Es ist verboten zu töten;
deshalb werden Mörder bestraft.
Es sei denn, sie töten in grosser Zahl
und zum Klang von Trompeten.
Voltaire
Liebe Leserinnen und Leser
Ich habe mich wie Alice im Wunderland in den Kaninchenbau begeben. So definiert Kelley Beaucar Vlahos in Responsible Statecraft die Suche nach den Opferzahlen auf beiden Seiten des Krieges in der Ukraine.
In jedem Krieg werden die eigenen Verluste herunter- und die gegnerischen hochgespielt. Damit soll die Unterstützung der Kampfhandlungen seitens der eigenen Bevölkerung aufrechterhalten bleiben. Mit diesem Bewusstsein müssen dann auch die entsprechenden Informationen betrachtet werden.
So fliesst in westlichen Nachrichten gewöhnlich nur russisches Blut, wenn auch vorwiegend rhetorisch – aber auch das ukrainischer Zivilisten, da man damit Empörung erzeugen kann. Auch eine Google-Suche erbringt in erster Linie Beiträge über russische Opfer.
Eine seltene Ausnahme dieser Berichterstattung ist ein Artikel des Wall Street Journal, über den Transition News informierte. Die Zeitung schrieb, dass seit der russischen Invasion 50’000 ukrainische Soldaten ein oder mehrere Gliedmassen verloren hätten. Diese Zahl sei auf dem Niveau des Ersten Weltkriegs. Und sie «könnte höher sein», so das WSJ, da die Registrierung von Patienten viel Zeit in Anspruch nehme.
Die ukrainische Regierung halte die genauen Statistiken über die Opfer geheim, «um die Bevölkerung nicht zu demoralisieren», so dass die Berechnung auf Schätzungen von Prothesenfirmen, Ärzten und Wohltätigkeitsorganisationen basiert.
Vielleicht durch den WSJ-Beitrag ermutigt, thematisierte die SRF-Tagesschau heute ebenfalls amputierte ukrainische Soldaten (ab Min. 13:42).
Wikipedia, das sich fast ausschliesslich auf westliche und ukrainische Quellen beruft, führt 20’000 getötete und 130’000 verwundete ukrainische Streitkräfte an. Bei den russischen sollen es über 74’000 respektive über 243’400 sein. Gemäss dem ukrainischen Verteidigungsministerium wurden bis zum 7. August 250’240 feindliche Soldaten «liquidiert». Die russische Regierung hat allerdings lediglich 6000 Opfer seit Beginn der Invasion zugegeben.
Das russische Aussenministerium teilte letzte Woche hingegen mit, dass allein seit der sogenannten ukrainischen Gegenoffensive im Juni und im Juli 43’000 Kämpfer auf Seiten der Ukraine umgebracht oder «neutralisiert» wurden. Dazu gehören auch ausländische Söldner. Die pro-russische Organisation War Tears schätzt die Todesopfer unter den ukrainische Streitkräften auf 240’000.
Und Anfang April 2023 erklärte der ehemalige Geheimdienstoffizier des US Marine Corps und UN-Waffeninspektor Scott Ritter, dass laut dem Oberbefehlshabers der ukrainischen Streitkräfte Waleri Saluschni 250’000 ukrainische Soldaten getötet wurden. Etwa 83’000 würden vermisst, von denen etwa 60’000 höchstwahrscheinlich tot seien.
Beaucar Vlahos zufolge scheint der republikanische US-Abgeordnete Tom Massie genug von diesem «Wahnsinn» zu haben. So hat er einen Änderungsantrag zum National Defense Authorization Act (NDAA) eingebracht, der uns helfen könnte, aus dem Kaninchenbau herauszufinden.
Die Änderung zwingt den Verteidigungsminister nämlich, dem Kongress einen Bericht über den Krieg in der Ukraine vorzulegen, «der Informationen über Opfer, Verwundete und Material- oder Ausrüstungsverluste für beide Seiten des Konflikts enthält».
Letztendlich sind das allerdings «nur» Zahlen. Das Leid dahinter bleibt den Medienkonsumenten verborgen. Klar, allzu verstörende Bilder werden zu Recht nicht gezeigt. Doch man sieht auch keine Trauerfeiern, keine weinenden Mütter, selten Verletzte in den Krankenhäusern.
Das Dreckige am Krieg versteckt sich meistens hinter verlogenem, glorreichem Pathos über «Werte» und «Demokratie». So erkennen viele nicht, dass jedes Opfer eines zu viel ist. Und dass es höchste Zeit ist, diesem Gemetzel durch Verhandlungen ein Ende zu setzten.
Herzlich
Konstantin Demeter
[email protected]
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Die TTV News vom 14. Juli 2023 mit folgenden Themen:
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Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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