Δόξα εν υψίστοις θεώ και επί γης ειρήνη εν ανθρώποις ευδοκία.
Lukas 2, 14
Liebe Leserinnen und Leser
Die Entwicklung der abendländischen Kultur und daraus hervorgehend der heutigen europäischen Staatenwelt ist ohne das Christentum, die griechisch-römische Antike und die Aufklärung nicht denkbar.
Gleichzeitig ist es so, dass diese Staatenwelt bereits vor der Entdeckung aussereuropäischer Kontinente mit weit entfernten Ländern und Kulturen in Kontakt gestanden ist. Seien es die Feldzüge Alexanders des Grossen, sei es die mittelalterliche Seidenstrasse, seien es ausgefeilte Handelsrouten durch die Wüsten Afrikas, der Horizont Europas reichte schon in der Antike nicht nur von Lissabon bis zum Ural und vom Nordkap bis Sizilien.
Die griechische Poliswelt und die philosophischen Werke, die in dieser Sprache geschrieben wurden, bilden zusammen mit der aus dem römischen Reich hervorgegangenen Philosophie, den Rechtsprinzipien und der lateinischen Sprache eines der Fundamente Europas. Römische Rechtsgrundsätze werden zum Beispiel immer noch gelehrt und angewendet. Das ist zumindest offiziell so.
Auch die Erzählungen in den vier Evangelien von der Geburt, dem Leben und Wirken sowie von Leiden und Tod von Jesus Christus gehören ebenso zu den Fundamenten von Europa wie die Grundlage unserer Religion im Alten Testament.
Einen ersten Schlag erhielt ein Pfeiler dieser europäischen Ordnung als Folge der 68-er-Bewegung und der Neuen Linken. Das Unterrichten von alten Sprachen und alter Literatur würde die jungen Menschen von der wahren Problemen ablenken. Man solle zeitgenössische sozialkritische Bücher lesen, neue Sprachen lernen und «anwendungsorientierte», das heisst «nützliche» Fächer unterrichten. Nicht nur die alten Sprachen werden kaum mehr unterrichtet, auch der Geschichtsunterricht ist heute zumindest in der Schweiz ein Schatten seiner selbst, nunmehr themenorientiert und es wird kaum etwas unterrichtet, was früher war als in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Das sage ich als studierte Zeithistoriker.
Ein weiterer Schlag gegen die Fundamente Europas wird durch die fortschreitende Entchristlichung geführt. Auch diese Tendenz ist nicht neu und auch das hat mit der 68-er-Bewegung zu tun. Bei den etablierten Kirchen stiess die neue Linke zunächst auf Ablehnung. Seit sie den Marsch durch die Institutionen angetreten und die Kirchen in ihrem Sinn verändert hat, ist das nicht mehr so. Die katholische Kirche ist mit ihren Skandalen beschäftigt, während es bei den Protestanten praktisch nichts mehr Verbindliches gibt und diese Konfession das, was sie sagt, laufend dem Zeitgeist anpasst. Die Protestanten waren in der Schweiz sehr gut sichtbar, als es um das entwicklungspolitische Anliegen der Konzernverantwortungsinitiative ging, aber sie tun kaum etwas dagegen, wenn christliche Zeichen und Symbole der Identifikation aus der Öffentlichkeit verschwinden sollen. Wer das Christentum ernst nimmt, ist mittlerweile bei einer Freikirche oder bei einer orthodoxen oder altorientalischen Kirche.
Beispiele gefällig?
Ein Kindergarten in Österreich will keinen Besuch mehr vom Sankt Nikolaus – wohl nicht aus Angst vor der Rute; wurden die Kinder gefragt? Eine Kindertagesstätte in Hamburg schafft den Weihnachtsbaum ab, während in einer Stadt in Ohio eine öffentliche Kinderkrippe, die vor der Feuerwehrkaserne auf öffentlichem Grund stand, entfernt werden musste, um die Neutralität des Staates nicht zu gefährden.
EU-Kommissarin Helena Dalli aus Malta fordert sogar die Abschaffung von «zu wenig inklusiven» Begriffen wie «Weihnachten». Deshalb soll es «Ferienzeit», nicht «Weihnachtszeit» heissen und aus «Maria und Josef», soll zum Beispiel «Malika und Julio» werden.
Aus diesem Vorstoss ist zum Glück nichts geworden. Die Begründung für diesen Unfug ist aber immer ähnlich. Das Beseitigen von christlichen Symbolen soll allen in Europa lebenden Menschen zeigen, dass sie unabhängig von Geschlecht Hautfarbe, Religion und ethnischer Zugehörigkeit willkommen sind, dass sich also alle wohlfühlen und sich niemand diskriminiert fühlt.
Figürliche Darstellungen der Heiligen Familie auf Weihnachtskarten gibt es kaum mehr (aber Ihre Christliche Buchhandlung hat sicher schöne Exemplare!).
Auch in grossen Firmen ist es heute gang und gäbe, von «holiday season» und nicht mehr von «Weihnachtsferien» zu reden und sich «schöne Festtage» und nicht «frohe Weihnachten» zu wünschen. Und Google markiert die Suchmaschine mit dem Stichwort ««saisonale Feiertage», ein Ausdruck, der semantisch nicht geglückt ist und einen leicht tautologischen Anstrich hat. Stört das wirklich nur mich?
Nun ist es aber in Gottes Namen (Entschuldigung!) so, dass das Europäische Haus – wie Gorbatschow sagte – auf den Fundamenten des Christentums gebaut wurde. Sind die Fundamente weg, fällt das Haus zusammen.
