In Strategic Culture Foundation ermittelt der geopolitische Analyst Pepe Escobar die Verbindung zwischen den Attentätern des Terroranschlags in Moskau am 22. März und der ehemaligen US-Vizeaussenministerin Victoria Nuland. Offiziell schied sie diesen Monat aus dem auswärtigen Dienst aus. Escobar listet die folgende Kette von Ereignisse auf, die zu dem Anschlag auf die «Crocus City Hall» geführt haben könnten:
4. Dezember 2023: Der ehemalige Vorsitzende der Generalstabschefs, General Mark Milley, erklärt nur drei Monate nach seiner Pensionierung dem CIA-Sprachrohr The Washington Post: «Es sollte keinen Russen geben, der schlafen geht, ohne sich zu fragen, ob ihm mitten in der Nacht die Kehle aufgeschlitzt wird (...) Man muss dorthin zurückgehen und eine Kampagne hinter den Linien starten.»
4. Januar 2024: In einem Interview mit ABC News legt der ukrainische Generalleutnant und Direktor des Militärnachrichtendienstes der Ukraine, Kyrylo Budanow, den Fahrplan fest: Angriffe «tiefer und tiefer» in Russland.
31. Januar: Victoria Nuland reist nach Kiew und trifft Budanow. Dann verspricht sie Putin in einer fragwürdigen Pressekonferenz mitten in der Nacht auf einer leeren Strasse «böse Überraschungen»: ein Code für einen asymmetrischen Krieg.
22. Februar: Nuland taucht bei einer Veranstaltung des Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS) auf und verdoppelt die «bösen Überraschungen» und den asymmetrischen Krieg. Dies kann als das endgültige Signal für Budanow gedeutet werden, schmutzige Operationen einzusetzen.
25. Februar: Die New York Times veröffentlicht eine Geschichte über CIA-Zellen in der Ukraine: nichts, was der russische Geheimdienst nicht schon wüsste.
«Dann herrscht Flaute bis zum 5. März – zu diesem Zeitpunkt könnte ein entscheidendes Schattenspiel in Gang gekommen sein. Privilegiertes Szenario: Nuland war neben der CIA und dem ukrainischen [Militärnachrichtendienst] GUR (Budanow) einer der Hauptverschwörer für schmutzige Operationen. Rivalisierende Fraktionen des Tiefen Staates bekamen das mit und manövrierten, um sie auf die eine oder andere Weise zu ‹beseitigen› – denn russische Geheimdienstinformationen hätten unweigerlich eine Verbindung zwischen den Punkten hergestellt. Doch Nuland ist noch nicht ‹im Ruhestand›; sie wird immer noch als Unterstaatssekretärin für politische Angelegenheiten präsentiert und war vor kurzem in Rom bei einem G7-Treffen zugegen, obwohl ihr neuer Job theoretisch an der Columbia University zu sein scheint (ein Manöver von Hillary Clinton). In der Zwischenzeit sind die Mittel für eine grosse «böse Überraschung» bereits vor Ort, im Dunkeln und völlig ausserhalb des Radars. Die Operation kann nicht abgeblasen werden.»
5. März: US-Aussenminister Antony Blinken verkündet offiziell Nulands «Rücktritt».
7. März: Mindestens ein Tadschike aus dem vierköpfigen Terrorkommando besucht den Crocus-Treffpunkt und lässt sich fotografieren.
7. und 8. März nachts: Die Botschaften der USA und Grossbritanniens kündigen gleichzeitig einen möglichen Terroranschlag in Moskau an und weisen ihre Staatsangehörigen an, «Konzerte» und Versammlungen in den nächsten zwei Tagen zu meiden.
9. März: Der äusserst beliebte russische patriotische Sänger Shaman tritt im Crocus auf. Dies mag der sorgfältig gewählte Anlass für die «böse Überraschung» gewesen sein, denn er fällt nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen vom 15. bis 17. März. Aber die Sicherheitsvorkehrungen im Crocus waren massiv, so dass die Operation verschoben wurde.
22. März: Der Terroranschlag auf die «Crocus City Hall».
Escobar zufolge wird die Verbindung zu Budanow durch den Modus Operandi verraten. Dieser sei ähnlich wie bei früheren Terroranschlägen des ukrainischen Geheimdienstes gegen Daria Dugina und Vladimir Tatarsky: Tagelange, ja wochenlange Aufklärung, der Anschlag und dann die Flucht zur Grenze. Und damit sei man bei der tadschikischen Verbindung angelangt.
Der Analyst stellt das Narrativ «des zerlumpten Haufens» Islamisten, die zu Massenmördern wurden, in Frage. Die Videos würden zeigen, dass sie sich wie Profis verhielten. All das erfordere Training. Das gelte auch für den Umgang mit unangenehmen Verhören. Dennoch scheine der russische Inlandsgeheimdienst FSB die Terroristen gebrochen zu haben.
