst herauszusuchenden Streitwert und sie dann entsprechend verschicken. Das erfordert durchaus nicht unerhebliche Konzentration und Zeit. Und nicht nur das. Auch bleibt es nicht bei den 55,08 Euro, denn es werden einem die Gerichtsgebühren auferlegt, und der Beitragsservice erhebt Säumniszuschläge.
Ich selbst habe das alles durchgemacht, nicht zuletzt aus journalistischer Neugier heraus – und bin letztlich vor Gericht gelandet. Hier wird einem von Beitagsblocker.de Erfolg in Aussicht gestellt, auch jetzt noch. So heißt es aktuell auf der Website:
Quelle: Beitragsblocker.de
Doch die Realität sieht anders aus. Zwar ist es tatsächlich so, wie mir Beitragsblocker.de schrieb, dass ich, sobald ich eine Rückmeldung des Gerichtes erhalten habe, dass meine Klage eingereicht wurde, ein Aktenzeichen erhalte. Doch dann konzedierte man mir gegenüber, es «gibt noch keine vor dem Gericht gewonnenen Fälle». Zwar soll es angeblich so sein, dass «die Gerichte, die [eine Klage] nicht abweisen, [das Verfahren] bis zum Abschluss des großen Revisionsverfahren im Herbst aussetzen». Beitragsblocker.de schrieb mir Anfang Mai gar, die Priorität müsse darauf liegen, das Gericht dazu zu kriegen, das Verfahren «auszusetzen, bis es zu einer Entscheidung bei einem Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes gekommen ist», das Beitragsblocker.de mit führe. Den Antrag zur Aussetzung würde ich in meinem Login-Bereich finden.
Den entsprechenden Antrag dazu habe ich auch im Login-Bereich gefunden und bei Gericht eingereicht. Doch bei mir zumindest hat das Gericht das Verfahren nicht ausgesetzt. Was also tun? Dazu riet mir Beitragsblocker.de:
«Wenn Sie in die Berufung gehen möchten, benötigen Sie unter anderem einen Anwalt, der Sie vor Ort vertritt. Einen Anwalt zu finden, ist nicht immer einfach, da viele Anwälte sich nicht mit Klagen zum Beitragsservice befassen möchten (die Bezahlung ist schlecht). Es besteht die Möglichkeit, einen Notanwalt zu beantragen. Der Notanwalt muss vom Gericht organisiert werden. Somit bleibt das Gericht erst einmal mit Ihnen beschäftigt.»
Aus meiner Sicht klingt dies aber alles andere als erquicklich. Denn nicht nur erscheinen mir die Erfolgsaussichten nicht gerade hoch, wie mir Beitragsblocker.de sogar auch bestätige. So schrieb man mir:
«Die Chancen auf eine erfolgreiche Berufung bei einem Gericht, das jetzt schon abgewiesen hat, stehen nicht gut.»
Vor allem aber auch würde diese Vorgehensweise weitere finanzielle und Zeitinvestitionen erfordern, obwohl mir anfangs doch suggeriert worden war, ich könnte mit einem überschaubaren Betrag in Höhe von 55,08 € «dem Krieg [der Öffentlich-Rechtlichen] die Grundlage entziehen», wie es vollmundig auf der Startseite von Beitragsblocker.de heißt.
Nicht erquicklicher klingt, was mir Beitragsblocker.de als zweite Möglichkeit offerierte:
«Sie haben im Login-Bereich die Möglichkeit, sich beim Präsidenten des Verwaltungsgerichts zu beschweren, indem Sie ihm mal aufzeigen, was hier eigentlich alles falsch läuft. Dieses Schreiben können Sie unabhängig davon nutzen, ob die Frist zur Berufung bereits abgelaufen ist oder nicht.»
Meine Klage und auch die Aussetzung derselben wurden wohlgemerkt abgewiesen. Zu einem Zeitpunkt, als Beitragsblocker.de seine Strategie umgestellt hatte.
Auch Kurswechsel von Beitragsblocker.de ohne Wirkung
So hatte auch Beitragsblocker.de erkannt, dass man mit der Argumentation, bei dem Gerichtsvollzieher handele es sich nicht um einen Beamten, weshalb der Rundfunkbeitrag von diesem gar nicht eingetrieben werden dürfe, rechtlich doch ohne Grundlage ist und praktisch auch nicht funktionierte. Beitragsblocker.de nahm dann einen Kurswechsel vor und stützte seine Argumentation auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18. Juli 2018 (1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17). Demzufolge sei «für die Erhebung des Rundfunkbeitrags nur dann eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung gegeben, solange ein die Erhebung rechtfertigender Vorteil in Form einer authentischen, auf sorgfältig recherchierten Informationen beruhenden, vielfältigen Berichterstattung gegeben ist», wie es auf der Startseite aktuell noch heißt. Doch auch mit dieser Argumentation blitzte ich vor Gericht ab.
