Man merkt die Absicht und man ist verstimmt
Johann Wolfgang von Goethe
Liebe Leserinnen und Leser
Die Schweiz hat am Wochenende zum dritten Mal den European Song Contest (ESC) gewonnen. Die Austragung des nächsten Wettbewerbs wird deshalb im nächsten Jahr in der Schweiz stattfinden. Allerdings will der kantonalbernische Regierungspräsident Philipp Müller den Sängerwettstreit nicht in Bern haben.
Unser Land hat diesen Wettbewerb nach 1956 (Lys Assia in Lugano) und 1988 (Céline Dion in Dublin) zum dritten Mal für sich entschieden.
Als der Wettbewerb noch «Grand Prix Eurovision de la Chanson» hieß, traten Künstlerinnen und Künstler auf, die nicht darauf angewiesen waren, durch einen schrägen oder schrillen Auftritt das Publikum je nach Geschmack für sich einzunehmen, zu schrecken oder vor den Kopf zu stoßen. Künstlerinnen wie Assia und Dion.
Aber was ist eigentlich Kunst?
«Im Kunstwerk erhalten die Schönheit, die Hässlichkeit, die Freude, der Schmerz, die Erotik und der Tod eine neue Dimension und eine neue Form. Während sie in unserem Leben willkürlich, unlogisch und unverständlich existieren, gewinnen sie in der durch die Kunst veränderten Form immer ihre Berechtigung und vermitteln uns das, was die Philosophen der Kunst als ‘ästhetische Freuden’ bezeichnen – wohl ein Synonym der aristotelischen Katharsis».
Dieses Kunstverständnis des großen Archäologen Manolis Andronikos ist sehr umfassend. Gemäß dieser Definition ist die Kunst das eigentliche sinnstiftende Element in unserem Leben (Zitat aus dem Griechischen übersetzt von mir).
Wenn man diese Definition akzeptiert, ist beim ESC seit einigen Jahren ein «race to the bottom» im Gange, ein Wettbewerb darum, wer die Latte noch tiefer legen kann. Die jetzige Austragung in Malmö ist in diesem Zusammenhang keine Ausnahme.
Lys Assia war vor etwa 10 Jahren derart verzweifelt über diesen Qualitätsverlust, dass sie sich fast 90-jährig darum bemühte, die Schweiz abermals zu vertreten, was ihr aber bezeichnenderweise versagt bliebt. In dieser Zeit kam die Schweiz jeweils abgeschlagen am Ende der Wertung. Der Grund lag nicht nur in den schlechten Schweizer Songs, sondern auch bei Ländern, die sich gegenseitig Punkte zuschoben. Indem man eine Jury einführte, konnte man dieser Praxis bis zu einem gewissen Grund einen Riegel vorschieben. Switzerland: Zero points! wurde damals zum geflügelten Wort, wenn man etwas versemmelt hatte.
Ich habe meine Gesangsausbildung in jungen Jahren nicht nur, aber auch deshalb abgebrochen, weil damit kein Geld zu verdienen war und stelle nun fest, dass man mit einem geschickten Marketing zu Millionenumsätzen kommen kann, wenn man die Latte tief genug legt.
Aber das ist noch nicht alles: Der ESC wird von der European Broadcasting Union (EBU) veranstaltet und jeweils von der lokalen Radio- und Fernsehgesellschaft durchgeführt, also im nächsten Jahr von der Schweizerischen Rundfunkgesellschaft (SRG). Politische, weltanschauliche und religiöse Botschaften sind am ESC an sich streng verboten. Eine Musikgruppe der Heilsarmee wollte einmal die Schweiz vertreten – was die EBU nicht zuließ. Die Gruppe durfte keine Uniform tragen und musste sich umbenennen.
Und nun das: Drohungen gegen die israelische Teilnehmerin, aber keine Kritik der Demonstranten an der Hamas. Ein einseitiger Protest also, der auch durch die portugiesische Künstlerin Iolanda unterstützt wurde, die es schaffte, eine Anti-Israel-Botschaft in die Sendung zu schmuggeln.
Auch der Sieger Nemo bot eine gesellschaftspolitische Botschaft. Obwohl verboten, lief er mit der Flagge der Nonbinären auf die Bühne. Das wurde von einigen Fans in den Kommentarspalten, aber auch von diversen Politikern in den sozialen Medien kritisch kommentiert. Aber anders als bei der christlichen Heilsarmee, wurde es toleriert.
Nemo sagt ganz offen, dass er mit seinem Auftritt Akzeptanz für das dritte Geschlecht fördern möchte. Und so verstand er auch seinen Sieg. Als gesellschaftspolitische Botschaft. Nun will er einen Termin bei Justizminister Beat Jans und mit diesem über die Einführung des dritten Geschlechts diskutieren, obwohl der Bundesrat, die Landesregierung, kürzlich erklärt hatte, dass das in der Schweiz nicht in Frage komme. Bis heute kennt das Schweizer Zivilrecht zwei Geschlechter: Männlein und Weiblein. Nach dem Sieg von Nemo diskutieren jetzt die Medien erregt, ob es nicht Zeit wäre, das zu ändern. Unpolitischer ESC?
Allerdings gibt es beim Sieg von Nemo ein anderes großes Aber: Nemo hat dank der Jury gewonnen. Wäre es bei der Publikumswahl geblieben, wäre er auf Platz fünf gelandet. Das Publikum entscheidet emotional, die Jury nur aufgrund der musikalischen Qualität, begründen die Medien diese Reglementsänderung. Ich habe da so meine Zweifel.
Politisch war der ESC schon immer – auch wenn er das nicht sein will. 2016 gewann die Ukraine mit einem Lied über die Krim und bei der ersten Austragung 1956 in Lugano schickte Westdeutschland einen Holocaust-Überlebenden. Der ESC – als Friedensprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg verkauft – das war wohl von Anfang an falsch.
Und heute? Heute kommt man mit der dem woken Zeitgeist geschuldeten Non-Binarität weit. Aber nicht nur: Die irische Sängerin Bambie Thug, die ihr Land in Malmö vertrat, wurde schon bei der Vorausscheidung kritisiert, sie präsentiere «Satanismus und non-binären Woke-Nonsens», wurde etwa gesagt. Sie nennt sich selber Hexe und kam mit einer düsteren Mischung aus Okkultismus, Metal und Pop nach Schweden. Bambie Thug nennt ihre Musik «Ouija-Pop». Die Bezeichnung kommt von einem Brett, das für Geisterbeschwörungen verwendet wird. Und das Video ihrer Debüt-Single wurde wegen expliziter Sexszenen ungekürzt nur auf Porno-Plattformen veröffentlicht.
Bei ihrem Auftritt trug Bambie Thug eine schwarze Dornenkrone. Der Slogan von Bambie Thug für den Sängerwettbewerb lautete «Crown The Witch». Nach seinem Sieg umarmte und küsste sie Nemo und setzte diesem die schwarze Dornenkrone auf.
Diese Dinge haben eine Bedeutung. Wie Goethe im Eingangszitat sagt: «Man merkt die Absicht und man ist verstimmt». Und sie sind nicht harmlos. Diese Bedeutung zu erkennen bedarf aber einer minimalen humanistischen und religiösen Bildung.
Wäre der ESC politisch, weltanschaulich und religiös neutral, dann wären im Minimum Iolanda (politisch), Nemo (weltanschaulich) und Bambie Thug (religiös) disqualifiziert worden.
Herzlich
Daniel Funk
P.S. Zum Glück gibt es in den letzten Jahren mit dem NuoVision Songcontest eine Alternative.
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