Nur wer der Minne Macht entsagt,
nur wer der Liebe Lust verjagt,
nur der erzielt sich den Zauber,
zum Reif zu zwingen das Gold.
Richard Wagner; Der Ring des Nibelungen; Vorabend: Das Rheingold.
Liebe Leserinnen und Leser
Ist es ein Zufall, dass in diesen Jahren Wagners Jahrhundert-Opernzyklus, sein Opus Magnum Der Ring des Nibelungen in der Schweiz gleich an drei Opernhäusern, in Bern, Zürich und Basel neu inszeniert wird? Wohl kaum.
Der Meister des Gesamtkunstwerks hat in seiner Tetralogie Dinge auf die Bühne gebracht, die aktueller nichts sein könnten. In der Basler Inszenierung – es gibt dort im Frühjahr noch zwei komplette Ring-Vorführungen, deren Besuch ich empfehle – bringt Regisseur Benedikt von Peter das Werk als Rahmenhandlung auf die Bühne bei der Göttervater Wotan quasi seinen Großkindern erzählt, was einmal war.
Auf dem Grunde des Rheins liegt ein zauberhafter Schatz – das Rheingold. Dieser Schatz verliert aber seinen unschuldigen Charakter und verhilft wie das Eingangszitat zeigt zu maßloser Macht, wenn sein Besitzer der Liebe abschwört und einen Ring aus dem Gold schmiedet.
Dem Zwerg Alberich gelingt ebendies. Er verflucht die Liebe und raubt das Gold in gieriger Wut. Er kann nun die Zauberkräfte des Rings nutzen und die ganze Welt unterwerfen.
Doch der Ring bringt ihm nur Leid und Zerstörung. Im Laufe der vier Opern (Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried und Götterdämmerung) entfaltet sich ein Drama um Verrat, Heldenmut und den unaufhaltsamen Untergang der Götterwelt. Der Ring ist schließlich die Ursache für das Schicksal aller Beteiligten, da er sowohl die Welt der Götter als auch die der Menschen zugrunde richtet. Brünnhilde nimmt schließlich nach des Helden Siegfrieds Tod den Ring von seinem Finger und wirft ihn zurück in die Fluten des Rheins. Am Ende führt die Zerstörung des Rings in einem Meer von Klang zur Zerstörung der Welt, aber auch zu einem Neuanfang.
Ich durfte gestern melden, dass es dem entsprechenden Verhandlungsgremium der Weltgesundheitsorganisation WHO nicht wie geplant gelungen ist, den Pandemievertrag zu verabschieden. Dieser würde dem Generaldirektor fast unbeschränkte Macht verleihen, Pandemien auszurufen und entsprechende Maßnahmen zu dekretieren. Aber der guten Nachrichten nicht genug: Heute wurde bekannt, dass der Bundesrat, die Schweizer Landesregierung, auf die Dauerkritik an der WHO reagiert und die Anpassungen an den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) in die Vernehmlassung gibt. Ein weiser Entscheid, denn: Wir haben schon verschiedentlich über dieses für Demokratie, Menschenrechte und Selbstbestimmung äußerst gefährlichen Projekte berichtet (zum Beispiel hier).
Ob das Gold auf dem Grunde des Genfersees liegt, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber bisher ist es am UNO-Sitz in der Rhonestadt nicht gelungen, dieses zu heben und einen Ring zu schmieden, der absolute Macht verleiht.
Aber für diejenigen, die es zur Zeit versuchen – und es gäbe noch mehr Beispiele – sei gesagt: Liebe und Macht, das künden die Rheintöchter Alberich, schließen einander aus.
Wagner arbeitet mit einer Fülle von Leitmotiven, bei denen alles Wesentliche – Personen, Ideen, Gedanken, Gefühle, oder auch Gegenstände – sich in einer Melodie niederschlägt, die man immer wieder hört, wenn die entsprechende Person auftritt, eine Idee gedacht wird, etwas gefühlt wird oder auch der entsprechende Gegenstand eine Rolle spielt.
Ich habe den Eindruck, dass das Leitmotiv heute darin besteht, demokratische Prozesse auszuhebeln, Traditionen zu zerstören, zurückzudrängen oder einzuebnen, Grundrechte zu relativieren und die Gewaltentrennung zu unterlaufen. Wie geht die Geschichte aus, die ich dereinst meinen Großkindern erzählen werde?
Beurteilen Sie, geneigte Leserin, geneigter Leser selbst, wer heute die Rolle des Zwerges Alberich spielt und vor allem: bleiben Sie uns gewogen!
Daniel Funk