Die erste, die etwas dagegen tun könnte, ist die Kirche, die grossen Konfessionen – Präsenz markieren, den öffentlichen Raum mit christlichen Botschaften bespielen. Tun sie aber nicht.
Einer, der bereits 2007 in einer Rede in sehr direkter Art auf dieses Problem aufmerksam machte, ist der damalige australische Premierminister John Howard:
«Nehmen Sie es hin oder lassen Sie es, ich habe es satt, dass sich diese Nation Gedanken darüber machen muss, ob wir bestimmte Personen oder ihre Kultur beleidigen (…). Unsere offizielle Sprache ist Englisch (…). Wenn Sie also Teil unserer Gesellschaft sein wollen, lernen Sie die Sprache! Die Mehrheit der Australier glaubt an Gott. Dabei handelt es sich nicht um christliche Verpflichtung, rechten Einfluss oder politischen Druck, sondern um eine Tatsache, denn Männer und Frauen haben diese Nation auf christlichen Prinzipien gegründet und dies wird offiziell gelehrt. Deshalb ist es angebracht, dass dies an den Wänden unserer Schulen zu sehen ist (…). Gott ist Teil unserer Kultur. Wir werden Ihre Überzeugungen ohne Frage akzeptieren. Alles, worum wir Sie bitten, ist, die unsere zu akzeptieren und in Harmonie und Frieden mit uns zu leben (…).
Man kann viel sagen über die Landnahme in Australien, das Verhältnis zu den Ureinwohnern und den Aufbau dieses Landes. Aber Howard hat in einigen Punkten Recht: Es ist nicht akzeptabel, in voreilendem Gehorsam das Christentum in Europa in private Nischen abzudrängen, weil sich gewisse Gruppen eventuell gestört fühlen. Meiner Wahrnehmung nach sind es gerade die «üblichen Verdächtigen» wie Menschen muslimischen Glaubens, die sich hier in Europa überhaupt nicht an sichtbarem Christentum stören.
Man kann auch nicht nur der Neuen Linken dieses Problem in die Schuhe schieben. Es geht tiefer – zu Denken gibt mir insbesondere, dass in internationalen Grossfirmen das meiste getilgt wird, was nach Weihnachten tönt, vordergründig, um niemandem auf den Schlips zu treten, bevor überhaupt klar ist, ob sich überhaupt jemand auf den Schlips getreten fühlt.
Wer diese Gefahr in grosser Klarheit erkannt hat, ist die Politikerin und Frauenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali. Somalischer Herkunft, flüchtete sie in die Niederlande, integrierte sich dort und war Parlamentarierin. Einer Intrige zum Opfer gefallen, zog sie in die USA weiter, wo sie heute mit ihrem Ehemann, dem britischen Geschichtsprofessor Niall Ferguson lebt. Kürzlich berichtete sie in einem längeren Artikel über ihre Reise vom Islam über den Atheismus bis hin zum Christentum. Ursprünglich Muslim, wandte sie sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 dem Atheismus zu, beeinflusst von Ängsten vor den Konsequenzen religiöser Lehren und der Verbindung des Islams mit Terrorismus. Atheismus bot vorübergehend Trost, aber vor einem Monat wurde bekannt, dass sie das Christentum angenommen hat.
Sie argumentiert, dass die jüdisch-christliche Tradition die Grundlage der westlichen Zivilisation bildet und einen Rahmen für Werte wie Freiheit, Würde und Menschenrechte bietet. Atheismus kritisiert sie, weil er keinen vereinheitlichenden Erzählstrang bietet und eine Lücke hinterlässt, die durch irrationale Überzeugungen gefüllt wird. Sie sieht das Christentum als sinnvolle Alternative zu Islam und Atheismus, um den Herausforderungen der westlichen Gesellschaft zu begegnen und als Suche nach spirituellem Trost und Sinn im Leben.
Nun wir aber vor unseren Augen ein weiterer Pfeiler der europäischen Identität unterspült, auf dem unsere Kultur und unser politisches System gründet. Die Werte der Aufklärung. Ich habe hier gezeigt, warum die Meinungsfreiheit in Gefahr ist. Eine wichtige Errungenschaft der Aufklärung ist nebst der Meinungsfreiheit die Wissenschaftsfreiheit. Wissenschaftliche Ergebnisse sind aber nie definitiv, sie können (und müssen!) in Frage gestellt werden. Wird ein wissenschaftliches Ergebnis falsifiziert, dann entsteht etwas Neues, also Fortschritt. Wenn aber bestimmt wird, dass etwas Bestimmtes jetzt wissenschaftlich etabliert ist und alle, die das in Frage stellen, in den Medien «geteert und gefedert» werden und als Schwurbler und Aluhüte bezeichnet werden, dann ist das im Grunde genommen sehr unwissenschaftlich und für unsere Gesellschaft sehr gefährlich. Und die auf Montesquieu zurückgehende Gewaltentrennung wackelt seit der Coronazeit auch bedenklich – in einem Land mehr, im anderen weniger.
Aber wir können, jeder an seinem Ort, dazu beitragen, dass das diese Pfeiler nicht ganz zusammenbrechen, dass das Fundament nicht ganz unterspült wird und das Europäische Haus weiterhin steht.
Übrigens: Das Eingangszitat, im griechischen Original aus der Bibel lautet auf Deutsch: «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen».
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Frohe und gesegnete Weihnachten!
Daniel Funk
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