Beitragsblocker.de wird dennoch nicht müde, Erfolgsmeldungen hinauszuposaunen. Noch Ende Mai verschickte man eine Mitteilung per E-Mail, in der es hieß:
«Unser Widerstand zeigt Wirkung – jetzt gilt es, den Druck zu erhöhen!»
Basis dieses Statements war, so las ich, dass Correctiv auf Beitragsblocker.de angesetzt worden sei und berichtete habe, dass es durch Beitragsblocker.de «einen Anstieg von über 1000 Prozent bei den Programmbeschwerden gegeben hat – auf über 48.000», und dabei seien «sogar noch 12.000 unterschlagen» worden. Das klingt nicht unbeeindruckend. Doch was nützt dem Einzelnen die schiere Masse an Programmbeschwerden, wenn die Gerichte Klagen reihenweise abbügeln?
Letzte Hoffnung: Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
Als letzte Hoffnung erscheint das erwähnte Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. So hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts die Nichtzulassung der Revision durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 23. Mai 2024 aufgehoben. Das Verfahren hatte das Aktenzeichen 6 B 70.23, das aktuelle lautet 6 C 5.24. Dabei geht es um die Frage, ob man den Rundfunkbeitrag verweigern kann, wenn öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten keinen individuellen Vorteil bieten, weil ihr Programmauftrag (zum Beispiel Vielfaltssicherung) strukturell verfehlt wird. Das Bundesverwaltungsgericht misst dieser Frage eine «grundsätzliche Bedeutung» bei.
Beitragsblocker.de beruft sich ja auch ausdrücklich auf dieses Verfahren. Doch selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht tatsächlich im Verfahren 6 C 5.24 grundlegend zum Nachteil des Beitragsservice entscheiden sollte, stellt sich die Frage, ob man das Angebot von Beitragsblocker.de nutzen muss, um Rundfunkbeiträge zurückerstattet zu bekommen. Denn in einem aus Sicht der Kritiker von ARD und ZDF erfolgreich ergangenen Urteil würde ja erklärt, dass bestimmte Beiträge unrechtmäßig erhoben wurden – und in diesem Fall dürften im Grunde alle Beitragszahler die von ihnen entrichteten Beiträge rückwirkend einfordern können, und nicht nur diejenigen, die bereits über Beitragsblocker versucht haben, sich der Zwangsgebühr zu entledigen. Die reguläre Erstattungsfrist beträgt drei Jahre.
Laut Terminplan ist für den 1. Oktober 2025 eine mündliche Verhandlung zum Verfahren 6 C 5.24 beim Bundesverwaltungsgericht angesetzt.
Anwältin Ahrens vermeldet Erfolg – taucht aber ab
PS: Am 19. März vermeldete Transition News, dass die oben erwähnte Anwältin Karolin Ahrens vor dem Amtsgericht München einen Sieg gegen den ARD/ZDF-Beitragsservice eingefahren habe. Grundlage war ein X-Post der Anwältin mit der Headline «Erfolg in Sachen Rundfunkbeitrag». Demnach hatte die Juristin seit 2022 keine Rundfunkgebühren mehr bezahlt, gegen sämtliche Festsetzungsbescheide des Beitragsservice Widerspruch eingelegt und letztlich Klage erhoben – und vor Gericht Recht bekommen. Eine eingeleitete Zwangsvollstreckung zu Gunsten des «Bayerischen Rundfunks» sei vom Gericht abgelehnt worden.
Zwar schrieb mir die Anwältin auch am 18. März, sie würde sich «in Kürze ausführlich dazu» bei mir melden. Doch seither kam nichts mehr von ihr, trotz Nachfrage. Nicht einmal ein Aktenzeichen, nach dem ich sie noch am 5. Mai gefragt hatte, schickte sie mir. Dabei hatte ich sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Pressestelle des Amtsgerichts München das Aktenzeichen 1534 m 32448/24, das auf dem Gerichtsdokument prangt, das Ahrens in ihrem X-Post veröffentlicht hatte, nicht dem Urteil zuordnen konnte, das den Fall beschreibt, über den Ahrens in dem X-Post berichtet.