In ihrem Jahresbericht 2024 zur weltweiten Menschenrechtslage spricht die US-Regierung von «erheblichen Menschenrechtsproblemen einschließlich Einschränkungen der Meinungsfreiheit» in Deutschland. Die Menschenrechtslage im Land habe sich im Laufe des Jahres verschlechtert, heißt es zusammenfassend.
Berlin verwahrt sich gegen die Vorwürfe und weist die Kritik zurück. Deutschland sei eine gefestigte Demokratie ohne Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit, und es finde keine Zensur statt. So lauten die Dementis seitens der Bundesregierung, die der Mainstream artig verbreitet.
«Jeder kann in Deutschland sagen, was er denkt. Das ist ein freies Land», sagte der Chef der CDU/CSU-Fraktion und ehemalige Pandemie-Gesundheitsminister Jens Spahn in einem Interview. Grenzen gebe es jedoch, wenn es strafrechtlich relevant werde.
Dieser Darstellung der deutschen Bundesregierung widerspricht allerdings nicht nur der US-Bericht, sondern auch die eigene Bevölkerung – und zwar mit steigender Tendenz. In deren Wahrnehmung sind die Grenzen der freien Meinungsäußerung eben nicht (nur) durch Recht und Gesetz markiert.
Laut einer aktuellen INSA-Umfrage glauben inzwischen 84 Prozent der Befragten, dass es in Deutschland Personen gibt, die ihre Meinung nicht äußern, weil sie Angst vor Konsequenzen haben. Nur neun Prozent glauben das nicht, heißt es dort. Seit der letzten gleichartigen Befragung vor acht Monaten sei die Zahl der besorgten Menschen um sechs Prozentpunkte gestiegen.
Diese Werte seien unabhängig von soziodemografischen Merkmalen sehr hoch, schreibt INSA, und es gebe auch im Vergleich der Parteianhänger überall deutliche Mehrheiten: von 77 Prozent bei Wählern von Bündnis90/Die Grünen bis zu 92 Prozent bei Wählern der AfD.
Viele Menschen nehmen also wahr, dass der Meinungskorridor für einen erheblichen Teil der Bürger in Deutschland eingeschränkt ist. Und immerhin eine Mehrheit von 54 Prozent gibt an, selbst schon einmal ein Erlebnis gehabt zu haben, bei dem sie das Gefühl hatten, ihre Meinung nicht frei äußern zu können. Das entspricht sogar einem Anstieg um elf Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Umfrage.
INSA mahnt abschließend zu einer «guten Streitkultur und der Akzeptanz einer breiten Meinungsvielfalt» und konstatiert:
«Das Thema Meinungsfreiheit hat das Potential, ebenso prägend zu werden, wie die Migration ab dem Jahr 2015 und Corona ab dem Jahr 2020. Politik sowie Medien und die Gesellschaft insgesamt sollten das ernst nehmen.»