«Wenn Sie im Bankwesen arbeiten, könnte Ihr nächster Kollege ein Bot sein.» Das berichtet ZeroHedge. So habe die Bank of New York Mellon bekanntgegeben, dass sie Dutzende von «digitalen Mitarbeitern» mit künstlicher Intelligenz (KI) eingesetzt habe, die mit menschlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten und sogar über eigene Firmenanmeldeinformationen verfügen würden. ZeroHedge zitiert in diesem Zusammenhang das Wall Street Journal (WSJ) wie folgt:
«Ähnlich wie menschliche Mitarbeiter haben diese digitalen Mitarbeiter direkte Vorgesetzte, denen sie unterstellt sind, und sie arbeiten selbstständig in Bereichen wie der Kodierung und der Validierung von Zahlungsanweisungen, sagte Chief Information Officer Leigh-Ann Russell. Bald werden sie Zugriff auf ihre eigenen E-Mail-Konten haben und möglicherweise sogar auf andere Weise, beispielsweise über Microsoft-Teams, mit [humanen] Kollegen kommunizieren können, sagte sie.
Was die Bank, auch bekannt als BNY [Mellon], als ‹digitale Arbeiter› bezeichnet, nennen andere Banken möglicherweise ‹KI-Agenten›. Und obwohl es in der Branche keinen klaren Konsens über die genaue Terminologie gibt, ist sicher, dass die Technologie im Finanzdienstleistungssektor zunehmend präsent ist.»
«Das ist die nächste Stufe», so Russell gegenüber dem WSJ. Obwohl die Technologie noch in den Kinderschuhen stecke, sei sie sich sicher, dass sie in sechs Monaten weit verbreitet sein werde.
Bank of New York Mellon sei derweil nicht die einzige Bank, die Arbeit von menschlichen Mitarbeitern auf KI verlagern möchte. Goldman Sachs habe bereits einen internen KI-Assistenten für 10.000 seiner Banker, Händler und Vermögensverwalter eingeführt. In einem Interview mit CNBC habe der Chief Information Officer der Bank, Marco Argenti, erklärt, der KI-Assistent werde grundlegende Aufgaben wie das Korrekturlesen von Dokumenten und die Verbesserung der Ausdrucksweise übernehmen. Argenti:
«Denken Sie an all die Aufgaben, die Sie im Hinblick auf die verschiedenen Anwendungsfälle für all die Berufe erledigen möchten, die Ihnen jetzt zur Verfügung stehen. Mit dem KI-Assistenten wird es so, als würden Sie mit einem anderen GS-Mitarbeiter sprechen.
Im weiteren Verlauf beginnt sich im zweiten Schritt dieses agentische Verhalten zu entwickeln, das heißt: ‹Ich erledige eine Aufgabe im Auftrag eines Goldman-Mitarbeiters und muss dazu bestimmte Schritte unternehmen›. Hier beginnt das Modell, Dinge wie ein Goldman-Mitarbeiter zu tun und nicht nur Dinge wie ein Goldman-Mitarbeiter zu sagen.»
Bei JPMorgan Chase wiederum sieht Derek Waldron, Chief Analytics Officer, «digitale Mitarbeiter» eher als hilfreiches Modell für Geschäftsleute, um KI-Tools zu konzipieren. Sie würden sich grundsätzlich von menschlichen Mitarbeitern unterscheiden, aber auch von traditionellen Softwaresystemen, weshalb sie möglicherweise eine eigene Art der Systemkonnektivität und des Zugriffsmanagements benötigten. Es sei eine offene Frage, wie viel oder wie wenig Zugriff einem Agenten gewährt werden solle, und dies müsse von Fall zu Fall entschieden werden, fügte er an.
Und obwohl noch nicht klar sei, wie genau das aussehen werde, sehe er eine Zukunft, in der jeder Mitarbeiter einen KI-Assistenten und jeder Kunde einen KI-Concierge habe. 230.000 Mitarbeiter hätten bereits über die unternehmenseigene Plattform Zugriff auf einen allgemeinen KI-Chatbot. Ziel sei es, autonomere und handlungsorientiertere Versionen davon zu entwickeln, die immer besser auf einzelne Berufsgruppen zugeschnitten seien.
Laut Scott Mullins, Managing Director von AWS für Finanzdienstleistungen, ist die Frage, wie digitale Mitarbeiter in die menschliche Belegschaft integriert werden könnten, ein zentrales Thema in der gesamten Finanzbranche. «Wie koordinieren wir diese Arbeit gemeinsam?», fragte er und fügte hinzu: «Wie verwalten wir diese Leute? Wie weisen wir sie tatsächlich ein? Wie sieht das neue Betriebsmodell aus? An diesen Antworten arbeiten wir alle gerade.»