La paix n’est point un état que l’on atteigne à travers la guerre.
Antoine de Saint-Exupéry
Liebe Leserinnen und Leser
Nach dem Gymnasium reiste ich in den 1980er Jahren in die USA. Ich kaufte ein Auto und bereiste das Land über mehrere Monate. Von Ost nach West, von Nord nach Süd, meist mit dem Zelt, fast jeden Tag am Steuer und an einem anderen Ort. Ich redete mit vielen Leute, unterhielt mich mit ihnen über ihre Sorgen und Nöte – und beobachtete.
Was mir sofort auffiel ist, wie schlecht die Infrastruktur schon damals war. Personenzüge waren praktisch inexistent, die Strassen waren in einigen Bundesstaaten voller Schlaglöcher und der öffentliche Verkehr war auch in Städten – wenn man von Ausnahmen absieht – miserabel ausgebaut bis inexistent.
Ich verglich aber nicht nur die Infrastruktur, sondern allgemein die staatlichen Dienstleistungen. Während die Staatsquote in der Schweiz und den USA mit etwa 35 Prozent ungefähr vergleichbar ist, sind es die staatlichen Leistungen überhaupt nicht.
Die Krankenversicherung war und ist in den USA lückenhaft, die Arbeitslosen- Alters- und Invalidenversicherung ebenso und eine gute Bildung ist vor allem etwas für die Vermögenden. Bereits für das «College», bei uns das Gymnasium, braucht es tiefe Taschen oder ein Stipendium – ganz zu schweigen vom Studium, wo die Tatsache, dass Studiengebühren eine hohe Hürde darstellen der institutionellen Beziehungskorruption Tür und Tor öffnet. Wer Eltern mit einem prallen Geldbeutel hat, kommt einfacher an die Uni, wer auf Stipendien angewiesen ist, muss sich auf die entsprechenden Regeln einlassen, die oft nicht im Interessen der Wägsten und Besten sind, sondern gewisse Bevölkerungsgruppen bevorzugen.
Das führt zu einem fragmentierten Land, nicht nur mit einem extremen Einkommensgefälle, sondern auch einem Bildungsgefälle, das man in Europa so kaum findet. Es gibt Inseln der Hochgebildeten, Inseln der Hochtechnologie und der Hochtechnologieforschung, aber auch viel Mittelmass, kaputte Infrastruktur und Armut.
Einige Bilder dieser Reise haben sich mir unauslöschlich eingeprägt, Bilder des New Yorker Stadtteils Harlem, die gebrochenen Fenster und die Ruinen – und eine kurze Reise mit der U-Bahn entfernt die glitzernde Welt des Times Square. Ich habe in der letzten Zeit öfters daran gedacht.
Woher kommen diese krassen Unterschiede? Anders gefragt: wie kann es sein, dass es einem führenden Land, DER Weltmacht, nicht gelingt, den Bürgern einigermassen gute Dienstleistungen zu bieten, wo doch die Staatsquote vergleichbar ist mit der Schweiz? Eine mögliche Antwort liegt in den Verteidigungsausgaben.
Die USA geben für das Militär pro Kopf 2351 Dollar aus – etwa 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung- nicht eingerechnet die enorm grossen Teile der Wirtschaft, die direkt oder indirekt vom Militär abhäng sind. Deutschlands Pro-Kopf-Ausgaben steigen steil an. Das von der NATO angepeilte Ziel von 2 Prozent des BIP dürfte das Land 2024 erreichen. Damit liegen die Verteidigungsausgaben dort pro Kopf in etwa bei 630 USD – immer noch viel weniger als die USA. Die bewaffnete Neutralität kostete im Jahr 2022 jede Schweizerin und jeden Schweizer 700 Dollar (rund 620 Franken). Gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) von ungefähr 800 Milliarden Franken sind das 0,7 Prozent – Tendenz ebenfalls steigend, aber wir sind noch weit weg von der Grössenordnung der USA. Griechenland ist aus verständlichen Gründen die Ausnahme von der Regel. Hellas gibt im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung einen ähnlichen Betrag für Verteidigung aus wie die USA.
Was sagen uns diese Zahlen? Die Bürgerinnen und Bürger der USA bezahlen die Pax Americana sehr teuer. Sie verzichten auf einen Sozialstaat, damit sich ihre Regierung überall auf der Welt in Konflikte einmischen und diese zum Teil sogar selber schüren kann. Die US-Amerikaner verlangen nun von ihren Verbündeten in der NATO, dass sie ihre Verteidigungsausgaben erhöhen. Donald Trump droht sogar recht offen mit Konsequenzen für den Fall, dass dies nicht geschieht.
Nach dem Fall der Berliner Mauer haben sich West- und Osteuropa die Hand zur Versöhnung gereicht. Die Länder auf dem alten Kontinent begannen, die sogenannte «Friedensdividende» einzukassieren und abzurüsten. Will heissen: die weggefallene Bedrohung aus dem Osten führte zu stark sinkenden Verteidigungsausgaben, was es erlaubte, den Sozialstaat zu erhalten und je nach Land noch auszubauen.
Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, änderte sich das Bild. Die völkerrechtswidrige Bombardierung Serbiens ist vielleicht ein Anfang – ein Beginn des Aufschaukelns; die NATO begann zudem, sich gegen Osten auszudehnen.
Erst der Ausbruch des grossflächigen Krieges in der Ukraine führte der Öffentlichkeit den erneuten Ost-West-Konflikt schlagartig vor Augen. Die Forderungen nach Erhöhung der Verteidigungsausgaben wurden lauter und werden nun selbst in Kreisen aktiv unterstützt, von denen man das früher nicht für möglich gehalten hätte – zum Beispiel von den deutschen Grünen.
Gleichzeitig nehmen die Verteilungskonflikte zu – die Bauernproteste lassen grüssen. Nur wenn ein Land ein hohes Wachstum erwirtschaftet, lassen sich die Verteidigungsausgaben «einfach so» erhöhen. Sonst werden die Kuchenstücke kleiner und es muss irgendwo gekürzt werden.
Damit die Kuchenstücke in Europa nicht kleiner werden: Wie wär’s mit Verhandlungen, kollektiver Sicherheit und Abrüstung? Spätestens nach den Wahlen in den USA würde sich die Gelegenheit dazu bieten.
Slava Ukraini zu rufen erfordert Gratismut, nicht echten Mut. Bei Waffenlieferung ist es ähnlich. Mut hat hingegen derjenige, der fordert, dass die Spirale der Gewalt und des Misstrauens gestoppt wird.
Wir bei Transition News setzen uns jeden Tag dafür ein, dass diese erneute Spaltung nicht nur der Gesellschaft, sondern der Welt, überwunden wird und dass mutige Politiker einen Verhandlungsfrieden erreichen, denn: Frieden ist kein Zustand, der durch Krieg erreicht werden kann, wie Antoine de Saint-Exupéry im Eingangszitat schreibt.
Herzlich
Daniel Funk
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