Dabei ist laut Escobar ein potenzieller Drahtzieher aufgetaucht: Abdullo Burijew. Der türkische Geheimdienst habe ihn zuvor als Kontaktmann für ISIS-K (Daesh–Khorasan) in Afghanistan identifiziert. Eines der Mitglieder des Crocus-Kommandos habe dem FSB gesagt, ihr «Bekannter» Abdullo habe ihnen geholfen, das Auto für die Operation zu kaufen.
«Der angebliche Emir von ISIS-K ist seit 2020 ein afghanischer Tadschike, Sanaullah Ghafari. Er wurde nicht, wie von den Amerikanern behauptet, im Juni 2023 in Afghanistan getötet, sondern hält sich derzeit möglicherweise in Belutschistan in Pakistan auf. Die eigentliche Person, die hier von Interesse ist, ist jedoch nicht der Tadschike Ghafari, sondern der Tschetschene Abdul Hakim al-Shishani, der frühere Anführer der Dschihadistengruppe Ajnad al-Kavkaz (‹Soldaten des Kaukasus›), der in Idlib gegen die Regierung in Damaskus kämpfte und dann wegen eines harten Vorgehens von Hayat Tahrir al-Sham (HTS) in die Ukraine floh – in einem weiteren dieser klassischen Dschihadisten-Streitigkeiten. Schischani wurde während des jüngsten, vom ukrainischen Geheimdienst ausgeheckten Angriffs in Russland an der Grenze bei Belgorod gesichtet.»
Shishani hält sich gemäss Escobar seit über zwei Jahren in der Ukraine auf. Er habe sogar die Staatsbürgerschaft erworben. Er sei «die beste Verbindung» zwischen den Banden im syrische Idlib und dem GUR. Seine Tschetschenen hätten eng mit der Jabhat al-Nusra zusammengearbeitet, die von ISIS kaum zu unterscheiden sei.
Schischani, «ein entschiedener Gegner» des syrische Präsidenten Bashar al-Assad, des russischen Präsidenten Vladimir Putin und des Präsidenten der russischen Teilrepublik Tschetschenien Ramsan Kadyrow, sei der «klassische gemässigte Rebell», der jahrelang von der CIA und dem Pentagon als «Freiheitskämpfer» angepriesen worden sei.
Gemäss Escobar scheinen einige der vier festgenommenen Tadschiken durch ideologische und religiöse Indoktrination im Internet, die von ISIS-K in einem Chatroom vermittelt wurde, beeinflusst und für einen Angriff rekrutiert worden zu sein. Er vermutet, dass ein gewisser Salmon Khurosoni als Vermittler zwischen ISIS-K und der CIA fungiert haben könnte.
Abschliessend weist der Analyst auf die seit den 1990er Jahren bestehenden Verbindungen der ukrainischen Geheimdienste zu verschiedenen Terrorgruppen hin. Milley und Nuland hätten davon Kenntnis gehabt. Besonders nach dem Maidan-Aufstand im Jahre 2014 hätten diese Geheimdienste ihre Verbindungen zu Gruppen wie ISIS und ISIS-K verstärkt. Escobar schliesst:
«Der Fall der ‹schwarzen› Hubschrauber der CIA, die Dschihadisten aus Syrien abzuziehen und in Afghanistan absetzen, ist – was den direkten Kontakt betrifft – eher die Ausnahme als die Regel. Daher werden der FSB und der Kreml sehr vorsichtig sein, wenn es darum geht, die CIA und den MI6 direkt zu beschuldigen, diese Netzwerke zu verwalten. Selbst wenn man es plausibel leugnen kann, scheinen die Crocus-Ermittlungen genau dorthin zu führen, wo Moskau sie haben will: zur Aufdeckung des entscheidenden Mittelsmannes. Und alles scheint auf Budanow und seine Handlanger hinzudeuten. Ramsan Kadyrow liess einen zusätzlichen Hinweis fallen. Er sagte, die Crocus-‹Kuratoren› hätten absichtlich Elemente einer ethnischen Minderheit – Tadschiken – instrumentalisiert, die kaum Russisch sprechen, um neue Wunden in einem multinationalen Land aufzureissen, in dem Dutzende von Ethnien seit Jahrhunderten Seite an Seite leben. Am Ende hat es nicht funktioniert. Die russische Bevölkerung hat dem Kreml einen Blankoscheck ausgestellt, um brutale Höchststrafen zu verhängen - was immer und wo immer es nötig ist.»
Nulands Grosseltern lebten übrigens in der heutigen Ukraine (wir berichteten). Sie spricht praktisch genau so gut Russisch wie Englisch. Bekannt ist ihre zwielichtige Rolle als Strippenzieherin beim Maidan-Putsch im Jahre 2014. Unvergesslich ist in diesem Zusammenhang ihr «Fuck the EU».
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