Die Corona-Krise hat ein gesellschaftliches Klima der Angst geschaffen wie seit Kriegszeiten nicht mehr. Angst ist hochgradig wirksam, wenn es darum geht, bei ernsthaften Gefahren für die Gesellschaft Normenkonformität in der Bevölkerung zu erzielen und einschneidende Verhaltensänderungen zu bewirken.
In der unübersichtlichen Lage zu Beginn der Pandemie gab es wohl keine Alternative dazu, sass doch auch den Regierenden der Schreck nach dem plötzlichen Auftreten des neuen Virus – und den Fernsehbildern aus Italien – in den Knochen.
Mittlerweile sind die sozialen und politischen Verwerfungen einer pandemischen Angstpolitik allerdings mit Händen zu greifen. Deshalb ist es überfällig, über Alternativen zum «Regieren durch Angst» nachzudenken. Denn Angst ist ein zweischneidiges Schwert: Sie kann sich leicht eigendynamisch verstärken und ungewollt verselbständigen.
In der Sphäre der Politik wird die Angst zudem gerne als Ressource für Machtspiele aufgerufen. Die soziale Eigengesetzlichkeit der Angst zusammen mit ihrer politischen Indienstnahme kann schliesslich in einem sozio-politischen Systemwechsel münden, der die Demokratie beschädigen und die politische Moral untergraben könnte.