Il n’y a point de plus cruelle tyrannie que celle que l’on exerce à l’ombre des lois et avec les couleurs de la justice.
Montesquieu
Liebe Leserinnen und Leser
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Er hatte gerade die Hauptrede an einer Friedenskundgebung gehalten, als zwei Rechtsextremisten in einem dreirädrigen Fahrzeug ihm vor den Augen zahlreicher Menschen und angeblich einiger Polizeibeamter überfuhren und zu Boden warfen. Keiner der zahlreichen Polizeibeamten vor Ort unternahm etwas, um das Dreirad vor dem Aufprall zu stoppen, den Fahrer festzunehmen oder gar dem blutüberströmten Lambrakis zu helfen. Wie sich herausstellte, war das Opfer auch mit einem Metallgegenstand hart am Kopf getroffen worden. Er erlitt Hirnverletzungen und starb fünf Tage später im Krankenhaus.
Die Tat ereignete sich am 22. Mai 1963 in Thessaloniki, das Opfer war Grigoris Lambrakis (griechisch Γρηγόρης Λαμπράκης), ein linker griechischer Parlamentarier, der in der Friedensbewegung tätig war.
Fehler im Sicherheitskonzept der Polizei nährten bereits unmittelbar nach dem Vorfall den Verdacht, dass staatliche oder paramilitärische Stellen in den Mord verwickelt sein könnten. Tatsächlich tauchten später viele Ungereimtheiten auf.
Die strafrechtlichen Ermittlungen leitete Untersuchungsrichter Christos Sartzetakis. Er setzte auf eine kompromisslose Untersuchung des Vorfalls und seiner Zusammenhänge und konnte nachweisen, wie bestimmte Kreise in Polizei und Armee Ermittlungen verhindert hatten und in Vertuschungen verwickelt waren.
Anklage wurde trotzdem nur wegen «Körperverletzung mit Todesfolge» und nicht wegen Mord erhoben. Man beschuldigte die Richter, politisch geurteilt zu haben, es folgte eine öffentliche Empörung in weiten Teilen der Bevölkerung. Urteil und Vorgeschichte waren Vorlage des Romans «Z» von Vassilis Vassilikos, der später durch Costa-Gavras verfilmt wurde.
Was in Österreich anfangs 2024 passiert ist, kann in Griechenland praktisch nicht passieren. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde anfangs dieses Jahres wegen Falschaussage zu acht Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Es geschieht selten, dass in der «Wiege der Demokratie» Vorfälle, in die Politiker verwickelt sind, wie 1963 aufgeklärt werden. Ein Gesetz von 1844 bestimmt, dass bei Verdacht auf Gesetzesverletzungen von Politikern das Parlament zuständig ist. Damit gilt für Politiker keine Gewaltenteilung. Sie kontrollieren sich selber und müssen nicht fürchten, belangt zu werden – auch nach Ausscheiden aus dem Amt. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Die Justiz ist ausserdem sehr zentralisiert. Heikle Fälle werden aus Angst vor Konsequenzen erst gar nicht angepackt.
Das führt nicht nur dazu, dass die Regierung mit ihrer absoluten Mehrheit praktisch unkontrolliert agiert. Auch die Wirtschaftskriminalität blüht. Kommt in diesem Bereich etwas ans Licht, dann meist, weil von ausländischer Seite ermittelt wird. Ein Beispiel ist die Affäre um die Europaabgenordnete Eva Kaili, ein neueres das katastrophale Zugsunglück im Tempi-Tal. Morgen werde ich auf Transition News wieder darüber berichten.
Die Aufklärung des Mordes an Lambrakis war also die Ausnahme von der Regel. Richter Christos Sartzetakis handelte sich dadurch während der Diktatur eine langjährige Gefängnisstrafe ein, wurde später aber Staatspräsident. Vor zwei Jahren ist dieser aufrechte und ehrliche Jurist und Politiker hoch betagt verstorben.
Nebst der umfassenden Garantie von Grundrechten ist Gewaltentrennung das, was die Demokratie sichert. Ist es ein Zufall, dass in der heutigen Zeit in vielen westlichen Länder beides nicht mehr selbstverständlich ist?
Freilich ist es so, dass wenn man die Weltgeschichte als Ganzes betrachtet, demokratische Zustände wohl eher die Ausnahme als die Regel sind. Trotzdem werden lange Friedensphasen in der Weltgeschichte meist von demokratischen und/oder rechtsstaatlichen Institutionen und Staaten begleitet. Umgekehrt: Wenn Krieg droht, haben es auch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schwer. Und wenn Demokratie und der Rechtsstaat in Gefahr ist, dann droht oft Krieg.
Wir würden also besser für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die umfassende Gewährleistung von Grundrechten auch in Notsituationen kämpfen als gegen tatsächliche ode vermeintliche Fake News. Wer weiss denn schon, was richtig und was falsch ist? Dies zeigt sich dadurch, dass jener obsiegt, der die besseren Argumente hat. Dieser Prozess kommt nicht in Gang, wenn man die Argumente einer Seite unterdrückt.
Die Grenzen des Sagbaren sollten weit gezogen werden. Das Strafrecht sollte definieren, was gesagt werden darf und was nicht. Paragraphen wie die Antirassismusstrafnorm in der Schweiz und das Gesetz gegen Volksverhetzung in Deutschland sollten extrem zurückhaltend angewendet werden. Im Prozess gegen den Aktivisten Eduard Pröls wurde jüngst klar, dass aus politischen Gründen auf eine Verfahrenseinstellung verzichtet und ein hartes Urteil gefällt wurde. Solche Dinge haben in einem Rechtsstaat nichts zu suchen.
In Bezug auf die WHO-Reform scheinen es ausgerechnet afrikanische Staaten zu sein, die realisiert haben, dass diese Gewaltentrennung und Grundrechte aushebeln könnte. Hätten die europäischen Regierungen nicht einen komplett verpeilten Kompass in Bezug auf Grundrechte und Gewaltentrennung, dann würden sie längst klarmachen, dass dieses Projekt bei uns keine Chance hat.
Denn «es gibt keine grausamere Tyrannei als die, die man im Schatten der Gesetze und mit den Farben der Gerechtigkeit ausübt,» wie Montesquieu, auf dessen Ideen die Gewaltentrennung zurückgeht, schon im 18. Jahrhundert erkannt hat (Übersetzung des Eingangszitats aus dem Französischen von mir).
Wir tun bei Transition News alles, damit es nicht so weit kommt.
Herzlich
Daniel Funk
P.S. Symposium in Bern: «Corona - Fakes und Fakten»: Ein zweitätiger Anlass in Bern bringt Experten aus Politik, Medizin, Wissenschaft, Recht, Gesellschaft, Medien und Kirche zusammen, um Rückblicke, aktuelle Einschätzungen und Diskussionen über die gesellschafts- und gesundheitspolitischen Aspekte der Coronakrise zu ermöglichen.
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