Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben:
die Sterne der Nacht,
die Blumen des Tages
und die Augen der Kinder.
Dante Alighieri
Liebe Leserinnen und Leser
Während in vielen Ländern «die Feiertage» inzwischen vorbei sind, steht uns in Spanien das wichtigste Ereignis dieser Zeit noch bevor. Hier ist nämlich der Dreikönigstag, im Volksmund schlicht «Reyes» genannt, für die meisten Menschen das Hauptfest, also der morgige sechste Januar.
Ein Fest ist es vor allem für die Kinder, denn in Spanien gibt es die Geschenke üblicherweise nicht an Heiligabend, und es sind auch weder der Weihnachtsmann noch das Christkind, welche die guten Gaben bringen. Hier passiert das eben am Dreikönigstag, und man wartet sehnsüchtig auf die «Reyes Magos», die Magischen Könige.
Die Erklärung hierfür ist einfach und recht plausibel: Caspar, Melchior und Balthasar bringen den Kindern Geschenke, genau wie sie Jesus bei seiner Geburt Gold, Weihrauch und Myrrhe als Geschenke brachten.
Interessanterweise sind die drei «Weisen aus dem Morgenland» in Spanien nicht heilig, dafür aber eben magisch. In der Bibel werden sie indes weder als «Heilige» noch als «Könige» bezeichnet. Die spanische Tradition ist jedoch näher am griechischen Ausgangstext des Matthäus-Evangeliums. Das dort erwähnte «Magoi» (wörtlich «Magier») wurde in den deutschen Übersetzungen zu «Sterndeuter», mit der Interpretation als besonderer Priester, Mann der Wissenschaft, Astronom oder Astrologe. Immerhin wurden sie ja von einem Stern nach Bethlehem geleitet.
Auch die Namen unserer Könige stammen nicht aus der biblischen Weihnachtsgeschichte, nicht einmal ihre Anzahl. Die Legende entwickelt sich im Laufe der Jahrhunderte, vor allem im Mittelalter. Die Namen Caspar, Melchior und Balthasar tauchen zum ersten Mal in einem Mosaik aus dem 6. Jahrhundert in der italienischen Stadt Ravenna auf. In Spanien finden sie sich zuerst in einem Theatertext aus dem 12. Jahrhundert.
Doch wer die Magischen Könige wirklich waren, spielt letztlich keine Rolle, denn der Reiz dieser Traditionen beruht nicht auf der Wahrhaftigkeit historischer Fakten. Er beruht vielmehr auf dem Glück und der Aufregung, die die Kinder empfinden, wenn auf magische Weise in der Nacht Geschenke auftauchen.
Und diese Aufregung steigert sich bereits von heute Nachmittag an. Dann nämlich starten die «Cabalgatas», die Umzüge, bei denen Ihre Majestäten in prächtigen Karossen oder auf Kamelen Süssigkeiten verteilend durch die Strassen ziehen. Das gibt den Kindern einen Vorgeschmack auf das Geschehen in der Nacht der Nächte. Auch die allerletzten Wunschzettel werden bei der Gelegenheit noch eingesammelt.
Vor dem Schlafengehen sollten ein Glas Milch (oder Likör) und etwas Nougat für die müden Weisen bereitgestellt werden, damit sie wieder zu Kräften kommen. Auch Wasser und Brot für die Kamele dürfen nicht vergessen werden.
Ganz früh am nächsten Morgen hält die Kinder dann nichts mehr im Bett, sie gehen nachschauen: «Mama, Papa, die Könige waren da!» Wenn alles ausgepackt ist – und das kann eine Weile dauern – wird der «Roscón» angeschnitten. Das ist eine Art Hefezopf, je nach Geschmack auch gefüllt mit Sahne oder Schokolade. Zu dem Kuchen gehört eine Krone, die denjenigen krönt, der die darin versteckte Königsfigur in seinem Stück findet. Wer dagegen die Bohne entdeckt, muss den Preis für die Süssigkeit bezahlen.
Warum halten wir solche Traditionen am Leben? Ein Mädchen aus meiner spanischen Familie fragte einmal seine Tante, wie denn eigentlich die Kamele in den Aufzug kämen (sie wohnen im vierten Stock). An die Antwort kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber klar ist: Wenn wir diese Geschichten immer noch erzählen, dann deshalb, weil wir tief im Inneren wissen, dass dieses unvergessliche Gefühl das beste Geschenk ist, das wir unseren Kindern machen können.
Herzliche Grüsse
Andreas Rottmann
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