Die herkömmliche Zecken-Impfung könnte einen Schutz gegen Covid-19 bieten. Dieser Hypothese geht Prof. Pietro Vernazza vom Kantonsspital St. Gallen in einem aktuellen Beitrag auf infekt.ch nach.
Allerdings schränkt der Mediziner die Erwartungen von Beginn an ein:
«Lassen Sie mich mit einer klaren «Disclosure» beginnen: Ich diskutiere hier eine Hypothese. Ich stelle keine Behauptung auf. Aber die Hypothese ist durchaus ernst gemeint und ich bin interessiert an seriösen feedbacks auf [email protected]».
Vernazza zufolge haben japanische Mediziner bereits vor Monaten erste Hinweise auf die mögliche Schutzwirkung der Vakzine entdeckt:
«Die Autoren fanden es auffallend, dass wir bei der Analyse von Krankheitsfällen in benachbarten Ländern grosse Unterschiede beim Verhältnis von Hospitalisations-/ Todeszahlen mit den gemeldeten Fallzahlen beobachteten. Wie kann man solche lokalen Unterschiede erklären? Die Autoren weisen darauf hin, dass es in verschiedenen Ländern unterschiedliche Impfempfehlungen gegen Virusinfektionen gibt, die Hirnhautentzündungen (Encephalitis) auslösen. In Asien ist das die ’Japanische Encephalitis’ in Europa kennen wir eine ähnliche Viruserkrankung, die ’Zecken-Encephalitis’, oder FSME. Basierend auf einer gewissen minimalen biologischen Plausibilität fragen die Autoren: Könnte es sein, dass die Impfung gegen Zecken-Encephalitis in den betroffenen Ländern eine gewissen Schutzwirkung hinterlässt.»
Die Mortalitätsdaten zeigen laut Vernazza für europäische Länder grosse Unterschiede. Auffallend sei die hohe Mortalität in Südeuropa und dem Vereinigten Königreich, verglichen mit der geringen Mortalität in asiatischen Ländern.
Vernazza weiter: «Aber auch Deutschland gehört zu den Ländern mit tieferer Sterblichkeit. Die Autoren der japanischen Studie postulieren, dass die FSME-Impfung auch eine gewisse Kreuz-Immunität gegenüber Covid bewirken könnte. Tatsächlich hat Österreich, das Land mit der mit Abstand höchsten FSME Impfrate auch die tiefste Covid-Mortalität in Europa».
Meinung der Redaktion: Prof. Vernazza zählt zu den profiliertesten Medizinern im Bereich Covid-19, sein Wort hat Gewicht. Die von ihm skizzierte Hypothese ist schon deswegen interessant, weil es korrelierende Daten gibt, die diese Hypothese stützen. Allerdings unterstreicht Prof. Vernazza, daß es sich um eine wissenschaftliche Diskussionsgrundlage handelt. Er umgeht demnach den Fehler, den viele Politiker derzeit machen — die Vermengung von Korrelation und Kausalität. Vereinfacht ausgedrückt stellt Prof. Vernazza die beobachteten Daten zur Diskussion, ohne eine direkte Kausalität zwischen Zecken-Impfung und geringerer Todesrate herzustellen. Das belegt seine Fachkompetenz und eröffnet den Weg für den kritischen wissenschaftlichen Diskurs.